Teil 2)
Damit entzieht sich die Religion (so wie jede Religion) der humanen Vernunftfähigkeit. Sie baut eine letztlich unüberbrückbare Kluft zwischen dem Wesen des Menschen und dem Wesen Gottes. Gnade und Erlösung, Heil wird zur rein willkürlichen Handlung Gottes, der sich der Mensch aber aus eigener Vernunft - und damit aus Sachgerechtheit des Handelns und Denkens - niemals nähern kann. Aus der Vernunftbegründetheit des Katholischen Glaubens (der die Philosophie immer als "ancilla", als Magd bezeichnete, WEIL sie jenes Instrument ist, aus dem der Mensch die Vernunft Gottes zumindest annähernd erkennen kann) fällt, und durch ein fideistisches, also nur im Willen zu glaubendes Gebäude ersetzt wird. Das letztlich nur durch Priester, vor allem aber durch eine die wörtlich zu nehmende (damit niemals im Ganzen zu lesende wie zu verstehende) Heilige Schrift (dort der Koran, hier die Bibel) verstanden und erkannt werden kann.
Wer
bisher den Willen Gottes kennenlernen wollte, der mußte sich primär um
die Sachverhalte kümmern. Daraufhin mußte er sich transzendieren, denn
in ihnen lag der Wille Gottes verborgen und darin war er erkennbar. Wer
fortan aber den Willen Gottes kennenlernen möchte, der kann sich nur
noch an Gebote und vor allem an Moralgebote halten, die aber keine logische
Fundierung in der Sache mehr haben. Die Folge ist natürlich ein immer
vielfältigeres Interpretieren, wie wir es ja im Islam genauso haben, wie
es im Protestantismus (mit seinen unzähligen Kirchen, ja letztlich: so
vielen Kirchen, wie es Protestanten gibt) bereits der Fall ist. Es ist
ein völlig anderer Glaube, als ihn die Kirche über zweitausend Jahre pflegte,
weil hatte.
Dagegen wird kaum zu argumentieren sein, und auch das zeigt sich ja längst und allerorten: Denn wer einmal den logos,
die Vernunfthaftigkeit außer Kraft setzt, ist durch Logik nicht mehr zu
überwinden. Sondern nur noch durch Konzepte der moralischen Gutheit.
Wenn also in Amoris Laetitia
die Ehe aus ihrem anthropologisch-metaphysischen Konzept der
Widerspruchsfreiheit herausgerissen wird, weil sie Ehebruch "unter
bestimmten Voraussetzungen" sogar für ein Gut heißt, dann bedeutet das
nicht einfach einen Einzelfall, sondern die offizielle Beseitigung eines
Prinzips, das das tragende Prinzip des Katholischen war. Das nunmehr
nicht weiter erläutert, verständlicher, zugänglicher wird, sondern
überhaupt nicht mehr anders verstehbar als sich eben diese neuen
Religionsdefinitionen verstehen: Als Willkürakt Gottes, und damit als
Willkürakt des Menschen.
Wer
das möchte, wer das tut, beweist aber vor allem eines: Daß er das Wesen
des Katholischen überhaupt nicht verstanden hat. Damit aber liegt die
Erkenntnis nahe, daß er auch nicht glaubt. Weil aber Glaube eine Gnade
ist, vom Menschen also nicht "gemacht" (oder vorgestellt), höchstens
gewünscht werden kann, weil aber Glaube ein Licht ist, das erst ein
Erkennen des logos möglich macht (weil nur im logos auch die Logik atmet), kann eine Diskussion mit Nicht-Glaubenden nur bis zu einer gewissen Grenze geführt werden.
Dort
kann sie nur - im guten Willen - eine Türschwelle bedeuten, deren Tür
sich nur dem Getauften und nur in der Gnade (also ohne schwere Sünde,
die ja ein Naturverstoß, die immer eine Irrationalität ist) öffnet. Denn dann kann logischer Disput nur vorbereiten, er kann aber nicht
endgültig "klären". Das zu glauben bliebe ja dem Rationalismus
vorbehalten. Denn der Glaube, die Gnade des Glaubens ist zuallererst ein
Licht, und es ist ein Licht des logos, der Vernunft also, die Widersprüchlichkeit ausschließt, die letztlich also immer auch logisch bleibt.
Aber
damit wird noch eine Wahrheit deutlich, und sie ist eine unangenehme
Wahrheit, zumindest für manche: Daß nämlich die Sünde es ist, die dieses
"Katholische", diesen logos nicht begreifen läßt. Und daß nur
die Sünde es ist, die sein Aufbrechen, das Zulassen des Widerspruchs -
die Erlösung trotz des objektiven Widerspruchs zur Heiligkeit -
verlangt. Und deshalb eine Täuschung inszenieren möchte.
Wenn
sich aber vielerorts auch in der Katholischen Kirche (eine Tautologie)
das zeigt, was man Ökumenismus nennt, wenn sich ein Verstehen des Islam
zeigt, ja der Wille, ihn quasi gleichzusetzen, so zeigt sich darin aber
auch, daß bereits von einem Verstehen ausgegangen wird, dem die
Gleichförmigkeit mit dem logos fehlt. Denn nur wenn man aus
denselben anti-logos-Haltungen des Islam (und aller übrigen Religionen)
heraus denkt, fühlt, "glaubt", kann einem dieser prinzipielle Unterschied
nicht mehr in seiner enormen Bedeutung aufscheinen. Weil er dem katholischen Glauben fundamental widerspricht.
Eine
angebliche Unbedeutendheit auf ein paar mengenmäßig geringe Zeilen zu
berufen wiederum wäre eine wirkliche Katastrophe, die die Kirche in eine
Verwirrung stürzen muß, die sich durch fallweise schon widersprüchliche
Moralurteile von Bischöfen nur leise andeutet. Auch im Koran (und wer
weiß noch wo) steht vieles, das "nicht falsch" ist, nimmt man es nur für
sich. Aber so kann man dem Katholischen Glauben niemals gerecht werden.
So wird man nicht einmal dem Islam gerecht.