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Sonntag, 15. Oktober 2017

Kultur als realisierte Beziehungsgestalt

Sodaß man eine Kultur als gegenwärtige Beziehungsgestalt definieren könnte. Sie ist die Gesamtheit der realisierten, fleischgewordenen, anwesenden Beziehungsfelder. Und fehlt oder schwindet, wo diese fehlen oder schwinden, also nur mangelhaft gegenwärtig sind oder fehlen. Darunter fällt der heute zu beobachtende "Abbau der Formen" in der Zwischenmenschlichkeit und im öffentlichen Leben.

Das macht auch klar, daß jede Kultur zuerst von ihren ersten Archetypen - ihrer Religion, ihren religiösen Vorstellungen und Ideen, Bildern - gestaltet und realisiert wird. Und immer (sic!) eine erste Aussage über den religiösen Zustand der Menschen ist, die in ihr leben. Das macht aber auch klar, daß die Kultur der erste Ort ist, in den hinein sich Religion ergießt, ja sie ist das Material, in dem religiöse Vorstellung (Inhalt) real wird. 

Im Christentum speziell heißt das sogar, daß Christsein mit "Kulturmensch sein" zusammenfällt, ja der Ort ist, an dem sich Christentum (in der Selbsttranszendierung auf die Vorsehung, das Wissen Gottes, die Ideenwelt Gottes hin, also im Kreuz) überhaupt erst real, also Christentum wird. Dies hat dem Christentum (als Katholizismus) immer diese kulturbildende Kraft gegeben, der auch das Abendland sich zu verdanken hat.

Dessen Kern ja ist, daß jenseits aller "moralösen" Vorstellungen das Wesen des Menschen, sein Auftrag vor Gott, in der Transzendierung auf den Sachverhalt hin besteht, der "in sich" eine Welt formt, und zwar in gewisser Weise sogar unabhängig vom Maß seiner Realisierung, die der Vorsehung Gottes entspricht.

Das Christentum ist nicht den neuzeitlichen "Utopien" vergleichbar! Es ist inhaltlich immer definiert, aber nicht absolut definiert, sondern historisch bezogen. Das heißt, daß es erst definiert wird, indem man sich transzendiert, im Kreuz selbst überschreitet, auf die Idee hin, an der zu leiden alleine Kreuz bedeutet. Weshalb Christsein zuallererst "Selbstsein" bedeutet, das es aber nur im Selbstverlust gibt. Und als Dynamik seine historische Form annimmt, ja ohne diese historische Form GIBT es es gar nicht. (Oder, so könnte man es auch sagen: "wird es nicht gegeben")

Dieser Akt selbst ist es, der eine christliche Kultur realisiert, nicht primär die Gegenwart bestimmter Formen, auch wenn diese das Ziel, der logos sind, aus dem in seiner Anwesung ans Sein (alles Seiende ist zuallererst Beziehung zum Sein - als Archetyp gewissermaßen von Vater-Sohn-Geist) die Gnade hereinbricht.

Das Abendland als Kultur hat deshalb seine Gestalt aus der Dreifaltigkeit, das kann man ohne Wenn und Aber sagen. Und es wird sie nur daraus halten können, oder gar wiedererlangen. Oder, auch so könnte man es sagen, seine Konkretion, seine Realisierung erzieht sich aus seinem Kult (der Liturgie, mit seinem Material, der Kunst).




*Insofern ist dieses ominöse Gerede von der "Trennung von Kirche und Staat" inhaltsleer, weil eine Aporie.





*021017*