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Sonntag, 1. Oktober 2017

Wenn Universitäten der Wahrheit absagen (1)

Daß man die Logik als Feind des Menschseins empfindet ist heute bereits weit verbreitet. Nun würde darin ja sogar noch ein Funke Wahrheit stecken, denn NUR in (mathematischer) Logik wäre die Welt bei weitem - dimensional, nicht einfach quantitativ - nicht erfaßbar. Vernunft ist eben mehr als Logik, WENNGLEICH auch immer logisch. Die Wahrheit selbst ist der Rahmen, und diese Wahrheit ist halt mehr als "richtig". Sie baut sich also nicht summarisch-quantitativ "von unten nach oben" über "Richtiges" auf, ist mehr, ist dennoch immer auch in seinen Teilen logisch. Aber das zu sehen braucht es ein anderes Menschenbild, als es heute verbreitet ist. Dazu braucht es ein nicht-mechanistisches Menschenbild, das Geist erfaßt, und nicht einfach in Rationalität auflöst. Diesen Geist kann das heutige Menschenbild aber nicht mehr anerkennen. Er ist spätestens seit Descartes reine Rationalität. 

Denn er ist nur begreifbar, wenn der Mensch nicht rein weltimmanent gesehen wird, also sich von einem absoluten, personal dynamischen Geist - Gott, der einen Willen, also Dynamik hat - ableitet. Das bedeutet, daß auch Offenbarung, Gegebenes also, eine, ja die wichtigste Rolle im menschlichen Denken spielt. Denn sie ist (als Referenz-Wahrheit, in der Logik enthalten ist, gewissermaßen) das Licht, unter dem Logik überhaupt erst erkennbar wird. Eigentlich kann man Geist nämlich gar erst begreifen, wenn man die Dreifaltigkeit begreift, sonst wird auch Geist zum dinghaften, nicht mehr logisch, sondern nur noch willkürlich agierenden Gespenst. Dem steht ein Gott gegenüber, der zwar nicht begreifbar, aber nicht, ja der niemals unlogisch ist. Nur übersteigt uns die Logik selbst.

Auf dieser Ungenügendheit des heutigen Vernunftbegriffs aber, der ohne die substantielle, in die Realität in einer Linie und widerspruchsfrei ragende Rolle Gottes auskommen soll, in der sich die Aufklärung wieder einmal selbst in den Schwanz beißt, baut ein Streben auf, das seit Jahrzehnten beobachtbar ist und nun offenbar vor der Etablierung als Norm steht. Das zeigt sich darin, daß vielfach "Moral" über "Vernunft" gestellt wird, also Moralgebote (political correctness) so gedeutet werden, daß sie auch Unvernünftiges gutheißen können oder sogar müssen, wenn es denn dem Moralempfinden entspricht. Damit kommt der Wahrheitsbegriff noch weiter unter Druck, denn Wahrheit wird nur noch bedingte Wahrheit, eine Wahrheit selbst gibt es nicht mehr, sie hat keine Funktion mehr.

An den Universitäten war dies bislang noch eine eher seltene Erscheinung. Aber das ändert sich sehr rasch. Längst spricht man auch an unseren Universitäten von "post-science"! Teilweise (wir haben darüber berichtet) haben sich Universitäten Gebote der political correctness selbst so vorgeschrieben, daß es auf Denkverbote hinausläuft. Denn was logisch ist bestimmt nun nicht mehr die Logik, sondern das Gebot "gut" zu sein. 

Gut wird also vom Sein - in der Einheit des Guten, Wahren, Schönen - getrennt. Das ist der Kern des Problems. Wahrheit wiederum ist die Übereinstimmung von Sache und Intellekt. Wer diese Wahrheit bestreitet, bestreitet die Erkennbarkeit der Welt, macht Erkennen willkürlich und inkommunikabel. Wie tief dieser Widerspruch ist, zeigt schon alleine dieser Satz. Denn auch er wäre nicht verstehbar. Gerade das, was diese Form von relativer Wahrheit beansprucht, wäre dann unmöglich: Übereinkunft (um eines subjektiven Zweckes willen). Nach dem Motto: "Es gibt keine Gewißheit. Das ist gewiß." 

Aber es gibt Gewißheit über die Welt, weil es eine alle Menschen umfassende Wahrheit gibt. Jeder Morgen, jedes Auf-die-Straße-gehen, und jede Reise in unbekannte Länder etwa, jedes Treffen mit vorerst unbekannten Menschen beweist es neu. Macht das Wunder gewiß, daß sich auch mit dem letzten Indianer im südlichsten Zipfel Südamerikas noch kommunizieren läßt. Wenn es eines Beweises für die Wahrheit bedürfte so wäre es genau das: Die Evidenz, daß sich die Menschen der ganzen Welt zumindest in grundsätzlichen Dingen (von denen sich dann kulturelle Spezifitäten ableiten, auf denen sie aufbauen, erst hier kann es längerer Verstehensprozesse bedürfen) problemlos verständigen können. Und die Wahrheit hat eine Form - Sprache. Nicht in der Wahrheit, erst im Umgang damit, in der Stellung zu ihr entscheidet sich dann weitere Kommunikabilität, braucht es Verstehensprozesse, entstehen Verstehenshürden. Immer aber sind sie überwindbar.

Wie weit diese Entwicklung bereits ist überrascht also denn doch, denn sie zeigt, wie weit von der Evidenz heutiges Denken bereits ist (das lustigerweise genau das Gegenteil behauptet). Wieviel an Erfahrung und Wahrnehmung muß man hier bereits ausschließen. 

Und dennoch hat nun die Universität von Sydney (Australien), schreibt William M. Biggs, offiziell das Motto angenommen, daß man die "Wahrheit verlernen" solle. Programmatisch wird aus allen Studiengängen zukünftig die Wahrheit ausgeschlossen. Das geschieht im Namen einer angeblich dann - neu - zu findenden "Wahrheit". 

Aber mehr noch: Überhaupt ist "alles" neu zu lernen. Liebe genauso wie Kriminalität und Verbrechen. Dazu muß man zuerst einmal aber "ent-lernen". Auf ihrer "Unlearn-Homepage" schreibt die Universität:

Why unlearn?
We’re changing the way we teach and how our students learn…
Unlearning is about challenging the established, and questioning the accepted.
It’s not about ignoring what you already know, but it’s about being brave enough to question it and break down old rules so we can write new ones. It’s about looking at things in the context of today, and tomorrow.

Damit soll ein "Post-Wahrheits-Zeitalter" eingeläutet werden. Wahr soll hinkünftig nicht mehr sein, was der Wahrheit entspricht, sich ihr im Denken angleicht und annähert, sondern wahr soll sein, was "einer Zeit, einem Zeitgefühl" als "wahr vorkommt". Und das kann sich natürlich ändern, ja es ist sogar das Wesen dieser neuen Wahrheit, sich zu ändern. Sie wird damit bloß noch zu einer momentan erzählten Geschichte, der der Wittgensteinsche Satz programmatisch verabsolutiert wird: "Die Welt ist was der Fall ist." Wahrheit ist eine reine willkürliche Konstruktion, die an sich nichts mit dem Sein zu tun hat. Denn das Seiende setzt sich selbst sein Sein, das ist der wahre Hintergrund und Widerspruch: Etwas müßte damit sein, bevor es ist.


Teil 2) Das muß natürlich so sein. Heute.
Denn die Wahrheit ist dem Heute feind.







*300917*