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Samstag, 21. Oktober 2017

Stellen wir die Sache einmal auf ihren paradoxen Kopf (1)

Ein Punkt, der vielleicht nicht immer leicht verstehbar ist, ist der zuletzt erwähnte Zusammenhang zwischen einem verstärkt, ja fanatisiert angestrebten Ziel der Zerstörung - das sich hinter einem positiven Ziel versteckt, als das sich "Weltrettung" (übrigens auch: "Kirchenrettung") natürlich bestens eignet - durch Nährung des Falschen. Das so zu einem Kulminationspunkt getrieben werden soll, in dem es von selbst zusammenbricht, sein Widerspruch zum Sein also endlich durch Nichtung zur Darstellung kommt. 

Vereinfacht, verbildlicht: Man hat nicht den Mut, mit dem Hausmeister zu streiten, daß die Linde vor dem Haus gefällt werden soll, weil sie langfristig die Mauern zerstört. Was der Hausmeister bestreitet. Also geht man her und düngt und gießt die Linde, hegt und pflegt sie, damit sie möglichst gut wachse - und sich die Folge daraus, das Zerstören der Mauern durch die Wurzeln, "von selber" zeigt. Der Leser möge dieses Handlungsschema abstrahieren, das auf psychischem Gebiet Viktor Frankl "paradoxe Intention" nennt. Und so eingesetzt wird, daß ein Mensch sich seine Ängste als möglichst real und in allen schlimmsten Auswirkungen vor Augen stellt. Woraufhin er etwas Seltsames erlebt: Er beginnt, diese Angst zu verlieren. 

Nicht, wie auch Frankl manchmal zu meinen scheint (dem das Seinsverständnis fehlt, ihm bleibt alles subjektiv, "psychisch", ja konstruktivistisch), weil er sich mit dem Übel anfreundet, sondern weil etwas ganz anders passiert: Es steigen korrigierende Stimmungen aus dem Seelengrund auf. Es wird im tiefsten Wahrnehmungs- und Gewissensgrund (als "Gewußtes") ein Bild aktiviert, das der Realität näher kommt als die (aus sich uferlose) Angst. Die paradoxe Intention spekuliert also mit einer "automatischen Reaktion" (Kraft), die aus dem Wirklichen aufsteigt, aus dem Sein sich erhebt - und DAMIT die subjektive Vorstellung, die psychische Störung der Wirklichkeitsrezeption, die man aus eigener Willenskraft nicht wieder korrigieren wagt oder kann, überwältigt. Diese Form der inneren Reaktion ist also meist eine Reaktion der Schwäche, des Unterlegenen, des Ohnmächtigen, oder einfach des Mutlosen. Und sie ist darin nicht einmal immer unklug, denn manches läßt sich tatsächlich nicht von einem selbst ändern, also muß man auf andere Kräfte bauen.

Machen wir es nun an einem anderen Beispiel aus der Gegenwart konkret, und von einem Gedankenexperiment aus nachvollziehbar. Wobei der VdZ an dieser Stelle ausdrücklich davor warnt, die Erkenntnis daraus zu simplifizieren und schlechthin zu konkretisieren und zu verallgemeinern. Die seelische Verfaßtheit eines Menschen ist immer sehr komplex, vieles kombiniert sich, wechselt sich ab (der Mensch "oszilliert" immer, pendelt immer zwischen Nichts und Sein, Tod und Leben, und es ist sogar erst dieses Oszillieren, das ihn als kontinuierlich erkennbar macht!), und im letzten immer originär und ein Geheimnis. Manches aber an der umgebenden Realität läßt sich dennoch daraus erkennen. Probieren wir also einmal aus, wie weit der Gedanke trägt und sich ausbaut.

Denn einerseits ist heute eine extreme Persönlichkeitsschwäche bemerkbar, die als Kulturphänomen gelten muß. Denn sie ankert in der Kultur ebenso, wie sie diese mitformt, und das heißt: die Kultur weiter abbaut. Anderseits streben die Menschen heute so gezielt einem Totalzusammenbruch zu, als würden sie ihn wollen, ja herbeisehnen. Gleichzeitig sind sie ratlos. Resignation ist vielleicht sogar DAS Zeitgefühl. Zumalen ihnen schon von der Politik erzählt wird, also von jenen, die es in der Hand hätten, "etwas zu ändern", daß so gut wie alles "alternativlos" ist. Schöpferisches Handeln ist also nicht mehr vorhanden, angeblich weil der Spielraum dazu durch zwingende Fakten fehlt. Jede schöpferische Handlung - in der Politik ebenso wie im Privatleben - stößt an unüberwindliche Grenzen unlösbarer Teilprobleme, die uns regelrecht umzingelt haben. Kurzum: Die Dinge laufen nicht mehr so, wie wir sie gerne hätten und uns wünschen, sondern haben sich zu gewaltigen Maschinen gesteigert, in die wir eingespannt sind.*

Handeln also heute die Menschen heute unbewußt/bewußt ganz gezielt falsch? Verweigern sie ganz gezielt die Vernunft? Der VdZ hat den Verdacht, daß dies sehr oft zutrifft. Und einer der Gründe, warum er das meint glauben zu können ist, daß er davon ausgehen muß, daß in jedem Menschen derselbe Vernunftgrund angelegt ist. Schon alleine aus der unlösbaren Verbindung mit der Wahrheit, in die alles, was ist (beziehungsweise wie es Heidegger so richtig und vieldeutig sagt, "sich anwesend gibt"), eingebettet ist. Das könnte den Eindruck stärken, daß die Menschen darauf warten, daß "die Wahrheit" sich von selbst durchsetzt! Daß sie bis zu einem Punkt zum Verschwinden gebracht wird, wo ihr Druck - der ja der Druck des Seins ist! - so groß wird, daß sie das Falsche, den Irrtum, den Schwindel, die Lüge von selbst überwindet. 

Die gigantische Täuschung, in der sich heutige Gesellschaften (als Kulturen, als Völker, in allen Formen von Gesellschaft) zeigen, sodaß der VdZ es als "riesige Blasen" bezeichnet, in denen wir uns bereits bewegen (also nicht nur am Immobilienmarkt ;-), die aber keinerlei direkte Wirklich-keitsrelevanz mehr haben. Was heute gedacht, geredet, vor allem aber getan wird ist so vollständig Unsinn und Widervernunft, daß der Druck der Wahrheit ja tatsächlich enorm sein muß. Könnte man daraus nicht schließen, daß die Menschheit so sehr wie nur auf den ersten Blick "noch nie", in Wahrheit aber wohl in jeder letzten Verfallsphase einer Kultur, auf die Emanation der Wahrheit selbst hofft und sie zum Eintritt reizen möchte? Lassen sich hier nicht die direktesten Parallelen mit dem Verschwinden der Kirche (das dem Verschwinden des Kultes, der Liturgie, den vorenthaltenen Sakramenten, ja der vorenthaltenen inkarnierten Wahrheit also zuzuschreiben ist) ziehen?

Ist nicht das immer vollkommenere Auslöschen der Kulturtraditionen, der kulturellen Institutionen, die Zustimmung vor allem die dazu zu herrschen scheint, auch als paradoxe Intention zu denken, die in Wahrheit nur eines wünscht: Daß die Väter, daß das Sein wieder aufsteht und mit Macht die Regierung in die Hände nimmt? Könnte man die schon ins Absurde gehende Umweltzerstörung der Linken und Umweltapostel (als "Weltretter"; siehe a.a.O. die Deutung dazu) nicht auch als verzweifelten Aufschrei deuten, der engstirnigen, irrationalen und seinslosen Denkweise der Ökologisten (die ja auch sämtlich in "Alternativlosigkeiten" stecken) dadurch zu entfliehen, weil man den Grund aller Vernunft aufstacheln will, sich endlich hinter allen Windrädern und Hochspannungsleitungen und Solarplätschen* zu erheben, indem man der Unvernunft offen vor Augen stellt, wie häßlich, wie unerträglich und falsch sie liegt, nur fehlt es an Geist, an Stärke, an Verstand, nur scheint es ein viel zu gigantisches, ein unbewältigbares Unterfangen, dies selbst zu widerlegen, weil auch die Kraft fehlt, selbst den Ahnen zu folgen? 



Teil 2) Und weiter führen wir die Beispiele.
Aber ist das mehr als ein Gedankenspiel?
Oder: Worum es wirklich geht!




*Eine "Plätsche" ist im Österreichischen ein großer, unförmiger Fleck, unter dem etwas aufprallt und zerschellt. 





*041017*