Immer mehr Schulden - Staatsschulden, Privatschulden, versteckte Schulden, Bankschulden - aber immer weniger Menschen, die sie zurückzahlen können, auf diesen Punkt bringt es Hans-Werner Sinn in einem auf Video aufgezeichneten, halbstündigen und in seiner nüchternen Faktendarstellung dramatischen Referat anläßlich der Jahresversammlung des IFO vom Juni 2012 zum Thema "Staatsverschuldung und Generationengerechtigkeit". Wer sich einen klaren Überblick verschaffen möchte, samt einfach nachvollziehbaren Einblicken in Zusammenhänge und (auch bedenkliche) Hintergründe, sollte sich dieses Video ansehen.
Ein Beispiel gefällig? Von 2009 auf 2010 stieg in Deutschland die Schuldenzuwachsquote um 8,6 %, von 74,6 auf 83 % des Staatshaushalts, mit aber nur erstaunlichen 4,6 % Defizit? Wie geht das? Sinn zeigt, daß hier bewußt in den Sack gelogen wird, weil so das Tragen von Fremdverbindlichkeiten nicht ins Defizit - auf das sich die Schuldengrenze des Grundgesetzes bezieht - gar nicht auswirkt.
Schulden, wohin man auch schaut, faßt Sinn zusammen. Schulden auf kommende Generationen zu übertragen bietet natürlich politisch den einfachen Ausweg, Nicht-Wähler zu belasten. Es muß als sichere Prognose betrachtet werden, daß in wenigen Jahrzehnten die Bevölkerungsentwicklung in Deutschland ein Rückzahlen der Schulden unmöglich macht. Unmöglich! Nicht unwahrscheinlich. Die derzeitige Arbeitsgeneration hat aus zwei Gründen eine leichte Skituation: Es gibt im Verhältnis WENIGE Alte (Kriegsfolgen), sowie WENIGE Junge (Fertilität), die es zu ernähren gilt.
Nur wenige Länder wie Frankreich können, mit deutlich mehr Geburten (in Frankreich selbst in absoluten Zahlen!) als Deutschland mit dzt. 400.000 Geburten (bei 80 Mio Einwohnern) jährlich (zum Vergleich: 1875 gab es 800.000 Geburten, bei 45 Mio Einwohnern), können optimistischer in die Zukunft blicken. Implizite (z. B. bereits bestehende Rentenansprüche) und explizite Schulden zusammengerechnet, hat Deutschland derzeit 287 % des BIP Schulden angehäuft. Zusammengenommen, haben aber alleine die GIIPS-Länder - die Krisenländer derzeit in Europa - die Schulden von 12 Billionen Euro angehäuft. Diese Schulden kann der Rest Europas unmöglich tragen.
Das pro Kopf am bei weitem (!) meist überschuldete Land Europas ist übrigens ... Luxemburg. Ein kleiner Hinweis: Jean-Claude Juncker, der Chef der EZB, ist Luxemburger.
Wir haben, sagt er, dennoch vor allem eine private Schuldenkrise, vor allem in den sogenannten "Target-Schulden" - die zur Bezahlung von Importverbindlichkeiten verwendet werden. Die spanischen Außenschulden (ca. 992 Mrd. Euro), die sämtlich private Schulden sind, sind größer, als die aller anderen Krisenländer zusammen. Diese Beträge sind fast zur Gänze durch das substanzlose Drucken von Geld "bezahlt", von Aktivländern wie Deutschland aber mit "echtem" Geld geliehen. Und das bei derzeit insgesamt bereits 2085 Milliarden Euro an BEREITS GEFLOSSENEN Hilfsgeldern des ESM.
Deutschland ist dabei von einem (absehbaren!) Verlust etwa 718 Milliarden Euro betroffen, denn diese Schulden können niemals bezahlt werden. Sinn fordert daher Dept-Equity-Swaps: wo diesen Targetschulden (für echte Lieferungen) wenigstens substanielle Werte in den Krisenländern gegenüberständen.
Deutschland ist dabei von einem (absehbaren!) Verlust etwa 718 Milliarden Euro betroffen, denn diese Schulden können niemals bezahlt werden. Sinn fordert daher Dept-Equity-Swaps: wo diesen Targetschulden (für echte Lieferungen) wenigstens substanielle Werte in den Krisenländern gegenüberständen.
Aber immer noch nicht wird in Deutschland gespart, immer noch werden Defizite angehäuft, Jahr für Jahr. Und immer noch, ja in exponentiell gesteigertem Maß, werden die Probleme der Gegenwart in die Zukunft verschoben, statt zu lösen versucht. Was aber soll man erwarten, wenn die Finanzmärkte von Physikern angetrieben waren, und die deutsche Staatsleiterin gleichfalls Physikerin ist!
Die demographische-finanzielle Staatskrise in Deutschland in 20 Jahren ist vorprogrammiert, ja unausweichlich, schließt Sinn. Es besteht keine Aussicht auf Verbesserung, nicht zumindest, solange der Euro in der heutigen Form besteht. Zu viele Länder haben ihre wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit verloren, und ein Wechselkurs-Realignment von 20 (Frankreich) bis 40 (Portugal, Griechenland) wäre eine der notwendigsten Maßnahmen. Das einzige "Gegenmittel" der EZB derzeit ist aber die Sozialisierung aller Schulden.
Nur grundlegende Paradigmenwechsel in der Politik und in der Bevölkerung könnten noch Auswege bieten. Die es bei derzeitiger Politik aber nicht mehr gibt: wir laufen offenen Auges in den Zusammenbruch. Die Probleme der Gegenwart lassen sich nicht mehr mit Geld lösen, meint deshalb Kardinal Marx auf derselben Versammlung.
Da ist allerdings Roman Herzog in seinem Vortrag, auf derselben Tagung, substantieller, der das derzeitige Verhalten der Politik und Märkte mit dem Verhalten von Drogensüchtigen vergleicht. Und Roman Herzog erzählt aus der Zeit, wo er als Ministerpräsident von Baden-Württemberg zu Anfang der 1980er Jahre vor der Aufgabe stand, zu sparen: Man beschloß, quer durch alle Ressorts radikal 10 % einzusparen. "Wissen Sie was passiert ist," fragt der ins Auditorium? "Gar nichts!" Erst, als im darauffolgenden Jahr weitere 10 % eingespart wurden, gab es erstes "Geknirsche". Aber nicht nur durch Reduktionen der Gelder läßt sich sparen, sondern es sei zu hinterfragen, ob nicht ganze Aufgabenbereiche der Bundesregierung zu streichen wären.
Das trifft sich exakt mit den Erfahrungen und Einschätzungen des Verfassers dieser Zeilen. Zahlenverhältnisse bei organismischen Lebensvorgängen sind zudem erstaunlich "allgemein".)
Und Österreich? Hierzulande wird das Problem noch phantastischer zum geld hin verschoben, denn der Bevölkerungszuwachs steigert nach wie vor die Zahl der Steuerzahler, sodaß es für manche aussieht, als wären wir in einer besseren Lage. Aber das dient nur der Aufrechterhaltung des Scheins. Substantiell ist Österreich in absolut derselben, ja durch geringere Vermögenswerte langfristig noch schlechteren Lage.
Da ist allerdings Roman Herzog in seinem Vortrag, auf derselben Tagung, substantieller, der das derzeitige Verhalten der Politik und Märkte mit dem Verhalten von Drogensüchtigen vergleicht. Und Roman Herzog erzählt aus der Zeit, wo er als Ministerpräsident von Baden-Württemberg zu Anfang der 1980er Jahre vor der Aufgabe stand, zu sparen: Man beschloß, quer durch alle Ressorts radikal 10 % einzusparen. "Wissen Sie was passiert ist," fragt der ins Auditorium? "Gar nichts!" Erst, als im darauffolgenden Jahr weitere 10 % eingespart wurden, gab es erstes "Geknirsche". Aber nicht nur durch Reduktionen der Gelder läßt sich sparen, sondern es sei zu hinterfragen, ob nicht ganze Aufgabenbereiche der Bundesregierung zu streichen wären.
Das trifft sich exakt mit den Erfahrungen und Einschätzungen des Verfassers dieser Zeilen. Zahlenverhältnisse bei organismischen Lebensvorgängen sind zudem erstaunlich "allgemein".)
Und Österreich? Hierzulande wird das Problem noch phantastischer zum geld hin verschoben, denn der Bevölkerungszuwachs steigert nach wie vor die Zahl der Steuerzahler, sodaß es für manche aussieht, als wären wir in einer besseren Lage. Aber das dient nur der Aufrechterhaltung des Scheins. Substantiell ist Österreich in absolut derselben, ja durch geringere Vermögenswerte langfristig noch schlechteren Lage.
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