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Freitag, 21. September 2012

Von den subjektiven Produkten

Natürlich ist mit der instrumental vermittelten Arbeit (die Produktion eines Produkts über werkzeuglich-maschinelle Vorgänge, Anm.) auch eine Universalität gegeben, denn mein Bedürfen (mich - zum mich - in der Herstellung, Arbeit subjektiv zu vollziehen, Anm.) zielt auf das Bedürfen der Anderen, indem dann die entstandenen Produkte ausgetauscht werden können Aber eine solche Universalität erfaßt nur die Produktion solcher Objektivität, indem das subjektive Leben als Pro-duzieren seinerseits nur in seiner Bedingung als Objekt dann erfaßt wird. Aber irgendein Objekt - und besonders dasjenige der theoretischen Schau - produziert nie selbst etwas, weil es dazu stets einer subjektiven Kraft bedarf. (Das Produzieren über einen maschinellen Vorgang vollzieht also einen anderen Aspekt der Subjektivität, nicht eigentlich den des Selbstvollzugs im Produzieren; Anm.) 

Eine objektive Hervorbringung des Seins ist also ein Widerspruch in sich, sofern sich das "Sein als Produktion" nur als leben vollzieht, ohne jemals aus dieser Immanenz des Hervorbringens für sich in eine Objektivität als Universalität herauszutreten.

Wir finden daher auf dem Weg einer veräußerten Tätigkeit die Aporien jeder Bewußtseinsphilosophie wieder, wie sie das abendländische Denken kennzeichnen. Denn wenn die Praxis nur zur "Anschauung" des Gegenstandes oder Werkzeuges in seiner Bildung bzw. Funktion wird, dann ist eine solche Praxis mit diesem theoretischen Sehen selbst identisch - und eben keine wirkliche Tätigkeit mehr im Sinne der subjektiven Hervorbringung, welche alle Tätigkeit phänomenologisch konkret ermöglicht.

Rolf Kühn in "Subjektive Praxis und Geschichte - 
Phänomenologie politischer Aktualität"

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Das heißt: Eine (objektivierte) Wirtschaft, die also nicht mehr Abbild subjektiven Lebensvollzugs IM Produzieren ist, IM Austausch mit dem Konsumenten, die also Bedürfen selbst objektiviert hat, verliert ihre Qualität als Ort des Lebens selbst.

Natürlich entsteht durch solch einen Hervorbringungsprozesses - ALS subjektiver Lebensvollzug, der einem Bedürfen nach Bewegung als Selbsterprobung entspricht -  in "Objekt", das sich als Objekt dem Denken vorstellt. Aber das Denken kann innerhalb seiner Natur keine Bewertung vollziehen, weil subjektive Anstrengung, Pathos, Mühe, nicht vergleichbar IST. Es gibt also die vielzitierte "soziale Gerechtigkeit" nicht, nicht als objektiven Begriff. Es gibt nur Lohn, den man über die Zeit zu einem "Ungefähr" macht, das sich am subjektiven Bedarf des Arbeiters und am subjektiven Wert des Produkts für den Verbraucher zu bemessen hat. Keineswegs erschöpft sich aber der wirkliche Wert eines Produkts im Preis, dieser ist praktisch "zufälliges" (nicht "absolutes"), hinweisendes Ergebnis im Rahmen eines Gemeingefüges, das zum Anhaltepunkt aber die jeweiligen subjektiven Vollzüge hat.

Dieses Gemeingefüge wiederum hat seine Grenzen im Rahmen des Lebensvollzugs seiner Mitglieder. Weshalb es auch nicht "ungerecht" ist, sondern sehr gerecht sogar, wenn ein Produkt im einen Landkreis billig (also: weniger Geld benötigt), im anderen teuer, Lohn hier höher, dort niedriger ist: er kann sich nicht an der "Tätigkeit" oder gar an einem objektivierbaren "Produkt" bemessen, sondern nur an der sozialen Wertbemessung, und die ist lokal verankert. Ja, diese Differenzierung, wie überhaupt Differenzierung, macht das Wesen einer Volkswirtschaft ALS Gefüge überhaupt erst aus. Denn in der Bemessung des Lohnes in "Zeit" drückt sich genau der Charakter der Zeit aus - als Sozialfaktor.*

Politik kann dieses Gefüge deshalb nicht MACHEN und gestalten, sie muß es repräsentieren weil RESPEKTIEREN - weil nur die realen Gemeinsamkeiten "res publica" sind. Historisch aufweisbar, hat Politik sich deshalb in dem Maß gewandelt und ihre gebotenen Grenzen überschritten, als es diese "Schatten" des jeweiligen subjektiven Selbstvollzugs zur Sache an sich gemacht hat, nicht zuletzt um Staatspolitik zur Sache an sich zu machen. Der moderne interventionistische Sozialstaat ist also nicht zufällig am Grab der (subsidiären) Reichsidee entstanden, weil erst deren Ende die Lösung der Überlebensfrage der Staaten in sie selbst hinein - im sogenannten "Nationalismus" - verlegt hat. Und nur unter diesem Aspekt wäre eine Europäische Union - genau so hat sie Otto von Habsburg verstanden - sinnvoll. Sie ist ihr Gegenteil, wenn sie die Einzelorganismen ersetzen will.




*(Es ist dem Autor dieser Zeilen nicht selten begegnet, daß Bewohner des ehemaligen "Ostblocks" darüber klagten, daß ihre Löhne niedriger seien, als wenige Kilometer weiter westlich, namentlich in Österreich. Und sie taten das im deutlichen Pathos der Klage - immerhin würden sie für "dieselbe Tätigkeit" dort deutlich "besser" leben können, ja höher angesehen. Das ist natürlich völliger Unsinn! IHR Sozialgefüge hat für Ihren Lebensvollzug, der seine Belohnung ja wesentlich bereits in sich birgt, DIESEN Lohn vorgesehen. Keine Tätigkeit ist "objektivierbar", sie ist immer im allernächsten sozialen Umfeld zu betrachten weil auf es bezogen.)


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