"Wir verbessern Österreich," schlagzeilt der Kurier in einer Ausgabe vom 8. September 2012. Und veranstaltet ein Fest, zu dem auch der Bundeskanzler kommt. Unter stärkerer Einbindung der Leser, die als "Familie" angesprochen werden, will sich der Kurier zukünftig nämlich als Leitlinie darum kümmern, daß positive Veränderungen initiiert und über Druck auf die Politik auch durchgeführt werden. Die Menschen hätten den Eindruck, so der Kurier, daß sich im Land zu wenig bewege. Das solle nun anders werden, indem sie mit dem Kurier bewegen würden.
Das liest sich ... höchst seltsam. Und man könnte durchaus fragen, ob der Kurier nicht aufgehört hat, eine Zeitung im herkömmlichen Sinn zu sein. Als einzige Zeitung (wie zu betonen nicht aufgehört wird) habe er im letzten Jahr die Anzahl der verkauften Exemplare sogar gesteigert (während überall sonst der Printmarkt mehr oder weniger einbricht, angeblich weil er gegen Online-News verliert.)
Das ist freilich nur möglich, indem sich die Natur der Zeitung wandelt. Indem sie Partei wird, deren Wirken nicht mehr nach journalistischen, sondern agogischen Maßstäben zu bewerten ist. Wobei der Kurier diesen Eindruck - so wie die meisten österreichischen Blätter - ohnehin immer schon macht, war er doch sogar das Propagandablatt der amerikanischen Besatzer, als Waffe im Kalten Krieg also wurde er gegründet, wo jede Meldung in Hinblick auf ihren bewußtseinsbildenden, antisowjetischen Faktor zu messen war. Immerhin begann die Ostfront des Westens im Burgenland, selbst die Verteidigungsdoktrine war an den Strategien der Westarmeen ausgerichtet, un damit Teil davon. So sehr sich Österreich auch gemüht hat, die Kapuze über den Kopf zu ziehen und "Du siehst mich nicht!" zu spielen.
Das "die Welt besser machen" liegt aber sowieso den Österreichern im Blut, und auch der Kurier bleibt seiner Tradition treu. In Zukunft wird er also seine bisherige Tendenz zur offiziellen Programmatik machen: die Ereignisse, über die man berichtet, selbst schaffen - im Dienste des Besseren ...
Das "die Welt besser machen" liegt aber sowieso den Österreichern im Blut, und auch der Kurier bleibt seiner Tradition treu. In Zukunft wird er also seine bisherige Tendenz zur offiziellen Programmatik machen: die Ereignisse, über die man berichtet, selbst schaffen - im Dienste des Besseren ...
Wo hat man das alles aber nur schon gelesen ... wo nur ... ach, war das nicht in Jacques Ellul's tollem Werk über die "Propaganda"? Die nämlich keineswegs wie landläufig die Meinung herrscht dafür da ist, um Meinungen durch Lügen zu verändern. Solche Propaganda verdient ihren Namen nicht. Wirkliche Propaganda versucht, die Menschen lückenlos identitär einzubinden, weiß daß sie die Menschen zur Bewegung bringen muß. Ellul schreibt, daß das Wesentliche bei der Propaganda nicht die kurz- oder mittelfristige Meinungsänderung ist, das greift viel zu kurz. Effektive Propaganda verändert die Rezeptionsstruktur des Menschen, durch Eingriffe in seine Identität, am Leitfaden eines Mythos.
Aber gut, der Umbau der Menschen von Konsumenten zu aktiv Beteiligten, unter Einrichtung eines Mythos (weil Inhalte nie exakt genug faßbar, aber auch festlegbar sind, auch weil sie ja wechseln), gilt ohnehin schon seit langem als Nonplusultra des Marketing. Und zahlreiche Unternehmen haben es längst vorexerziert.
Simone Weil schlägt einmal vor, daß jede Zeitung, die beginnt, ihre Veröffentlichungen und Autoren nach bestimmten Kriterien zu selektieren, per Gesetz verboten werden muß. Aber gut, die ist ja immer so radikal, in ihrer Liebe zum Menschen, weshalb sie alles ablehnt, was ihn in der Offenheit der Apperzeption der umfassenden Wirklichkeit einschränken könnte. Weil es nur dort überhaupt ein Gut gibt.
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