Nun haben wir es also amtlich: eine Studie der US-Universität Stanford ergab, sich Bio-Lebensmittel so gut wie gar nicht von "herkömmlich" produzierten unterscheiden. Die Inhaltsstoffe - Vitamine, Spurenelemente, was auch immer - sind praktisch ident, ob der Kohl in Massen produziert, oder von einem liebevollen Frauenhändchen hochgestreichelt wurde. Ob sich Bio-Lebensmittel überhaupt auf die Gesundheit förderlich auswirken, ist nicht ermittelbar, weil Menschen, die sich ausschließlich bio ernähren, auch in der Regel einen anderen Lebensstil pflegen.
Natürlich ist es da köstlich die Kommentare in deutschsprachigen Zeitschriften zu verfolgen, und wie erst die derjenigen, die in Postings ihren Senf dazugeben. Köstlich ist vor allem die Enttäuschung (oder Schadenfreude) zu sehen, was die "Gesundheitsaspekte" anbelangt. Und natürlich wird es nicht an eifrigen Händen fehlen, die nun mit anderen Methoden beweisen, daß "bio" doch "bio" ist, seht nur, hier wurde mehr Lebensenergie gemessen, und hier mehr weiß der Deibel was.
Der Verfasser dieser Zeilen hat immer schon bedauert, daß die Argumentation der "bio"-Welle meist nichts anderes war und ist als eine Spezialform der mechanistischen Weltsicht, in die nur andere Faktoren - nicht selten: esoterische - eingeflochten wurden. Was "bio-"Vertreter nicht selten zu Aposteln der Kirche der Auserwählten machte. Denn die Züge einer verkappten Religion trug und trägt auch das Gefasel von der "gesunden Ernährung" allemal. So, als würde die Vermeidung von Kunstdünger oder das Tragen von Biolatschen oder Jutesäckchen "an sich" auch lebendige Kultur sein.
Das kann nie der Zugang sein. Nichts Schlechtes, heißt es in der Schrift, kommt von außen in den Menschen hinein. Das Böse kommt von innen. Und das ist der Schlüssel auch zum Umgang mit den Dingen, und auch mit den Nahrungsmitteln. Denn es geht ums Leben, nicht um Verdauungsvorgänge oder Krankheitsvermeidung oder Steigerung der Anzahl der Kalenderjahre, in denen man auf der Veranda sitzt.
Es kann nicht um "wissenschaftlich bewiesene" Vorzüge der Karotten gehen. Es geht um die Einfügung des Wirtschaftens, des menschlichen Handelns - als Bedürfer wie als produzierender Tätiger - in das menschliche Leben überhaupt. Wo Technik den Zugang zu den Dingen "verobjektiviert", also aus dem ganzpersönlichen Vollzug herausreißt, ist sie immer inhuman und beleidigt das Wesen der Welt als Zueinander von Wirklichkeiten, die insgesamt ein Ganzes ergeben, das im Sein eingebettet in Gott ruht, aus ihm ersteht, in ihn mündet.
DESHALB muß Wirtschaften menschliches Maß haben, muß das Herausziehen der Kartoffel aus der Erde, das Füttern des Viehs, das Schlachten der Ziege, eingebettet in einen Gottesdienst sein, zu dem ein Leben, das sich aus dem Leben selbst bezieht, nämlich wird. Wer glaubt, er könne sein Leben retten, indem er den Anteil von Folsäuren in der Butter steigert, hat ein prinzipielles Problem: er vergeht sich genauso an der Wirklichkeit des Lebens wie der, der mit einem 8-Tonner übers Feld donnert und Insektizide verspritzt, während aus den Lautsprechern der Traktorkabine Purple Rain dröhnt und er am iPod per SMS seine Freunde organisiert, immerhin braucht er ja Abnehmer.
Als der Verfasser dieser Zeilen noch seine Schafe und Hasen und Truthähne und Ziegen ... gehalten hatte, war es ihm nicht einen Augenblick um "bio" gegangen. Sondern um den lebendigen Vollzug: sich um die Schafe zu kümmern, ihnen gemäß, im Rahmen der Gesamtsituation, der Alm, den Gegebenheiten etc., für sie zu sorgen. Damit auch sie ihr Leben ins Volle steigern können. Sie zu entwurmen, weil sie das an ihrer Entfaltung hinderte, sie am Höhepunkt ihres Wachstums zu schlachten, in diesem schaurig-heiligen Moment, der so deutlich zu fühlen war und wie von selbst religiöse Weihe bekam, in dem aus diesem Leben jenes Fleisch hervorging, an dem die eigenen Kinder (und natürlich, man selber) wieder Lebenssteigerung im Genuß finden würden. Und wenn er seine privaten Lieferanten für Eier oder Getreide hatte so nicht, weil die nach den Mondphasen anbauten, sondern weil sie diese Produkte im Rahmen eines lebenssatten, verantwortlichen, existentiellen Vollzugs gewannen, ja sogar weil dort zu kaufen soziale Pflicht war, weil alles zusammenhängt. Das mußte nicht einmal heißen, daß diese Produkte "besser" schmeckten. Auch Geschmack ist eine komplexe, vielfältig verflochtene Botschaft sowie Teilhabe. Wer hat noch nie eine mißratene Speise gegessen und dabei Wohlgefallen geheuchelt, um der Mühe der Köchin zuliebe? Den angebrannten Kuchen der Tochter, die versuchte die kranke Mutter zu vertreten, mit Lächeln hinuntergewürgt und die gelungene Form gelobt? Wie häßlich und lebensfeindlich doch jene, die meinen, es sei nur zu gerecht, dem anderen die "Wahrheit" wie Fetzen um die Ohren zu schlagen, immerhin könne man ja Krebs bekommen, wissenschaftlich bewiesen. Die Liebe will die Steigerung der Anteilhabe des anderen am Sein, seine Steigerung in sein Höchstes als Seiender, das ist das erste Kriterium. Nicht der gelungene Kuchen. Nicht der Anteil an ungesättigten Fettsäuren.
Der Onkel des Verfassers dieser Zeilen hätte in der Ägäis nach Versenkung des Schiffes, auf dem er Dienst tat, schön ruhig dort das Ende des Krieges abwarten können, es wäre niemandem aufgefallen. Aber angesichts der Schreckensmeldungen aus dem Osten schlug er sich zu Fuß - drei Wochen - durch Jugoslawien durch, unter ständiger Gefahr von Partisanen entdeckt und erschlagen zu werden, aß Gras und Wurzeln, ging nur nachts, versteckte sich tagsüber. Aber er wollte in seine Heimat zurück, um seine Liebsten zu schützen. Drei Wochen. In Schlesien angekommen, meldete sich sofort an die Front (obwohl er auch nach Kiel hätte gehen können) - und fiel wenige Wochen später. Das ist Leben, das sich zur höchsten Höhe steigert, und das sich mit 25 Jahren erfüllt hat. Nicht das krankhafte Starren auf den Cholesterinspiegel, der sorgenvolle Blick auf die angebliche Cancerogenität der Wurst, die Blutblasen an den Füßen, oder die angstvolle Kalkulation nach Jahren, die es zu leben möglich wäre.
Als der Verfasser dieser Zeilen noch seine Schafe und Hasen und Truthähne und Ziegen ... gehalten hatte, war es ihm nicht einen Augenblick um "bio" gegangen. Sondern um den lebendigen Vollzug: sich um die Schafe zu kümmern, ihnen gemäß, im Rahmen der Gesamtsituation, der Alm, den Gegebenheiten etc., für sie zu sorgen. Damit auch sie ihr Leben ins Volle steigern können. Sie zu entwurmen, weil sie das an ihrer Entfaltung hinderte, sie am Höhepunkt ihres Wachstums zu schlachten, in diesem schaurig-heiligen Moment, der so deutlich zu fühlen war und wie von selbst religiöse Weihe bekam, in dem aus diesem Leben jenes Fleisch hervorging, an dem die eigenen Kinder (und natürlich, man selber) wieder Lebenssteigerung im Genuß finden würden. Und wenn er seine privaten Lieferanten für Eier oder Getreide hatte so nicht, weil die nach den Mondphasen anbauten, sondern weil sie diese Produkte im Rahmen eines lebenssatten, verantwortlichen, existentiellen Vollzugs gewannen, ja sogar weil dort zu kaufen soziale Pflicht war, weil alles zusammenhängt. Das mußte nicht einmal heißen, daß diese Produkte "besser" schmeckten. Auch Geschmack ist eine komplexe, vielfältig verflochtene Botschaft sowie Teilhabe. Wer hat noch nie eine mißratene Speise gegessen und dabei Wohlgefallen geheuchelt, um der Mühe der Köchin zuliebe? Den angebrannten Kuchen der Tochter, die versuchte die kranke Mutter zu vertreten, mit Lächeln hinuntergewürgt und die gelungene Form gelobt? Wie häßlich und lebensfeindlich doch jene, die meinen, es sei nur zu gerecht, dem anderen die "Wahrheit" wie Fetzen um die Ohren zu schlagen, immerhin könne man ja Krebs bekommen, wissenschaftlich bewiesen. Die Liebe will die Steigerung der Anteilhabe des anderen am Sein, seine Steigerung in sein Höchstes als Seiender, das ist das erste Kriterium. Nicht der gelungene Kuchen. Nicht der Anteil an ungesättigten Fettsäuren.
Der Onkel des Verfassers dieser Zeilen hätte in der Ägäis nach Versenkung des Schiffes, auf dem er Dienst tat, schön ruhig dort das Ende des Krieges abwarten können, es wäre niemandem aufgefallen. Aber angesichts der Schreckensmeldungen aus dem Osten schlug er sich zu Fuß - drei Wochen - durch Jugoslawien durch, unter ständiger Gefahr von Partisanen entdeckt und erschlagen zu werden, aß Gras und Wurzeln, ging nur nachts, versteckte sich tagsüber. Aber er wollte in seine Heimat zurück, um seine Liebsten zu schützen. Drei Wochen. In Schlesien angekommen, meldete sich sofort an die Front (obwohl er auch nach Kiel hätte gehen können) - und fiel wenige Wochen später. Das ist Leben, das sich zur höchsten Höhe steigert, und das sich mit 25 Jahren erfüllt hat. Nicht das krankhafte Starren auf den Cholesterinspiegel, der sorgenvolle Blick auf die angebliche Cancerogenität der Wurst, die Blutblasen an den Füßen, oder die angstvolle Kalkulation nach Jahren, die es zu leben möglich wäre.
Und deshalb ist es schnurzpiepegal, was ein technisches Zeitalter, das die Qualität der Dinge über chemische oder elektromagnetische Tabellen einstuft, über Lebensmittel zu sagen hat. Es ist irrelevant. Die wirkliche Wirklichkeit der Lebensqualität ergibt sich aus ganz anderen Faktoren, aus Faktoren, die in der lebendigen Wirklichkeit geerntet werden, die keine chemische Analyse der Welt je wird erfassen können. Sie liegt in der Art des Umgangs miteinander, aus der Haltung zu den Dingen und damit der Quelle, aus der sie entspringen - Gott. Und auch der ist nicht eine "Energie des Alls", mit der es über Mantraübungen und Yogaverrenkungen oder Klopftherapien zu verbinden gälte, und was sonst noch an Schnapsideen durch die Köpfe geistert. Es ist die Hingabe an die eigene, originale Affektivität, in aller Komplexität und historischen Situation.
Es kommt aus der nie inhaltlich vorausbestimmbaren Selbsttranszendenz ins Leben hinein, in der jeder, der an - wie hier - Kette der Dinge, bis zum Verzehr, beteiligt ist, Kultur aufbaut, um die Präsenz des Lebens in der Selbsterfassung der Freude des blutvollen Vollzugs zu steigern. Das Großartige an der Antike ist unter anderem, daß man dort begriff, daß diese Lebenssteigerung auch nur in einem Moment gegeben sein kann - im Moment der höchsten Hingabe, wie im Heldentod. Und betrachtet man die Natur so ist einer ihrer Grundzüge, daß sie auf einen Höhepunkt zusteuert, den ihrer maximalen Lebenssteigerung, sehr häufig in der bloßen Weitergabe des Lebens sich erfüllt, um dann zurückzusinken ... und zu sterben. Es ist vollbracht. Es ist erfüllt.
Wie das technisch aussieht, wie sich das in Kaliumanteilen und Sulfonamiden äußert, ist völlig irrelevant, so sehr Zusammenhänge bestehen. Leben ist nicht "mehr", weil diese oder jene Lebensmittel es angeblich verlängern, oder weniger Gicht erzeugen, oder gar Krebs vermeiden helfen. Lebenssteigerung kann auch heißen, doch den Billigsenf zu kaufen, doch den Abpackkuchen zu wählen. Es liegt nicht an den Dingen! Wir haben nicht einmal unsere Gesundheit kleinkrämerisch zu verwalten, als wäre sie das höchste Gut. Jeder Feuerwehrmann weiß das.
Nur im Humanen selbst bricht das Sein in der Schönheit auf. Technik, schreibt Heidegger einmal, ist nur noch in eine Metaphysik des Wollens deutbar. In der technischen Beherrschung wird das Schicksal des hervorbringenden Arbeiters mit dem des Materials identisch, wird zum Materialen. Nicht aber der Weltbezug des Hervorgebrachten, schreibt Rolf Kühn in einer verblüffenden Marx-Interpretation, ist das Geschichts- und Kulturbildende, sondern der Akt der Subjektivität. Im Tätigsein der fleischlichen Wahrheit (und Liebe) wird sie selbst sichtbar, und hier verbindet sich Produzent mit Konsument in der Kultur. In jener "besseren Welt", die "bio-"Vertreter verbal zu schaffen anstreben. Nicht im Produkt selbst, nicht im Werkzeug, nicht in der Methode - in der Arbeit als subjektivem Selbstvollzug (Hegel). Arbeit, die sich JEDEM objektiven Äquivalenzversuch per se sperrt (Marx).
Leben ist es selbst, wenn es sich in der Selbststeigerung ins Höchste hinein entäußert, und das kann sogar so aussehen, daß man mit dieser Art von "biologischem Leben" achtlos umgeht, weil das eigentliche Leben das rein Biologische übersteigt - viele Heiligenviten zeigen was hier gemeint ist. Und dieser Höhe kann man es auch, ja gerade im Leid erfahren und erfüllen. Das ist die Ethik um die es geht. Nicht, zumindest nicht primär, als technisch betrachteter Umstand, ob mehr oder weniger Kunstdünger aufgebracht wird. Das interessiert höchstens die PR-Stuben von Esso. Und die Verleger von bio-Magazinen. Kein Handlen wird "gut", weil es Kunstdünger vermeidet. Das kann auch eine Maschinerie, aus simplen Gründen der Markteffizienz, zum Beispiel. Und in diese Richtung fallen die "Bio-"Abteilungen der Supermärkte.*
Nur im Humanen selbst bricht das Sein in der Schönheit auf. Technik, schreibt Heidegger einmal, ist nur noch in eine Metaphysik des Wollens deutbar. In der technischen Beherrschung wird das Schicksal des hervorbringenden Arbeiters mit dem des Materials identisch, wird zum Materialen. Nicht aber der Weltbezug des Hervorgebrachten, schreibt Rolf Kühn in einer verblüffenden Marx-Interpretation, ist das Geschichts- und Kulturbildende, sondern der Akt der Subjektivität. Im Tätigsein der fleischlichen Wahrheit (und Liebe) wird sie selbst sichtbar, und hier verbindet sich Produzent mit Konsument in der Kultur. In jener "besseren Welt", die "bio-"Vertreter verbal zu schaffen anstreben. Nicht im Produkt selbst, nicht im Werkzeug, nicht in der Methode - in der Arbeit als subjektivem Selbstvollzug (Hegel). Arbeit, die sich JEDEM objektiven Äquivalenzversuch per se sperrt (Marx).
Leben ist es selbst, wenn es sich in der Selbststeigerung ins Höchste hinein entäußert, und das kann sogar so aussehen, daß man mit dieser Art von "biologischem Leben" achtlos umgeht, weil das eigentliche Leben das rein Biologische übersteigt - viele Heiligenviten zeigen was hier gemeint ist. Und dieser Höhe kann man es auch, ja gerade im Leid erfahren und erfüllen. Das ist die Ethik um die es geht. Nicht, zumindest nicht primär, als technisch betrachteter Umstand, ob mehr oder weniger Kunstdünger aufgebracht wird. Das interessiert höchstens die PR-Stuben von Esso. Und die Verleger von bio-Magazinen. Kein Handlen wird "gut", weil es Kunstdünger vermeidet. Das kann auch eine Maschinerie, aus simplen Gründen der Markteffizienz, zum Beispiel. Und in diese Richtung fallen die "Bio-"Abteilungen der Supermärkte.*
"bio" ist somit vielfach nur eine andere Form des schlimmsten Nihilismus, der das Leben selbst verzwecken möchte. Und insofern liegt auch in "bio" nicht weniger Verderben, wenn man meint, eine Technik der Lebensoptimierung gefunden zu haben, die sich sogar noch auf die Gesundheit der Ökonomie auswirkt. Gerade das unerträgliche Gefasel um "nachhaltige Energiegewinnung" beweist täglich neu, wie blind, ja verbrecherisch verblendet gerade "Öko-"Fuzzis für das Leben bereits sind.
Wenn diese Studie also manchem Ernüchterung gebracht hat, dann war sie wenigstens zu etwas gut.
*(Ein kleines Fallbeispiel dazu: Etwa 2010, 2011 wechselte der Diskonter Hofer die Lieferanten für Bio-Milchprodukte. Über Nacht fanden sich Produkte aus Tirol. Und über Nacht waren über 200 auf Biobetrieb umgestellte Bauern aus dem Ybbstal in Niederösterreich ohne Abnehmer, und standen vor dem Ruin, weil ihnen die normale Molkerei für ihre Produkte nicht die notwendigen Preise zahlen wollte. In einer technizistischen Wirtschaftswelt rückt eben das objektiviert Produkt in den Vordergrund - und das, wie man sieht, unterscheidet sich technisch gesehen gar nicht - und nicht die Praxis. Aber SIE bringt die lebendige Ökonomie hervor, ja sie IST SIE. Der Irrtum in diesem Fall lag also genauso bei den Bauern selbst.)
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