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Donnerstag, 20. September 2012

Fakten eines Wirtschaftswunders

aus 2007) Als die Nationalsozialisten im Jänner 1933 an die Macht kamen, fanden sie bereits voll ausgearbietete Pläne staatlicher Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen vor. Die parteipolitischen Wirren, aber auch Ängste hinsichtlich einer Destabilisierung der Währung und einem damit noch schwierigeren Schuldendienst (auch der Reparationszahlungen wegen) waren Ursache für das Zögern. Zudem war die Theorie des "deficit spending" eine neue, gewagte Theorie. Bemerkenswert, daß die propagandistisch so wirksamen "Autobahnen" - daß die Pläne dazu seit den frühen 20er Jahren vorlagen ist ja hinlänglich bekannt - einen verschwindend kleinen Anteil an jenen Summen einnahmen, die für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen der Regierung ausgegeben wurden: knapp 166 Mio Mark wurden für sie locker gemacht.

Wie wurden sie ausgegeben? Durch staatliche Wechsel! So wurde umgangen, daß der Staat seine Glaubwürdigkeit untergrub, denn diese Wechsel machten keine weiteren Kreditaufnahmen notwendig. Diese waren beliebig bzw. bis auf fünf Jahre verlängerbar, was auch ausgenützt wurde. 85 % der staatlichen Arbeitsbeschaffungsausgaben wurden so finanziert. Und 100 % des Aufrüstungsprogramms ...

... das aber erst ab etwa 1936 in vollem Umfang einsetzte. Denn die Wehrmacht war zuvor organisatorisch (lt. Versailles mit 100.000 Mann limitiert) nicht in der Lage, wirklich aufzurüsten! Zeitgleich mit der Einführung der Wehrpflicht - mit dem Arbeitsjahr 1936 - setzte erst die Aufrüstung ein, die bald aber 2/3 der staatlichen Konjunkturmaßnahmen s.o. ausmachte. Dennoch war die Kampfkraft der Wehrmacht bis 1939 bedenklich niedrig, wie die Generäle wußten. Hitler's außenpolitische Wagnisse waren also militärisch hasardeurhaft und unvernünftig leichtsinnig!

Die Realeinkommen pro Beschäftigtem SANKEN interessanterweise in den Jahren 1933 bis 1936! Ebenso sank der Anteil der Lohneinkommen am Volkseinkommen um 3 Prozent, der der selbständigen Einkommen blieb weitgehend gleich. Die Kapitalerträge wurden aber ebenfalls limitiert. Und die Lebensmittelpreise stiegen, innerhalb der ersten drei Jahre um 24 %! Dank des "Blut-und-Boden-Programms", das den Bauern durch höhere Produktenpreise, Entschuldungen und die Erbhofgesetze (nur ein Erbe, der die übrigen Erben nicht auszahlen muß) wirtschaftliche Besserung bringen sollte. "Hitler - der Bauernkanzler!" Löhne wie Preise waren staatlich geregelt. Der private Verbrauch stieg auch aus diesem Grund kaum an. Dem gestiegenen öffentlichen Verbrauch sollte ein gedrosselter privater Verbrauch gegenüberstehen, um Inflationsgefahren zu begegnen. Wobei man ab 1934 die Haushaltszahlen nicht mehr veröffentlichte.

Es gab im Deutschland der Nationalsozialisten kaum private wirtschaftliche Investitionen, ja 1934 sogar negative Investitionen, also mehr Abschreibungen als Neuanschaffungen. Begründet wurde dies mit immer noch vorhandenen, unausgeschöpften Kapazitätsreserven. Ganzen Wirtschaftszweigen war es regelrecht untersagt, zu investieren - sie seien "überinvestiert" gewesen (Papier, Glas, Zement, Textil). Nur die Schwerindustrie wurde durch langfristige Aufträge, Rohstoffzuteilungen (zentrale Steuerung) oder Investitionsanreize begünstigt.

Als ab Ende 1935 dennoch die privaten Sparvermögen wuchsen, schuf man eine Reihe von Maßnahmen, um das Geld z. B. über Regierungsanleihen, obligatorische Lebensversicherungen, Sozialversicherungen - Fonds, die allesamt automatisch in Reichsanleihen investierten ... wieder zu binden, abzuschöpfen und der Rüstungsindustrie zuzuführen. Anteilig freilich blieben private Ersparnisse vernachlässigbar verglichen mit den Geldern nicht entnommener Gewinne. Bis auf einen kleinen Rest waren aber beide Vermögen offen oder stillschweigend durch "Reichtstitel" gedeckt. Maßnahmen, mit denen man u. a. aber auch automatische Folgen eines Wirtschaftsaufschwungs (Steigerung der Aktienkurse, der Zinsen ...) erfolgreich abwürgte.

Trotz der generell, ab 1938 sogar striktest geregelten Löhne kam es erneut zur Bildung privaten Sparkapitals. Da erfand man den "Volkswagen", auf den man ansparen konnte. Wenn auch vorerst mit diesem Geld Wehrmachtswagen das Band verließen - und nicht ein einziger VW.

Eines der Paradoxa der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik war die auch zwangsweise Senkung der Zinsen ("Brechung der Zinsherrschaft") Damit fehlte nämlich das Instrument, mit dem Inflation bekämpft werden kann - über Verknappung des Geldumlaufs. So konnte der Staat aber seinen eigenen Zinsendienst niedriger halten als angemessen gewesen wäre. Damit hängt ein weiteres Paradoxon zusammen: daß nämlich inmitten eines Wirtschaftsbooms die Geschäfte der Banken schlecht gingen. Sie wurden ab 1935 durch äußerst strenge Gesetze (bis zu 40 % Reserve!) an die Kandarre genommen. Zwar entgingen sie knapp der Verstaatlichung, waren aber nur noch verlängerte Arme der Regierung im Dienste der Kapitalbeschaffung. Private Kredite sanken bis 1936, und die meisten ausländischen Kapitalien wurden abgezogen. Dennoch war die Liquität sehr hoch, was die Rentabilität beeinträchtigte. Wie irrational die Nazis oft vorgingen zeigt auch die Tatsache, daß der gesamte private Bankensektor bei der Liquiditätsbeschaffung der Reichsregierung ... völlig übergangen wurde. Die zusätzlich geschaffenen Geldmittel - die Wechsel - zirkulierten sogar direkt. Damit war eine verrückte Situation erreicht: ein Wirtschaftsboom mit SINKENDEM KREDITVOLUMEN, fallenden Zinsen und marginalen Finanzierungskosten für die Industrie. Dabei hatten die Banken - traditionelle Investoren - beim Wirtschaftszusammenbruch 1929 die Hauptlast der Geldvernichtung getragen, und nur die Reichsbank hatte sie gerettet, indem sie die gewaltigen Aktienpakete erwarb. Der Staat also lenkte nun auch direkt das Geld. Erst ab 1937, langsam, nach Kriegsausbruch aber dramatisch, verbesserte sich die Situation der Banken wieder.

Die dennoch - absolut gemessen - besseren Gesamtwirtschaftszahlen gingen noch bis in die frühen 40er Jahre ausschließlich darauf zurück, daß Reserven der deutschen Friedenswirtschaft wieder genutzt bzw. aktiviert wurden - Kapazitäten, Effizienzsteigerungen, neue Arbeitskräfte etc. Die Landflucht freilich ging dennoch rapide weiter. Sodaß in der Landwirtschaft bald fast 10mal soviele Fremdarbeiter - u. a. aus Polen - per offizieller Arbeitsbewilligung tätig waren als vor 1933. Deutschland war dennoch nicht in der Lage, sich v. a. in den Fetten selbst zu ernähren. Es kam deshalb 1935/36 zu immer stärkerer Kritik angesichts der schlechten Versorgungslage und der hohen Preise. Sodaß Rufe laut wurden, man möge doch wieder zu "freien Marktverhältnissen" (insbesonders in der Lebensmittelproduktion) zurückkehren.

Die Außenwirtschaft drittelte sich im Laufe der 30er Jahre! War also angesichts der absolut steigenden Nachfrage nach Produkten verstärkter Import zu erwarten - wurde diese nahezu völlig aus eigener Produktion gedeckt. Gleichzeitig weigerte sich Deutschland, die Mark - wie Dollar und Pfund z. B. längst getan hatten - abzuwerten. So stiegen rasch die Exportpreise um bis zu 30 %, der Export erlahmte. Die Tendenz zur Abschottung der Nationalwirtschaften - zur Regeneration der angeschlagenen Volkswirtschaften - war in den 30er Jahren freilich weltweit zu beobachten.

Man stellte die industrie u. a. damit zufrieden, als man versprach, die geringeren Außenhandelsmöglichkeiten (auch durch Exportabgaben etc.) durch fettere Preise im Inland wettzumachen. Weshalb die Industrie rebellierte, als der Preiskommissar Gördeler beginnen wollte, die Preise für öffentliche Ausgaben durch Ausschreibungen konkurrenzieren lassen zu wollen. Gördeler kam damit aber auch mit der Ideologie des Nationalsozialismus in immer größeren Konflikt.

Ganz zweifellos wäre ohne Krieg der Tag nicht fern gewesen, wo das deutsche Wirtschaftssystem der staatlichen Lenkung und der Schulden zusammengebrochen wäre. Ohne jeden Zweifel muß man sagen, daß Deutschland in hohem Maß seine gewaltige Kriegswirtschaft auf Kosten der eroberten Länder derartig steigern konnte. Als Beispiel: man kann davon ausgehen, daß das besetzte Frankreich bis zu 50 % seines damaligen Bruttoinlandsprodukts direkt und indirekt an Deutschland abzuführen hatte. Die vielen Millionen Zwangsarbeiter sind ein weiteres bekanntes Beispiel.

1935 gab es immer noch 2,5 Mio. Arbeitslose. So sehr die aus verschiedenen Gründen sofort wirksamen wirtschaftsbelebenden Maßnahmen der regierenden Nationalsozialisten auch im Ausland bewundert wurden.

Von den 27,5 Mrd. Reichsmark, die die nationalsozialistische Regierung 1933-1936 zusätzlich in die Wirtschaft pumpte, dienten fast 21 Mrd. der Aufrüstung - der rüstungsgleichwertige weil strategische Zweck von z. B. Autobahnen nicht eingerechnet. Die Gesamtsumme der Rüstungsausgaben von 1933-1939 dürften bei ca. 60 Mrd. Reichsmark liegen. Deren Anteil am Bruttosozialprodukt kann nur geschätzt werden - von 3-8 % (1934) bis 18-21 % (1938)


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