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Dienstag, 25. September 2012

Devastierte Landschaften

Die Presse bringt ein Interview mit Anna Diamantopoulou, der griechischen Kurzzeit-Minsterin für Wettbewerbsfähigkeit.

Unser Land plagt eine Mischung an Problemen: einerseits der öffentliche Sektor und die Rolle des Staates in der griechischen Wirtschaft, andererseits die Produktionskultur in Griechenland. Zumindest in den letzten dreißig Jahren haben wir nichts mehr produziert. Wir haben nur noch konsumiert. Das ist die Wahrheit. Jetzt muss sich alles über Nacht ändern, und das ist nicht einfach. Aber es gibt Veränderungen: Vor drei Jahren wollten etwa 85 Prozent der jungen Griechen in den Staatsdienst eintreten, heute ist das nur noch für fünf Prozent interessant.

Das braucht keinen weiteren Kommentar. Aus einem bestimmten Grund aber seien noch ein paar Passagen gebracht:

Wir haben schon das Pensions-, das Bildungs- und das Gesundheitssystem reformiert. Was wir nicht gemacht haben – und dafür kann man uns kritisieren: Es gibt noch keine große Steuerreform, und die Privatisierungen verzögern sich. Es ist aber auch schwierig, Investoren zu finden in einem Land, über das jeden zweiten Tag gesagt wird, es stehe vor dem Bankrott oder vor dem Austritt aus der Währungsunion. [...]

Seit Sommer 2010 haben wir Dutzende von Statements von europäischen und nationalen Politikern über Griechenland gehört. Plötzlich ist jeder ein Experte, jeder muss etwas zur Zukunft des Landes sagen. Was oft vergessen wird: All das löst große Reaktionen auf den Märkten und in den anderen Ländern aus, auch wenn es nur an die eigene nationale Öffentlichkeit gerichtet ist. Diese Überproduktion von Statements über Griechenland hat eine polemische Atmosphäre geschaffen. [...]

Ich bin überzeugt, dass Griechenland das Geld zurückzahlen wird. Das ist eine Frage des Stolzes. Dafür brauchen wir aber Luft zum Atmen und Luft, um zu produzieren. Wenn die Wirtschaft nicht wieder anspringt, können wir gar nichts zurückgeben. Wir müssen zuerst Wohlstand schaffen, dann kommt das Geld zurück. [...]

Nur auf zwei Mechanismen sei hingewiesen: der eine ist, daß begreiflich wird, warum Sprechen zur Propaganda wird; der andere deutet den Zwang zur Logik der Systemerhaltung an. Denn der "Rettungsweg" für Griechenland ist der Weg zur Anpassungsoptimierung an den Technizismus des heutigen Wirtschaftens, der dem ganzen Land aufoktroyuiert wird. Und die Bewohner stimmen dem zu, weil sie längst die Fähigkeit und den Willen, ihr Leben zu gestalten, verloren haben.

In diesen Themenkreis paßt auch, was immer wieder über Hilfsmaßnahmen der Weltbank sowie der UNO zu hören ist: Finanzhilfe wird an die Bedingung gekoppelt, eine "moderne Gesellschaft" zu etablieren. Und das heißt vor allem, Empfängnisverhütung, Abtreibung und Akzeptanz der gleichgeschlechtlichen "Ehe" gesetzlich zu verankern.

Nur entwurzelte, dem Leben entfremdete Menschen sind auch systemkonform. Hier, wie dort. Wenn freilich das System kippt, fällt die Last der Beseitigung der Scherben an genau dieselben Menschen wieder zurück.



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