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Dienstag, 25. September 2012

Nachwuchsförderung

Selbst wenn es gilt, bei dem Thema hart zu steuern, um das Makabre, Seltsame nicht ins Geschmacklose abgleiten zu lassen, und diese Grenze ist hauchdünn, soll es aufgegriffen werden: Die Medaillen, die Österreich bei den Olympischen Spielen (der Gesunden) nicht gemacht hat, holt es nun bei den Paralympics, den Olympiaden der Behindertensportler, nach.

Das ist in diesem Land aber kein Wunder. Denn das ganze Land scheint sich seit vielen Jahren auf die Förderung Behinderter zu spezialisieren. Gesetze um Gesetze werden erlassen, die unter dem Stichwort "Schwellenminimierung" Behinderte zu normalen Mitbürgern machen sollen. Ihre Behinderung soll keine Rolle mehr spielen: die Krankenkassen öffnen ihre Börsen weit, und Bewerbungen sollen neutralisiert werden, um spezifische Begabungen objektiv zu erfassen. Österreich ist ein Land der Behinderten geworden.

In der NZZ wird das Thema mit einem lachenden und einem weinenden Auge diskutiert. Denn in der Medaillenbilanz der Paralympics rangiert die Schweiz unter "ferner liefen". Wird dort zu wenig für Behinderte getan?

Viele Präventivmaßnahmen, relativ seltene schwere Unfälle, aber auch das mangelnde Engagement der Schweiz in kriegerischen Konflikten tun das ihre, um relativ weniger Menschen zu haben, die behindert sind. Dazu kommt eine bestens ausgebaute Versorgung mit pränatalen Diagnostikzentren, sodaß Behinderte gar nicht erst zur Welt kommen müssen, wenn die Schwangeren das nicht wollen. (Wiewohl die Schweizerische Akademie für Medizinische Wissenschaften genetische Vorselektion aus ethischen Gründen ablehnt, und seit 2006 sind solche Untersuchungen - wie überhaupt Präimplantationsdiagnostik - auch verboten.)

Durch Erblindung oder Amputationen Beeinträchtigte seien aber - offenbar anders als in Österreich - nach den obligatorischen Krankenhausaufenthalten oft kaum mehr aufzufinden. Und im Krankenhaus selbst solche anzusprechen habe wenig Sinn, so die NZZ, weil die Menschen dort keinen Sinn dafür hätten. Während solche, die an einen Rollstuhl gebunden seien, stärker in die offiziellen Pflegestrukturen eingebunden, und damit leichter ansprechbar wären.

Es fehlt also der Nachwuchs, schreibt die NZZ. Wie man den Satz freilich lesen soll, sei dem Leser anheimgestellt: 

"Die beiden Schweizer Behindertensportorganisationen PluSport und die Sportabteilung der Schweizer Paraplegiker-Vereinigung in Nottwil (SPV) bemühen sich intensiv um die Förderung von neuen Talenten ..."



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