2. Teil) Der Heilige wird Aristokrat
Deshalb ist dem Griechen (und dem
Abendländer) Homers Ilias, das Heroentum die entscheidende
Lebenshaltung. Der Ritter, der Adel wird zum Lebensideal überhaupt.
Während dem Chinesen und Inder - in den Rigvedas und den chinesischen Erzählungen vom alten Reich der Harmonie - die entscheidende Lebenshaltung das Vermeiden von Konflikten wird, und auch hier: eigentlich: wurde, im Gegensatz zur Lebenshaltung in den Vorzeiten, die auch dort Heldengeschichten dokumentieren. Dem Griechen ist aber diese Haltung des Weltharmonisierens der Vernichtung der Welt gleich - wie es umgekehrt dem Asiaten der Kampf wird.
Während dem Chinesen und Inder - in den Rigvedas und den chinesischen Erzählungen vom alten Reich der Harmonie - die entscheidende Lebenshaltung das Vermeiden von Konflikten wird, und auch hier: eigentlich: wurde, im Gegensatz zur Lebenshaltung in den Vorzeiten, die auch dort Heldengeschichten dokumentieren. Dem Griechen ist aber diese Haltung des Weltharmonisierens der Vernichtung der Welt gleich - wie es umgekehrt dem Asiaten der Kampf wird.
Asien beginnt einzuschlafen, weil es einschlafen will. Während das Abendland aufwacht, weil es wach werden will.
Wiewohl beide ursprünglich eine selbe und religiös-metaphysische
Grundlage haben, die auch die Grundlage jeder Religion überhaupt ist: In
Harmonie mit dem göttlichen Willen als das der Welt zugrundeliegende
Gesetz ihres Ganges zu gelangen. Hier ist es aber der Logos in der
Persönlichkeit, dort die praktische Harmonisierung durch Versenkung als
Angleichung an das Weltprinzip.
In Heraklith's
Konzeption wird der Mensch in dem Maß vollkommener, als er sein Denken
und Handeln an die objektive Vernunft anbindet. Die nicht im Vielwissen
(als Wissen von Einzelnem) besteht, sondern in der Tugend, die auf das
Modifizierende, Umfassende, den Sinn geht. Heraklith mündet in die
Transzendenz, er sieht die Beschränktheit des Menschen, erkennt die
Autonomie der sittlichen Persönlichkeit in ihrer Hingestrecktheit auf
den Logos als Auftrag zum persönlichen Adel, mit dem (aus Realismus
unerreichbaren) Endziel des Absoluten, der absoluten Werte und
Tugenden. Aber so nimmt er Teil an der göttlichen Macht (die in vernünftigen Gesetzen überhaupt zur göttlichen Ordnung gerinnt).
(Freilich bleibt ihm die Vollendung nur im
Ruhm möglich, mit dem Dichter als Ruhmesrichter, als Künder und Hebamme,
ja Schöpfer des Fortlebens, weil er das Göttliche in die Welt stellt und im Ruhm festigt. Denn als Teile der Welt sind die Menschen
abhängig von dem "allen Gemeinsamen", woraus sich auch die absolute
Stellung des Gesetzes ergibt.)
Beiden - Orient
wie Abendland - prinzipiell gleich ist zwar auch das Bemühen der
Selbsterlösung in einem pantheistischen Weltbild als Ausgangspunkt, wenn
man so will. Weil ihnen natürlich das personale Prinzip*** eines
inkarnierten Gottes (in der Dreifaltigkeit) fehlt, der sich nur selbst
offenbaren KANN, weil Gott an sich unerkennbar ist. Welch letzteres eine logische Einsicht der fortentwickelten Philosophie wird, die natürlich den Lebensvollzug selbst erhellt. Erst
aus der Dreifaltigkeit wird das Wesen des Seienden verstehbar, schließt
sich auch der Denkbewegung auf - mit der Welt als Analogie Gottes.
Aber
damit ist auch klar, daß sich die abendländische Philosophie und Kultur
in ihrer Richtung auf die Inkarnation Gottes in Jesus Christus - auf
eine Gesellschaft der Königssöhne - hin bewegte, die ihr wie ein
Schlußstein - "in der Fülle der Zeiten" - zupaßte und alles aufhellte.
Ganz im Gegensatz zu den asiatischen Konzepten, so ähnlich oder gar
gleich die metaphysischen Ansätze und Ahnungen ursprünglich auch waren.
Die entscheidenden Umbrüche standen in beiden Erdteilen in einer absolut
vergleichbaren kulturellen Epoche (um 500 v. Chr.): dem Zusammenbruch
der alten, feudal-hierarchischen Lebensordnung.
Es läßt sich bei Heraklith (gerade in der Gegenüberstellung mit asiatischen Religionsentwicklungen)
hervorragend beobachten, wie eine Ethik, die aus der metaphysischen
Grundbewegung des Menschen hervorgeht, Gestalt und Konkretion gewinnt
aufgrund der in der (hier: aristokratischen) Gesellschaftsordnung
ausgebildeten Rangordnung der Werte.**** Die Lebenswerte sind ihrem
Wesen nach mannigfaltig; ihre Schätzung hängt von der Lage der Lebewesen
ab, die ihrer bedürfen und sie genießen, schreibt er deshalb.
***Die entscheidende Rolle der Schuldvergebung sei hier nur angedeutet, aber hier blitzt sie auf. Jacques Lacan übrigens, als nihilistischer Psychoanalytiker, weist in seinen Schriften darauf hin, daß als Ergebnis seiner Untersuchungen für ihn feststeht, daß der Mensch in seinem Tiefsten persönliche Vergebung vom Sein selbst, im Wort, sucht und benötigt.
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