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Freitag, 17. Mai 2013

Bedeutung des Lebens

"Das Gedächtnis macht die Erlebnisse zeitlos, es ist, schon seinem Begriffe nach, Überwindung der Zeit. An Vergangenes kann sich der Mensch nur darum erinnern, weil das Gedächtnis es vom Einfluß der Zeit befreit, die Geschehnisse, die überall sonst in der Natur FUNKTIONEN der Zeit sind, hier im Geiste über die Zeit HINAUSgehoben hat."

Otto Weininger sieht das Gedächtnis an die subjektive Erhabenheit, die Fähigkeit und Anlage zur Geistigkeit gebunden. Je bedeutender ein Mensch ist, umso präsenter ist ihm das Vergangene (nicht: das Zukünftige!), ihm ist alles gegenwärtig. Nur daraus kann dann Pietät erwachsen, und daraus wächst auch das Bedürfnis nach Unsterblichkeit. Das völlig widersinnig an Egoismen oder sonstige Lächerlichkeiten geknüpft wird. 

Insofern ist auch Licht darauf geworfen, wo angesichts des Todes - aus Unfallerfahrungen wird es oft berichtet, auch der VdZ hat solche Personen gekannt, die davon berichtet haben - das Leben plötzlich memoriert wird. Es ist alles an Ereignissen immer da, jedem. Aber es kommt auf das geführte Leben, die erreichte Geistigkeit an, es gegenwärtig zu halten, damit die Zeit überwunden zu haben. Nur wer diese Inhalte seines Leben aber wertschätzt, dem sie eben "immer wichtig" sind, weil er immer ganz in sie investiert war, schätzt das Leben selbst. Deshalb ist der Schrecken des Todes nur dem Bedeutenden bewußt, denn es bedeutet die Gefahr der Nichtung des Wertvollen, des Lebens.

Bedeutung bedeutet eben, daß etwas bedeutend IST. Wem nichts bedeutend ist, der kann auch nicht bedeutend sein. Nur wer im Leben keine Bedeutung findet, hat auch keine "Angst vor dem Tod". Er muß ja erst gar keinen Wert überwinden. Wessen Bewußtsein einfach mit den Ereignissen gleichgeschaltet ist, vergeht mit dieser Ereignishaftigkeit. Weshalb so häufig Menschen zwar viele Ereignisse erfahren - die aber nie zur Bedeutung (für sie) kommen. Nur im Gedächtnis, das direkten Zusammenhang mit Bedeutung hat, kann aber das Leben in eins gefaßt weil in dieses Eine zusammengeführt werden.* Und darin drückt sich aus, daß Wert nur hat, was auch Dauer hat, darin zeigt sich der Untergrund der Tendenz zur Vergeistigung. Weil aber Geist nur weht, wenn und weil eben gerade die Zeitentrücktheit ihn trägt, sind die meisten bedeutenden Menschen unbekannt geblieben.

Deshalb hatte auch, ja gerade (!) Jesus - der Weg, die Wahrheit und das Leben - Todesangst. Auch er war im Maßstab seiner Zeit unbedeutender "Sohn des Zimmermanns".

Weil der Bedeutende aber nicht von der Zeit besessen wird, sondern sie hat, schafft nur er sie, schafft nur er Geschichte. Nicht also die in einer Zeit "Wichtigen" sind (automatisch) die Bedeutenden, weil ihr Tun mit der Zeit vergeht. Das Bedeutende aber wird von einer Zeit so gut wie nie erfaßt, weil es gerade ihren momentanen, zeitgebundenen Gestaltkriterien nicht entspricht.

Deshalb ist der reine Geist, Gott, auch Herr über die Geschichte.**


*Auch von dieser Seite also beleuchtet sich das Geschehen im Internet "als Kommunikation". Weil auch das Hineinheben von zwei Menschen in das Eine - Wesen der Kommunikation - von den realen Erfahrensumständen, die eine "Information" überhaupt erst in die Bedeutung heben können, gar nie getrennt werden kann. Die Art, wie Kommunikation stattfindet, der dabei vorgehende Prozeß, ja der Bewegungsablauf dabei selbst (dazu hier noch mehr in nächster Zeit) ist wesentlicher als Informationsgehalt selbst, weil daraus überhaupt erst Bedeutung entsteht.

Wert hat direkt mit Zeit und Dauer zu tun, und deshalb mit seiner Gestalt. Nur was Gestalt hat, wird in seiner Beziehung zur Zeit erfaßbar - in der Vergänglichkeit, vor dem Nichts also. Damit wird sein Wert aus der Beziehung dieser Gestalt zu einem selbst erfahrbar. Überspitzt formuliert: Die Möglichkeit, eine Aussage wegzuklicken, macht sie in ihrem Wert unbedeutend. Die Möglichkeit sie zu formen macht sie formbar und flüchtig, der eigenen Aussage untergeordnet. Medien sind also keineswegs gleich Medien - ihre Art ist das entscheidende Moment. 

**Das Internet ist also die technizistisch auf Funktion umgebrochene "Vergeistigung" - als schattenhafte Parodie des Geistes, der aber nur im Personalen, Persönlichen existiert. 


*170513*