Betrachten wir einen Farbenkreisel, so können wir beobachten, daß unsere sinnliche Empfindung in Zusammenhang mit der Zeit steht, in der die Sinnesempfindungen gemacht werden.
Dreht sich der Kreisel langsam, so nehmen wir noch die einzelnen Farben wahr, wie sie aufgemalt sind. Dreht sich der Kreisel schneller, und schließlich sehr schnell, so verschwimmen die Einzelwahrnehmungen immer mehr eineinander, und formieren sich zu völlig neuen Farbempfindungen, bis zu violett oder purpur (eine Farbe, die im Spektrum des Sonnenlichts ja gar nicht enthalten ist.)
Dasselbe gilt ja für Stroboskopscheiben, und im Film wird gezielt damit gearbeitet, die Bewegtheit der Bilder ist ja eine Illusion, sie ist immer eine Leistung des Betrachters. Würde wir Wahrnehmung gleichfalls hochfrequenter stattfinden, wäre das das Ende des Films, er würde sich wieder in stehende Einzelbilder auflösen.
Innerhalb seiner Art, ist eine Sinnesempfindung (egal welcher Art) also sehr direkt von der Zeitfolge, den Intervallen abhängig, in der sie stattfinden.
Was zeigt sich darin (und Pálagyi führt solche Beispiele natürlich noch zahlreicher und detailreicher aus)? Daß wir zum einen davon ausgehen können, daß jede Empfindung nicht "einfach" ist, sondern zusammengesetzt. Und zwar auf aus Faktoren zusammengesetzt ... die wir, zweitens, gar nicht kennen, nicht durch sinnliche Wahrnehmung zumindest erkennen können.
Selbst wenn wir - wie im Weltall - unseren Augapfel mangels Schwerkraft noch rascher bewegen können als auf der Erde, also eine weit höhere Sehfrequenz errreichen, verändert sich bestenfalls der Sinneseindruck, aber die Sehempfindung selbst erweitert lediglich ihre Grenzen, kann sie aber nie ablegen. Ähnliches gilt von der Hochfrequenzphotographie. Fazit: Was immer wir sehen bleibt ein Geheimnis, es bleibt eine gemischte Sinnesempfindung aus pulsierenden, aber intermittierenden Wahrnehmungsprozessen.*
Gleiches gilt aber sogar von den Vorgängen selbst - Wärme, rot, gelb, kalt, usw. Sie entstehen in Wirklichkeit durch das Zusammenfließen grenzenlos vieler Teilvorgänge, die uns unbekannt bleiben, weil wir nicht in der Lage sind, grenzenlos viele einzelne Wahrnehmungsakte zu setzen.
Wir empfinden also ein Integral, als stufenweise Summation, nicht aber die Einzelstufen dazwischen, die bleiben uns immer unbekannt. Das Vorgehen "vor unseren Sinnen", das Empfindungsobjekt also, bleibt uns in seinen Vorgängen empirisch immer verschleiert, wir können uns ihm nur asymptotisch (in der Wissenschaft) bzw. geistig nähern.
Es ist zwar richtig, daß wir mittels Symbolen Rechenschaft geben, was wir erleben, und daß wir "rot" erlebt und mit einem Symbol in zusammengebracht haben müssen, um es als "rot" zu erkennen. Aber niemals kann ein Symbol absoluten Ersatz für eine Empfindung "rot" liefern. Der Empirismus drückt damit nicht aus, daß die Empfindung einfach ist, sondern daß sie so komplex zusammengesetzt ist, daß wir sie sprachlich bzw. durch Erklärung niemals erschöpfen. Wir müßten analog zur grenzenlosen Zusammensetzung der Empfindung grenzenlos viele sprachliche Sätze bilden.
Sprache und logisches Denken sind unfähig, auch nur eine einzige Empfindung zu erschöpfen. Man kann den Empfindungen zwar Namen geben, und muß das auch tun, aber man tut es, um über sie ALS Komplexe überhaupt nachdenken zu können.
Gleichzeitig kann von Zeit nicht abstrahiert werden, weil Zeit bzw. Zeitdauer zum Wesen der Empfindung untrennbar dazugehört. Empfindungen sind Ereignisse, die in der Zeit verlaufen, und sind deshalb keinen Moment die nämlichen, die sie im Moment davor waren, d. h. sie fließen aus grenzenlos vielen uns unbekannten Elementarvorgängen zusammen.
*Sind Wahrnehmungs- bzw. Empfindungsreizungen zu intensiv, und zwar zeitlich gesehen zu dicht, werden sie auch nicht mehr klassifizierbar bzw. verlassen das Klassifikationsschema, obwohl sie ihrer Natur nach, nur der Zeit nach nicht, gleichbleiben. Sie werden sogar schädlich oder unerträglich oder zumindest unangenehm.
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