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Freitag, 24. Juni 2016

Auch das ist Irrtum über die Ehe

An die zuletzt so viel Rauschen verusachenden Papstworte über die Ehe müßte man noch viel anhängen. Denn ebenfalls von größter Eigenartigkeit ist eine kolportierte Äußerung, er empfehle in den Ehevorbereitungskursen, die jungen Menschen nicht zur Ehe zu "drängen". Die überwiegende Mehrheit der jungen Menschen lebten heute ja schon zusammen, ehe sie heiraten. Aber man müsse sie (u. a.) an die Verpflichtung zur Treue "heranführen". 

Das ist deshalb eigenartig, weil es eine psychologisch begründbare Tatsache ist, daß das Zusammenleben von Paaren ohne Trauschein die Disposition zur Ehe - also die eigentliche Ehefähigkeit - mehr und mehr schwächt. Nicht zuletzt, weil es das Zusammenleben auf einen Nutzen reduziert, von dem sie erfahren, daß es ihn scheinbar ja auch ohne Ehe gäbe.

Ehe läßt sich nämlich auch nicht - und das müßte man auch "sehr katholischen" Mündern kräftig um diesen schmieren - in ihrem Gelingen an "Erfolgen" festmachen. Auch nicht an "Treue" oder "Unauflöslichkeit". Gerade das nicht-eheliche Zusammenleben läßt noch dazu eine Komponente wachsen, die den Unwert der Trägheit, der Gewohnheit auf eine Weise stärkt, die auch nicht verheiratete zwar scheinbar eine "gelungene Partnerschaft" leben läßt, ohne daß das Wesentliche der Menschwerdung durch die Ehe aber - und anders geht sie nicht vor sich - sich vollzieht, ja, es wird sogar immer unwichtiger, weil das Erfahren der ontologischen Wahrheit der Ehe immer mehr geschädigt, vom "gewachsenen Fleisch" überlagert wird.

Im Gegensatz zu diesem unseligen Trend, den der VdZ nach Eindrücken kirchlicher Gedankensammlereien (an deren einigen er aus Interesse im letzten Jahr teilgenommen hat) festzustellen meint, die Ehe wieder in eine ruhige Selbstverständlichkeit, als erste und logischeste Tatsache darstellen weil begreifen. Sie aus dem Eck, in das man sie neuerdings schieben will - eine moralisch-geistige Höchstleistung zu sein - herausholen, und zwar schleunigst! Ja, es mag sein, daß heute viele Ehen nicht "halten", daß die Partner auseinandergehen, den Hut draufhauen, usw. usf. 

Aber auch das hat viel mit den hier bereits dargelegen Gründen einer ontologisch zwar wirkenden, in der Realität sehr aktiven Grundlage des Zueinander von Mann und Frau zu tun, die aber nicht mehr zum Wort gehoben wird. Weshalb das Scheitern vieler ehelicher Lebensgemeinschaften (als: Auseinandergehen) mangels gedanklicher Durchdringung (es bleibt bei dumpfen Gefühlen, wobei Männer aus Scheidungssituationen erstaunlich häufig die wahren Gründe sehr gut erkennen: Zerstörung der hierarchischen, und das heißt auch:real einzig funktionierenden Ordnung) keineswegs ein "Scheitern der Ehe" ist, sondern ihre extremste Form. 

Denn die Ehe löst sich mit einer Scheidung ja nicht auf. Sondern sie wirkt weiter! Was also dringend not täte wäre eine klarere Herausarbeitung und pastorale Aufarbeitung einer "Theologie der getrennt lebenden Eheleute". Die nach wie vor im Fleische verbunden bleiben, die nach wie vor eine Schicksalsgemeinschaft bilden, deren je einzelnes Leben nicht ohne Bezug zum (nicht anwesenden) Partner gesehen werden kann. Unter Umständen, ja vermutlich sogar immer, wird solcherhart getrennt Lebenden die (ontologisch begründete) Wirklichkeit der Ehe überhaupt erst bewußt.

Paaren, die vor der Eheschließung bereits zusammenleben, müßte also geraten werden, so rasch als möglich zu heiraten! Oder auseinanderzugehen. Evtl. kann ein Außenstehender sogar bei der Prüfung des Partners helfen, denn auch das wird durch das faktische Zusammenleben nicht besser, sondern schlechter möglich. Bei solchen Paaren wird also das Urteil Außenstehender immer wichtiger, statt wie heute vermeint weniger wichtig, denn sie werden zwangsläufig unfreier. Es ist ein furchtbarer Irrtum, der aber oft zu hören ist, man würde immerhin den Partner besser kennenlernen. Nein, das tut man nicht! Man lernt nämlich einen Menschen kennen, der durch die Ehe aber ein anderer wäre. Denn jeder Mensch ist immer Mensch in einer Situation, nicht "neutral-funktionalistisch". Ein gewisses Risiko ist der Ehe also nie zu nehmen. Sie verlangt immer einen Aspekt der ungekannten Zukunft, der Hoffnung und des Mutes zur Insecuritas, der Grundbedingung allen Schöpferischen. In gewissem Sinn ist jede Institution (=Kultur) auch eine Erziehungsanstalt, eine Macht der ich mich in gewissem Vertrauen auf die Tradition ausliefere ohne sie je genau zu kennen, und auch die Ehe gehört dazu. Aber das tut sie schon auf der bloßen Naturebene, nicht erst durch das Sakrament.

Auch bedeutet Ehe damit zu leben, daß der andere Fehler hat, die ich unter Umständen erst in der Ehe kennenlerne. Es ist ein katastrophaler Irrglaube zu meinen, daß die Ehe dann das Paradies wäre oder zu sein hätte. Es ist ein katastrophaler Fehler, die Ehe wie eine moralische Höchstleistung darzustellen! Sie ist der einzig mögliche Weg zur Sittlichkeit, und wo sie es nicht in der Geschlechtsgemeinschaft tut, tut sie es in metaphorischem Sinn. Und es ist hier wie anderswo: Das Amt mach den Minister. Die Ehe macht den Mensch. Nicht umgekehrt.

Sie erspart einem nichts, buchstäblich: nichts. Sie ist Fegefeuer, so wie es das Leben auf Erden eben ist. Geht man dies aber durch, so bedeutet sie eine Stufe der Reife der Selbstwerdung, die ohne sie gar nie möglich wäre. Auch durch kein Seminar. Eine Reifung zur Ehe außerhalb der Ehe gibt es also gar nicht. Die Ehe ist vielmehr der definitive kultische Akt zur Reifung jedes Menschen zu sich selbst. Ihre Wirkungen sind immer überraschend, nie vorhersehbar, und sie müssen das sogar sein, will sie nicht zu Mummenschanz und Totenreigen erstarren.

Sie führt auch zu eine Reife des Umgangs mit Fehlern des anderen, die wohl schwer wiegen, aber eine Ehe gar nicht sprengen können. Die Dramatisierung von Eheverfehlungen ist oft deshalb völlig fehl am Platz, und hat nicht selten fragwürdigste Gründe. Damit ist auch die fallweise Untreue eines der Partner gemeint.* Selbst wenn eine Trennung (von Tisch und Bett) nötig sein kann, bleiben beide einander in Sühnegemeinschaft für- wie aneinander.

Noch dazu gilt dies, wo mit dem vor- und nichtehelichen Zusammenleben in der Regel ein ganzer Rattenschwanz an weiteren Verstößen gegen die eigene Natur verbunden ist, wie Verhütung ("so lange wir nicht verheiratet sind"), deren seelische Schädigungen gewaltig sind weil sie den Menschen in die exakte Gegenrichtung formen, die eine Ehe bedeutet: die ein "Hinaus" ist, während die Vorehelichkeit ein "Hinein"² darstellt.**

Ganz sicher also kann man solchen Paaren nicht raten weiter zusammenzuleben und zu warten, bis sie reif genug sind, die "Konsequenzen einer Ehe" bewußt zu erkennen. Die Hürden aus seelischen Fehlbildungen, die sich daraus aufbauen, werden immer unüberwindlicher, weil einer solchen Verbindung die erste, grundlegendste seelische Richtung fehlt.*** Das zu raten hieße nichts anderes, als sie auf einen Weg zu schicken, der nach außen (weil so eheähnlich) kaum noch von einer Ehe zu unterscheiden ist und deshalb die Selbstverständlichkeit einer Ehe - und das ist fast ihre allererste Bedingung für Gelingen - immer weiter durch seelische Wunden überlagern. Denn Vorehelichkeit ist eine Wunde an der Seele, nicht nur eine moralistisch gefaßte "Sünde".

Parre, die ohne Ehe zusammenleben, schädigen damit ihre Natur, und sie tun es täglich mehr. Darauf aufzubauen wird damit immer schwieriger.




*Im Film "Mondsüchtig" findet sich dazu eine entzückende Passage, vielleicht die schönste dieses (sowieso sehr schönen, ernst-wahren und dabei heiteren) Films: Als die Mutter der Proponentin den untreu gewesenen Vater in der Situation allgemeiner Klärung - in der Küche - zur Rede stellt. Der berührende, unsentimentale Dialog schließt mit dem Satz: "Und geh beichten!" Er nickt daraufhin.

**Übrigens ist es für viele Eltern ein schrecklicher Zustand, in ihrem Bemühen um die Kinder von der kirchlichen Verkündigung nicht nur nicht gestützt, sondern sogar noch hintergangen zu werden. Wenn die Kirche so weitermacht, wird sie in ihrer faktischen Realität noch - wie die Schulen - zu Feinden der Eltern. Und ihre "Pastoral der Ehe" zum blanken Zynismus.

²Die absurde Pädagogik der Gegenwart - die dieselbe Per-/Invertierung sogar als pädagosiches Ziel formiert hat (nicht ganz erfaßt, aber ungefähr mit "Narzißmus") - ist ein weiterer Grund, warum so viele Menschen im Natürlichen eheunfähig werden. Bei vielen anderen Fällen ("Prinzessinnensyndrom") wäre nur eine institutionell-rechtlich extrem starke Ehebande Gegenmittel für eine "gelingende" Ehe und Familie. Denn solche Charaktere brauchen viel "Herrschaftsgewalt" - sie wünschen sie übrigens meistens auch, nur "woanders", etwa in der Politik. Das "Einzelkind" als Norm ist ein Fluch, eine schwere Bürde für eine Gesellschaft.

***In besonderem Maß sind Frauen, die nicht-ehelich (promiskuiv) sexuell leben, in den allermeisten (wahrscheinlich: allen) Fällen definitiv aus psychischen Defekten, die dieser Lebensweise zuzuschreiben sind, eheunfähig. Promiskuität (also: außereheliche Sexualität) wirkt sich auf die Seele der Frauen desaströs aus. Das ist tatsächlich bei Männern anders, wenn es ein gewisses (individuell bestimmtes, persönlichkeitsabhängiges) Maß nicht überschreitet.





*190616*