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Donnerstag, 30. Juni 2016

Wenn das Land mehrheitlich Müllplatz wird

Wer nach der britischen - demokratischen! - Entscheidung den Medienwald betrachtet kommt aus dem Staunen nicht heraus. Denn es macht staunen, mit welcher reflexartigen Geschwindigkeit, mit welcher Ausnahmslosigkeit sich die Medien nun auf der Seite der EU-Befürworter sehen. Das widerspricht nicht nur direkt dem journalistischen Ethos, sondern das macht ihren weiteren Absturz in die Bedeutungslosigkeit als Forum des kollektiven Narrativs vorhersahbar. In einem wahren Ruck sind sie nunmehr Partei, und nur unter Parteigängern werden sie noch Leser finden. Der erste deutlcih wahrnehmbare (den die Vorgeschichte ist lang, sehr lang, aber die Oberfläche schien alles noch zu verkraften, aber - siehe: kritische Systeme ...) Erdbegenstoß für die Medien war die Ukraine-Berichterstattung, dann folgte (neben weieren kleineren Beben) der Tsunami der "Flüchtlingskrise 2015", um nun im "Brexit" den finalen Erdbebenstoß zu erhalten. Der Brexit ist das Ende der EU-Mitgliedschaft Großbritanniens, er ist aber auch das Ende der Medien. Requiescant in pace.

So verlockend es sein mag, dem selbstkreierten Nimbus nachzugegen - sie haben nun definitiv "die Hosen runtergelassen". Die Versuchung war zu groß, sich nicht auf jene Seite zu stellen, die die Gescheiten, Gebildeten und vor allem Demokraten umfaßt. (Man lese dazu den sehr guten Artikel von Nicolaus Fest über den "narzißtischen Journalismus")

Eine Kategorie, die sie selbst als solche geschaffen weil begrifflich-inhatlich etabliert haben: als Zukunft, die nun von den "Alten", Rechten, Faschisten, Populisten und allen überigen Kukurruzbären und v. a. Medienverächtern verhindert wurde. Aber die Menschen folgen ihnen nicht mehr. Nun bleibt nur noch vernichtender Haß. Einen Gipfelpunkt solcher Gegnerbeschimpfung liefert dabei die FAZ mit einem Artikel von David Schalko, auch wenn sie sich hinter diesem Gastartikel versteckt und mit letzter Kraft verbergen soll, daß man getreu der Medea das Kind, das man nicht haben kann, eben nun tötet. Und einen Bruch in die Gesellschaft trägt, als neues Narrativ, in dem sich deren Reform immer mehr unmöglich weil zur Systemfrage - alles oder nichts" - macht.

Gekränkt reagiert nun eine Journaille in Rundumschlägen mit wüsten Beschimpfungen aller, die ihr nicht mehr folgen. Eine Journaille, die nicht einmal mehr das Naheliegendste, Vernünftigste sehen konnte: Daß eine Institution, die umgekehrt proportional zu ihrer immer offensichtlicheren Handlungsunfähigkeit ihre unumstößliche Dogmatisierung verlangt hat (und ihr Heil in einer immer rascheren Flucht nach vorne, egal wo das liegen soll, sucht), den Glauben an sie selbst auflöst. Da muß es einen prinzipiellen Konstruktionsfehler geben, wenn jemand 15, 20, 25 Jahre behauptet, daß Essig den Wein versüße, und weil das nie eintritt immer noch mehr Essig zugibt, ja schließlich Ersatz des Weins durch Essig verlangt, und alle des Rebellentums bezichtigt, die schreien "der Wein wird immer saurer!". Dann sollte man sich doch zumindest fragen, ob nicht ein anderes Ingredienzium angebracht wäre. Wenn aber nicht einmal das geschieht, muß man damit leben, daß man an eines prinzipiellen Problemlösungskraft mehr als zweifelt. Diese prinzipiellen Fragen aber haben die Medien nie zu stellen gewagt. Egal welche Rechenoperation angestellt wurde - das Ergebnis stand apriori fest: Das Establishment mußte das Establishment bleiben. Und sie Teil davon.

Der erwähnte Artikel benennt die politischen Ereignisse, die sich in ganz Europa bereits abspielen, zumindest abzeichnen, deshalb "Haß auf die Emporkömmlinge". Worin sein Autor (selbst Emporkömmling) in gewisser Hinsicht tatsächlich Recht hat. Er wird (im tiefsten Inneren) auch wissen, warum er das so klar fühlt. Niemand hat klarere Kenntnis der Motive der Gegner als jener, der ihnen das zugefügt hat, wogegen sie sich nun wehren, das ist eine wertfreie, neutrale Aussage. Der Regisseur und Autor David Schalko war und ist seit Jahrzehnten ein Liebkind des linken Establishments, dem er Arbeitsbedingungen verdankt, von denen die meisten nur träumen können. Für ihn stünde bei einem umfassenden Regiemwechsel viel auf dem Spiel.² 


Er zeigt deshalb eine logische Reaktion - die der Emporkömmlinge, die sich gegen die Gefährder ihrer Position wehren. Die querfeldein und in allen Bereichen des Lebens, wo immer ein Ort usurpiert wird, so reagieren: Sie erklären im Namen höherer, universaler, absoluter Mächte die Grundlagen des anderen, ja diesen selbst für illegitim, und versuchen seine Gestalt - seinen Ort - aufzulösen. Am einfachsten geht das, indem man sie zu Verbrechern stempelt. Rechtsradikal. Nazis. Schwachsinnige. Hasser. Zerstörer. Faschisten. Unanständige. Rssisten. In jedem Fall: Keine Menschen, also Rechtlose. Müll.

Ein Wertekatalog, den die Linke - und das Establishment der Gegenwart ist links vom Kopf bis zur Sohle - nur allzugut kennt, man darf die Frage stellen: Woher ...? Immerhin erkennt man das Andere an sich selbst. Denn was sie unter vielfältiger Verdrehung und Simplifizierung der Wirklichkeit seit den 1970ern geschafft hat war und ist, die Macht zu usurpieren. Ein ontologisches Unrecht, das als Gewissenslast nicht einfach wegzuredne ist, und das man vor allem einmal entschulden muß!

Und sie tat es auch nicht einfach "über den Weg der Institutionen", sondern durch eine Umfärbung und Vernebelung der Wertehorizonte des Volkes, über die Beherrschung und Veränderung der InstitutionalisierungsWEGE. Da war auch "Demokratie" oft recht nützlich. (Nun, wo sie nicht mehr so nützlich ist, wird sie ja zur Gefahr. Dazu später.)

Nur so, über Beherrschung der Apparaturen (und dem Beitritt zum Club der Beherrschenden), konnten sie emporkommen, und sich den mühsamen Parcours durch die Wirklichkeit ersparen, die sie mit einem ganz anderen Platz versehen hätte. So konnte Gesellschaft, Volk, Staat "ent-ontologisiert" und zum Luftballon werden. Der freilich nur so lange in der Höhe bleibt, als die Luft von unten bläst.

Ein Land nach dem anderen wurde so zur Funktionärsapparatur umgebaut. Das hat lange funktioniert, aber nun bricht die Realität ein. Und sie selbst ist es, die als "anti-links" gesehen wird, denn die Linke ist per se Wirklichkeitsverweigerung udn sie funktioniert nur, solange sie es schafft eine geschützte Atmosphäre zu schaffen, von der nicht auffällt, daß sie von Realitäten lebt, die ihr widersprechen. 

Und mit einem mal ist der, mit dem sich die Linke immer legitimiert hat, in dessen Namen sie offiziell antrat - der einfache Mensch, der einfache Arbeiter - zum Feind geworden. Mit einem mal? Nein, er war nie mehr als eine Manövriermasse eben jener, die Schalko als "Emporkömmlinge" bezeichnet - einer auf Funktion aufbauenden Schichte, die nicht war was sie wollte, sondern eroberte, was sie gerne gehabt aber in einer freien Welt nie erreicht hätte und hat.

Daß wie im amerikanischen Traum der Mythos verbreitet wurde, daß nun alle alles erreichen könnten, war da leicht zu verkraften. Jeder Mensch mit auch nur einem letzten Rest von Verstand wußte ohnehin, daß das eine Lüge war. Genau diese Schichten aber folgen nun nicht, läßt man sie wirklich einmal demokratisch entscheiden. Plötzlich erweist sich Demokratie als genau das, als was sie von allem Anfang an von der Linken gesehen wurde: Als Vehikel an die Macht. Dann ist sie obsolet geworden. Mitbestimmung? Pardon, das war nie so gemeint.*

Die Befreiung der Volksmassen aus der Diktatur des Kapitals, die Rückgewinnung ihrer Selbstständigkeit endete in Massenarbeitslosigkeit, Frauen an den Registrierkassen der Supermärkte, und einer Entmenschlichung der Arbeit, unter der allen Studien gleichermaßen zur Folge bereits mehr als die Hälfte der Arbeitenden schwer leiden, während die letzten Impulse zu freier wirtschaftlicher Betätigung - Mittelstand - in Mutlosigkeit erstickt sind.

Noch nie war eine Jugend so angstvoll, vermaßt und kollektiviert wie heute. Angst beherrscht überhaupt das gesellschaftliche Klima. Und über allem schwebt das Damoklesschwert, daß ein solcher Staat eigentlich gar nicht zufinanzieren ist. Weshalb die Linke folgerichtig as Rezept verkündet, Geld einfach wegzuzaubern, abzuschaffen, Schulden in neuen Visionen hokuspokus in Luft aufzulösen. Was kümmert uns die Wirklichkeit solange wir noch irgendwo ferne Planeten haben, auf die wir sie abschieben können?

Die neuen Müllhalden sind anonym und virtuell. Sie sind die, die "nicht für uns sind". Man darf sie ruhig verbrennen. Wer nicht für uns ist - gehört gar nicht dazu. Müllhalden gehören eben nicht zur Welt, sie sind Orte, die nicht zur Ordnung passen. Man könnte durchaus darüber nahdenken, was die sich real die Flächen vermehrt habenden Flächen von vermüllten Gebieten damit zu tun haben. (Die Energiewende ist ein Beispiel, mit welcher Leichtigkeit ein ganzes Land zum Müllplatz wird, indem man ihm seine Ordnung raubt, durch eine neue Ordnung überlagert, die sich nicht in das Gegebene fügt - das Gegebene ist deshalb Müllplatz, verzichtbar, lästig.) Die Brexit-Abstimmung zeigt einmal mehr: Ein ehemalige Mehrheit bemerkt, daß sie in die Minderheit gerät, daß sie die Macht zur Ordnung verliert, und erklärt den Rest der Welt zum Müllplatz

Erst die Landschaften, und nun die Menschen, die bestenfalls zu Objekten eines "social engineering" werden, die man leider verabsäumt hat, rechtzeitig und "richtig" zu manipulieren. Was bei der Jugend freilich schon weit besser funktioniert, die man nach Auflösung der Familien ja schon fast ganz in der Hand hat. Wie nannte es einmal jemand? Man müsse die "Lufthoheit über die Kinderbetten gewinnen". Das ist gelungen. Wenn endlich also die Älteren ihre Verantwortung wahrnehmen würden, um die Jungen zurechtzuweisen, und das zu tun was ihre Aufgabe ist: Politische Entscheidungen zu treffen, dann wäre dieser Brexit fast ein Silberstreif am Horizont des Jugendwahns der Gegenwart. Jugendliche Unreife hat noch nie politisch richtig entschieden. Deshalb wollte ja die Linke (und will es noch weiter) das Wahlalter beständig senken. Heute zählt die Stimme eines 16jährigen Pubertierenden gleich viel wie die eines lebenserfahrenen, reifen, klugen 60jährigen.

Auf David Schalkos haßerfüllte Entladung** - die freilich nicht von der Art ist wie jene des Cheflobbyisten der EU (was ist das?) Richard Kühnel, vor der man sich regelrecht fürchten muß, denn tatsächlich: das erkennt man als "Denkweise" der EU-Proponenten, das beweisen auch die Medien derzeit - trifft das nicht weniger zu wie auf diese kollektive Reaktion einer Machtelite, die nun bemerkt, daß ihre Macht am Schwinden ist, was sich in einem ausgezeichneten Kommentar auf ortner.online findet. Wo Werner Reichel exakt beschreibt, was sich nun abspielt: Eine Linke, die bislang in einem regelrechten Paradies lebte, deren Ideen und Politik ein einziges Fabuliermärchenland war, erlebt nun einen Rückschlag der Realität, der sie überrascht. Und auf den zu reagieren ihr die Instrumente fehlen. Sie erlebt sich als hilflos. Da bleibt nur Haß und aggressive Abwehr. 

Der VdZ erlaubt sich, einige Passagen daraus zu bringen.

"Die einst bewehrten Argumente, Lügen, Manipulationen, moralischen Erpressungen und Drohungen haben sich abgenutzt, immer mehr enttäuschte Menschen wenden sich von der Linken ab. Noch sitzen die Eurokraten, Gutmenschen und all die anderen Apologeten der politischen Korrektheit an den Schalthebeln der Macht. Nach dem Marsch durch die Institutionen besetzen sie die wichtigsten Posten in Universitäten, Gerichten, Ämtern, Vergabestellen, Schulen, Redaktionen, Kultureinrichtungen, Museen, Ministerien etc. Trotz dieser Machtfülle, dieser landes- und europaweiten Netzwerke gerät man immer öfter in die Defensive, man bringt seine „progressiven“ und gesellschaftszersetzenden Pläne immer seltener durch.
 
Eine für Linke eine völlig neue Situation. Es war für sie jahrzehntelang völlig selbstverständlich sich fast immer und überall unter ihresgleichen zu sein. Linke Ansichten sind zu allgemeinen Wahrheiten aufgestiegen. Wann immer ein Linker den Fernseher aufdrehte, die Zeitung aufschlug, ins Kabarett oder Theater ging, sich ein Buch kaufte oder sich eine Vorlesung anhörte, in 95% der Fälle wurde er in seiner Meinung bekräftigt.

Sehr viele Linke haben diesen für sie paradiesischen Zustand nie als solchen begriffen. Im Gegenteil.  Sobald in der linken Medien- und Kulturwüste ein zartes liberales oder konservatives Pflänzchen aufblühte, wurde es so schnell als möglich zertreten, jeder der aus dem engen politisch korrekten Meinungskorridor ausscherte, wurde sofort als Geisteskranker, Idiot oder Nazi verunglimpft und marginalisiert. Der typische Linke sah sich stets von Kapitalisten, Neoliberalen, Nazis, Heteronormativen, Katholiken, Unternehmern, Leistungsträgern, Spießern und andern üblen Gesellen verfolgt und bedroht. Eine lächerliche Attitüde von Menschen, die es sich im linken Nanny-Staat bequem eingerichtet haben und sich von ihren „Feinden“ aushalten lassen." (cit. Werner Reichel)





*Tja, und auf eine Weise hat die Linke darin sogar Recht. Sie hat halt einfach frech gelogen, teils wußte sie es tatsächlich gar nicht (wie es eben bei Emporkömmlingen ist: Sie kennen nicht die Last, die aus Verantwortung entsteht, und "Wirklichkeit" heißt; sie bedienen sich nur selektiver Mechanismen, getreu einem mechanistisch-reduktiven Wirklichketisbild) und damit gewunken. Wohl wissend, daß im Ernstfall die Wirklichkeit eines Volkes ohnehin anders gestaltet werden muß. Daß ab dem Moment, wo die Linke an der Macht ist, ihr Marsch durch die Institutionen (und die Kultur) siegreich war, andere Mechanismen - aus dem Steinbruch der Konservativen und "Reaktionäre" geholt - etabliert werden müssen. Und tatsächlich, die Konservativen gingen auf den Leim, und  wurden eifrige Helferlinge der Linken. Daß diese Geschichte von der Mitbestimmung sich verselbständigt hat, nun von vielen wörtlich genommen wird, gehört ins Kapitel der "Ironien der Geschichte".

²Dabei wäre das wohl für Schalko selbst - als Künstler - das Allerbeste. Denn er ist keineswegs völlig talenfrei, aber er konnte in einer ganz ersten, grundlegenden Eigenschaft nie reifen: Der des Erzählens. Schalko hat nie lernen müssen, zu erzählen. Er kann es deshalb bis heute nicht. Er bebildert, illustriert, durchaus mit Geschick, aber er kann keine Geschichte erzählen. Dazu braucht es nämlich etwas ganz Fundamentales: das gewissermaßen innere, gestalthafte Zentrum namens SINN.  Originärer Standpunkt zur Welt. Eine Frage der Reifung als bzw. zum Künstler, die mehr Wirklichkeit (weil Sterben!) braucht, als Schalko je hat erbringen müssen. Aber das ist ein Problem des gesamten (!) österreichischen Films, ja des gesamten dramaturgischen Schaffens und Rezipierens in diesem Land, das aufgrund der Strukturen des Establishments ideologieverseucht ist wie Tschernobyl am Tag nach der Reaktorexplosion radioaktiv war. Ideologie aber gibt das "Ergebnis" vor, gibt die Wirkungen vor. Damit ist organische dramaturgische Entwicklung, ein freies Spiel des Seins, völlig unmöglich. Alles wird nur noch zur Illustration. Und die Folgekünste (beim Film ist es das Schauspiel) werden mit in den Abgrund gerissen.

**Man könnte der FAZ volle bsicht zuschreiben. Schalko hat als gastoautor etwas gemacht, wou der FAZ selbst der Mut fehlte, das ihr nun aber erlaubt, sich selbst zu distanzieren, das eigene Kleid unbefleckt zu halten und abzuwarten, wohin sich der Wind nun gedreht hat. Denn das ist vielen momentan noch nicht klar.





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