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Donnerstag, 30. Juni 2016

Reformen, nicht Veränderungen!

Es ist nicht uninteressant, daß mittlerweile die verfassungsrechtlich verankerten letzten Reste ständischer(Bauernbund, Arbeiter- und Angestelltenbund, Wirtschaftsbund, in gewissen Grenzen auch: Gewerkschaft) und föderalistische Organisation Österreich (in Form der Landeshauptleute und vor allem des Bundesrates) unisono und vor allem von liberaler Seite als "Hindernisse einer Reform" gesehen werden. Denn das ist eine glatte Lüge. 

Reform kann nämlich nicht heißen, eine neue Staatsorganisation auf die Beine zu stellen, sondern einmal auf den Tisch zu legen, wie Österreich prinzipiell organisiert IST, um dann diese organe wieder neu zu beleben! Andernfalls muß man von Revolution sprechen, und das scheint ja in der Tat gemeint zu sein, wenn der neue Bundeskanzler der Republik von Veränderungen spricht, die durch die Strukturen des Landes "erschwert" würden. Dabei ist das genaue Gegenteil wahr. Vielmehr sollte sich die Bundespolitik endlich darüber im klaren werden, daß es ganz bewutß und gezielt gar nicth zu der Situation kommen sollte, daß eine Zentralmacht so viel Agenden kumuliert, daß sie "viel verändern" KANN. Nicht zumindest auf einer nicht direkt und nur von einer Zentralmacht zu lösenden Ebene, wie Zentralrepräsentation, Staats-Außenpolitik und Militärmacht. Es war von den Gründervätern der Republik GEWOLLT, daß der Bund gar nicht mehr Agenden zu lösen erhält. Denn die Grundidee Österreichs ist föderalistisch, ist ständisch, ist subsidiär!

Und dazu schuf man das, was mit vollem Recht verhindern sollte, daß sich eine zentralistische Macht entfaltet, die schaltet und waltet wie sie möchte. Eben diese bündischen und föderalistischen Strukturen sind gewollte Verhinderung zentraler Politik, deren allmähliche, jahrzehntelang schon dauernde Austrocknung auch die Hauptgründe dafür sind, daß sich eine reine Parteienwirtschaft entfalten konnte, deren Merkmal eine ideologische Abstraktion ist, in der Ideen um ihre Durchsetzung streiten. 

Die Idee der Verfassung (als Dokument der Verfaßtheit) Österreichs ist aber anders. Sie kennt nämlich noch die Wahrheit über Mensch und Wirklichkeit, sie entstammt dem Wissen, daß sich Politik am realen, vielfältigen und komplexen, immer aber persönlichen Leben der Menschen orientieren muß. Nicht an Utopien, nicht an Zukunftsentwürfen, die alles um ideologische Richtlinien schart und in Gleichschaltung danach ausrichtet.

Deshalb ist auch die Idee einer stärkeren direkten Demokratie via Volksentscheide eine Tautologie! Denn diese Mitbestimmung der Menschen zeigt sich eben in Föderalismus und ständischen Bünden. Wenn man also das Land reformieren möchte, so wäre es die allererste Pflicht der Regierung der Republik als Rahmen wie Ideenebene des Ganzen, diese regionalen, persönlichen Strukturen ZU STÄRKEN - nicht, sie zu ersetzen. In ihnen hat der Idee nach das Volk nämlich mehr mitzubestimmen, und zwar persönlich und direkt (nicht über einen Wahlzettel, der wieder nur auf abstrakte Ideen zugreifen kann), als es jede zentralistisch verwaltete Staatsorganisation je vermag.

Gerade die Politik der letzten Jahrzehnte hat diese Zentralisierung Österreichs in bis dorthin lungekanntem Ausmaß vorangetrieben. Der Bund hat fast alles bereits an sich gerissen, dabei das Grundprinzip jedes Staates - die Subsidiarität - so weit ausgehöhlt, daß es nur noch als "persönlicher Widerstand" erscheint, wenn einzelne Landeshauptleute oder Bündevorstände die letzten Reste dieser Strukturen verteidigen möchten. Was im übrigen als rein subjektiv motivierte "Gier nach Macht" verleumdet wird. Ein Chor, in den mittlerweile auch schon fast jeder einstimmt, weil kaum noch jemand begreift, auf welchen Fundamenten dieses Land Österreich überhaupt beruht. 

Diese bis in jedes Dorf hinein vorhandenen Institutionen wurden stattdessen und schon lange als reine Hilfsorganisationen der Zentrale mißbraucht. Sogar die Landesparlamente sind zu Dekor verkommen (In Niederösterreich regeln sie gerade noch das Feuerwehrwesen und die Jagdagenden!) - Wo aber hätte der Einzelne, und zwar jeder Einzelne, mehr Mitspracherecht als in der direkten Wahl von Landtagsabgeordneten, auf die noch sehr überschaubare Wählerzahlen - und deshalb die eigentliche Demokratie noch Sinn hat: in persönlichen, nicht parteigebundenen Entscheidungen - fallen?

Dabei sind viele, ja der VdZ behauptet: fast alle Probleme, mit denen sich das Land konfrontiert sieht, einschließlich der enormen Staatsverschuldung, ja einschließlich des "Flüchtlingsproblems"*, diesem Zentralismus zuzuschreiben!** Und trotzdem hat er es geschafft, sein weitere Stärkung als Problemlösung (für die von ihm geschaffenen Probleme!) zu verkaufen ... was soll man dazu noch sagen?

Eine REFORM Österreichs kann im eigentlichsten Wortsinn deshalb nur bedeuten, diese bestehenden, gewachsenen und vor allem in der Volksstruktur des Landes tief verwurzelten, organischen Strukturen zu stärken, zu respektieren, und durch Abgabe von an sich gerissenen Kompetenzen wieder zu regionalisieren. Alles andere ist eine Revolution, keine Reform. Der Zentralstaat ist auszumisten, denn bei ihm ist zu sichten, was von unteren Ebenen wieder übernommen werden kann und auch muß, weil nur so persönliches Verantwortungsprinzip gewahrt bleibt. Das geht bis (ja vor allem: bis!) zum Schul- und Bildungswesen, dessen immer deutlichere Schwächung (und vor allem: Ideologisierung) ganz direkt der Zentralisierung der Schulagenden zugeschrieben werden muß, die ihre Zerstörungskraft nur deshalb noch nicht ganz entfalten konnte, weil einige Länder die letzten Schritte gerade noch verhindern konnten. Selbstverständlich gehört dazu auch eine Dezentralisierung der Steuer- und Abgabenagenden. Wo sich - etwa in machen Bereichen des Gesundheitswesens - überregionale Zusammenarbeit aufdrängt spricht nichts dagegen, das im Einzelfall durch Einzelvereinbarungen unter Ländern oder Bezirken oder Gemeinden (als Schulunterhalter etwa) zu regeln.***

Das ist im übrigen auch die Idee der schweizerischen direkten Demokratie, von der so gerne geredet wird. Die eben nur funktioniert, WEIL und soweit sie regional und persönlich geblieben ist. Die wir aber gar nicht "einführen" müssen, sondern die wir HABEN - aber offenbar noch mehr zugunsten weiterer zentralistischer Einrichtung ignorieren wollen. Indem wir aber das Land explizit umgründen, und dann durch zentral organisierte "Volksabstimmungen" ein Mascherl drumhängen das davon ablenken soll, daß wir die Grundidee des Landes und Staates, der Republik Österreich, heimlich und still ablegen.

Aber damit, werte Herrschaften, stellt sich tatsächlich die Frage der Legitimität dieser Republik und dieses Staates.

Und das sollten sich auch endlich die Medien hinter die Ohren schreiben, die maßgeblich dafür verantwortlich sind, daß die Bevölkerung selbst schon glaubt, daß alles Gute von oben käme, und daß das so zu sein habe. 

Stark muß eine Staatsregierung sein, das stimmt. Dort, wo ihre Agenden liegen. Von dort aus wirkt sie dann auf die Stärke der Menschen. Aber sie darf für den Lebensalltag des Landes gar nicht viel verändern KÖNNEN. Und - sie darf es gar nicht wollen.



*Die Verfaßtheit Österreichs sieht klar vor, daß die Frage der Zuwanderung auf der Ebene der Verwaltungsbezirke geregelt ist. Ist, nicht erst geregelt werden muß! In ihrer Kompetenz als Instanz für Staatsbürgerschaft fällt auch diese Frage auf diese Ebene. Und ihr haben dann auch die übergeordneten, staatlichen Einrichtungen beizustehen - sogar das Miltär - wenn sie diese Aufgaben nicht ausreichend erfüllen kann, weil sie überfordert ist. Tatsächlich aber war es so, daß die Bundesregierung in einem fatalen Mißbrauch der Verfaßtheit des Landes Entscheidungen traf, die die unteren Ebenen mit diesen Fragen gar nicht mehr befaßt machte, sondern über "Durchgriffsrechte" zu Trägern der Konsequenzen staatlicher Entscheidungen degradierten.

**Noch ein ungeschriebenes Kapitel ist die Evaluierung der mit großem Trara verkaufen "Polizeireform" des Landes, die in Wirklichkeit ein kapitaler Einschnitt in die föderale, lokale Verfaßtheit Österreichs war. Indem die zuvor noch je auf Landes- wie sogar Gemeindeebene bestehendne Einrichtungen der Gendarmerie und der Stadtpolizei schlichtweg einer Bundespolizei eingegliedert und aufgelöst wurden. Der VdZ behauptet, daß die Folgen und Folgekosten enorm sind, und daß eine Einbuße des Sicherheitsgefühls der Bevölkerung einerseits, deren Auslieferung an eine Zentralmacht anderseits (denn sie erfordert selbstverständlich anonymere, abstraktere, damit abewr auch viel weitergehendere Überwachungsmaßnahmen) nur die sichtbarsten Momente einer weiteren Gewaltenakkumulierung durch den Zentralstaat sind.

***Es ist eine Wahrheit der Kinetik, daß jeder Organismus bei Steigerung seiner Größe in progressivem Verlauf immer mehr Aufwand zur Selbstverwaltung benötigt. Der Energieaufwand des Menschen ist - zur Illustration - fast gleich hoch wenn er arbeitet oder nichts tut, weil er zum Selbsterhalt benötigt wird. Die Fleißigsten hingegen sind meist die Dünnsten, sie geben Energie ab, geben es ins Werk. (Natürlich, auch Frau-Mann sind damit erfaßt, denn die Frau ist weit mehr am Tun orientiert; der Mann hat nur zu denken und zu repräsentieren. ;-) Am Elefanten wird es noch deutlicher - er steht nur noch rum. und hat ein extrem kleines Gehirn, weil er an der Welt nur wenig zu tun hat, außer "schön" zu sein und ab und zu mit den Ohren zu wackeln, damit sich andere fürchten, wenn er ab und zu seine Familie beschützt (die ohne ihn aber gar nicht wäre, die es aber ist, die "ein Leben lebt").  

Nichts ist ineffizienter als große Apparate, wenn es auch kleinere gäbe. Ein großer Apparat, der zehn Einzelapparate schluckt, braucht nicht 10mal so viel Energie für sich selbst, oder spart gar ein (wie der Irrtum der sogenannten "Synergieeffekte" vorgaukelt, den die Wirtschaft längst aufgegeben hat, weil er nie aufgegangen ist, oft ohnehin nie mehr als ganz andere Absichten - Auslöschung von Konkurrenz, neue und täuscherische Bilanzmöglichkeiten, um Substanzsteigerung vorzugeben, obwohl das Gegenteil eintrat - verschleiern sollte) sondern er verbraucht weit mehr Energie.






*200516*