Den Argumenten des pakistanischen Oppositionspolitikers Imran Khan kann man nicht widersprechen, sie erscheinen äußerst plausibel. Khan spricht in einem Interview auf Russia Today (RT) darüber, wie Pakistani den unmenschlichen Einsatz von Drohnen erleben. Als ehrlosen Kampf eines Feindes, der die zu Bekämpfenden wie eine physikalische Fehlmenge, wie auszurottendes Ungeziefer betrachtet, aber nicht mehr als Menschen. Dazu kommt vor allem, daß Drohnen als anonyme, nicht zu bekämpfende Handlung erlebt werden, der man ohnmächtig ausgesetzt ist, udn noch die noch dazu ohne Vorwarnung jederzeit über einen hereinbrechen kann. In diesem "Kampf gegen die Terroristen" greifen die USA auch ohne Hemmung auf pakistanische Gebiete (sogenannte "rückzhugsgebiete der Taliban") aus, und dort wiederum genau jene Gebiete, die noch in festen, traditionellen und tief verwurzelten Lebensformen verankert sind.
Selbst das Argument der Amerikaner, daß ihre Geheimdienste über so viele Informationen verfügten, daß es ausschließlich Terroristen in Afghanistan treffe, ist nicht stichhaltig. Weil es zweimal falsch ist. Erstens sind auch Terroristen Menschen und keine Krätze am Hals der Menschheit, die es nur abzustreifen gelte. Und das hat diese selbsternannte "erste christliche Nation" wohl schon endgültig verdrängt. Und zweitens sind sehr wohl immer auch "Kollateralschäden" festzustellen, weil eine explodierende Bombe ja nicht zwischen Terroristen und in deren Umgebung anwesenden Unbedarften unterscheidet.
Eine solche Erlebenskonstellation wird in der Psychologie übrigens als Konstituenten eines "Traumas" bezeichnet: Amerika traumatisiert also in primitivem Rachevollzug ganze Völker, und das wird sich noch dramatisch beweisen. Der wahre Aufstand jener Völker und Religionsgemeinschaften, die davon hauptsächlich betroffen sind, hat noch nicht einmal begonnen.
Das amerikanische Vorgehen bewirkt vor allem nun eines: Eine blinde Wut auf die Urheber dieses anhaltenden Traumas, in dem diese Menschen leben müssen. Weil aber niemand konkret greifbar ist, kein amerikanischer Soldat der zu bekämpfen wäre, keine Schlacht die es zu schlagen gäbe, baut sich Wut auf alles auf, was annähernd "amerikanisch" ist. Und dazu gehören in allererster Linie ... Christen. Denn Amerikaner sind Christen. Christen sind Amerikaner. Was bei Freikirchen, charismatisch-protestantischen Vereinigungen ja tatsächlich zutrifft.
Deren "Evangelisierungsbemühungen" ja nichts mehr als problematisch - dabei christlich nur in schizoidem Mißbrauch der Nominalia - und sehr weitgehend deckungsgleich mit dem "Spirit of America" sind. Deren Heilsbotschaften also einen tiefen inneren Deckungskern mit dem Amerikanismus selbst haben. "Christen" (und niemand pocht auf diese Etikettierung mehr als solche charismatischen Protestantismen) müssen also auf diese Völker notwendig als reine Bodenbereiter für den Amerikanismus gelten. Daß auch Katholiken betroffen sind muß man als "Kollateralschaden" bezeichnen, die Unterscheidung ist den Menschen ja kaum klar oder zumutbar, sie ist ja nicht einmal mehr den meisten Katholken klar, im Gegenteil unternimmt sogar der derzeitige Petristuhlinhaber alles, um die Grenzen endgültig unsichtbar zu machen.
Es ist also mit Vorbehalt zu genießen, wenn Medien von "Christenverfolgungen" berichten. Denn fast immer richtet sich dieser "Haß auf Christen" ursprünglich gar nicht gegen das Christentum selbst. Sondern gegen den Amerikanismus, der die eigene Lebensweise verdrängen will, und dabei seine Hände tiefrot in Blut und Unehrenhaftigkeit getaucht hat, der den Pakistani aber in der Form von Christen begegnet. Das gilt im besonderen auch für Indien, das derzeit eine wahre Welle an Amerikanismus erlebt, was völlig logisch zu Gegenreaktionen gerade der verwurzelten Schichten führt. Die ihre gesamte Lebensweise unterspült und gefährdet sehen, und zwar mit vollem Recht.*
Blind wird dieser Haß schon deshalb, weil die offizielle Sprechweise - Produkt der heutigen Unbildung, die sich umso mehr als "Bildung" ausgibt, mit seinen Ablauftechniken aber unreflektiert auch deren geistige, tiefere, ontologische Voraussetzungen mitschluckt wie dann weitergibt (wer eine Maschine bedient, bedient nicht einfach eine Maschine, sondern übernimmt deren geistige Voraussetzhungen, den gesamten Hintergrund, in den sie eingebettet ist) - weil also die offizielle Sprechweise ein Denken dieser tiefen und wahren Verletzungen und Eingriffe nicht mehr erfaßt. So werden ganze Völker ins Irrationale, in eine rational nicht mehr durchdringbare, ihrem Fühlen aber widersprechende Welt abgedrängt.
Daß solche Kritik nur aus den Reihen von Oppositionspolitikern in diesen Ländern kommen kann ist evident. Denn mit der Amerikanisierung der Gesellschaften ist auch eine andere Politik verbunden. Es ist jene Geldpolitik, die den Politikern ungeheure Einfluß- und Machtmittel in die Hand gibt und das Wesen der Politik grundsätzhlich verändert, weil sich auch das Ziel (etwa nominaler, allgemeiner Wohlstand, verstanden als Zugang zum und Haltung des Konsumismus) darin verändert. Das aber eine Entwurzelung der Menschen zur Voraussetzung wie zur Folge hat.
*Man könnte auf den Gedanken verfallen, daß sich über die ganze Welt eine Bruchlinie herauszubilden scheint, die genau an diesem unvereinbaren Konflikt entsteht, weil die eine Seite in ihrem Wesen aggressiv und auf Ausbreitung angewiesen ist: Dem des (immanent aggressiven) Amerikanismus mit allen seinen Implikationen und gesellschaftspolitischen Folgen, und dem der traditionellen Lebensweisen und Verwurzeltheiten, was im Kern sogar auf einen Religionskonflikt hinausläuft. Keine Frage, auf welcher Seite der VdZ da steht.
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