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Die Entwicklung der Rüstungen für Kämpfer (Ritter) im Mittelalter war bemerkenswert. Man entdeckte bald, daß verbundene, mehrschichtige Materialien ein Vielfaches an Widerstandskraft auch gegen moderne Waffen hatten, im Gesamtgewicht aber leichter bleiben konnten. Und doch waren sie effizienter gegen die aufkommenden Waffen wie Armbrüste oder - asiatische Bögen.
Die wie bei den Mongolen, Hunnen und Magyaren ebenfalls die Eigenschaften mehrschichtiger Aufbauten nutzten und damit ungeheure Durchschlagskraft für Pfeile erlangten. Ein Bogen der Magyaren wies bis zu 10 Schichten Horn auf, die mit Knochenleim zusammengefügt waren. (Mit einem Nachteil, der sich in Europa erst herausstellte: Sie waren anfällig gegen Regen. In Asien war es ja noch trocken gewesen, aber in Europa ... solche Bögen lösten sich dann auf.)
Noch auf 600 m war ein aus einem solchen Bogen abgeschossener Pfeil absolut tödlich, denn er riß riesige Wunden mit bis zu 5 cm Durchmesser, je nach Pfeilspitze. Wie bei heutigen (starken) Schußwaffen starb der Getroffene oft schon am "Blutschock", oder verblutete rasch, selbst wenn er nur in Extremitäten getroffen worden war.
Diese im obigen Bild dargestellte polnische Rüstung aus dem 16. Jahrhundert zeigt einen Höhepunkt dieser Rüstungstechnik der Mehrschichtigkeit, die erst später, angesichts der dann aufkommenden Feuerwaffen zu versagen begann. Über 1.000 Einzelteile kombinieren Widerstandsfähigkeit und Beweglichkeit - bei gleichzeitiger Leichtigkeit - auf beeindruckende Weise.
Nur damit wir keiner Täuschung erliegen: So eine Rüstung war auch im Vergleich damals ungeheuer kostenaufwendig. Der Preis einer guten Körperrüstung entspricht nach heutigem Kaufwert dem eines Einfamilienhauses. Das mußte sich ein Ritter erst einmal leisten können! In einer Zeit, in der er sein "Einkommen" aus Naturalien und Arbeitspflichten bestritt, weil Geld erst allmählich aufkam. Die Ritter verloren ihre Bedeutung eigentlich notgedrungen, die Kampfestechnik mußte sich schon deshalb hin zu (immer unritterlicheren, unsittlicheren, kulturloseren, funktionalistischeren) Massenheeren verändern. Denn so nebenbei mußte ein Ritter auch noch durch ständiges Training selbst am Pferd schlachtentauglich bleiben. Das überstieg in der Entwicklung des Kapitalismus hin zur Geldwirtschaft bald deren Möglichkeiten.
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Ein guter Schmied konnte reich werden. Er war gesucht, und hatte an so einem Werk ein halbes bis ganzes Jahr Arbeit. Während ein gutes Schwert immerhin schon innerhalb eines Monats zu fertigen war. Wenn der Meister gut war und die Technik des Mehrfachverbunds beherrschte, was ein gut gehütetes Geheimnis und Resultat von "viel Gefühl" - letztlich damit eine nicht erlernbare, nicht in bloßer Technik aufgehende Kunst also - war. Sodaß Schmiede im Ansehen neben dem Magier, dem Zauberer zu stehen kamen. Mit derselben Furchtbarkeit und Angstbesetztheit in den Augen der Bevölkerung.
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Als die Ritter zu den ersten Kreuzzügen aufbrachen, hielten sich deshalb vorerst ein gutes Jahr in Gebieten wie der "Eisenfurche" auf. Das ist das Ybbs- und Ennstal, von Steyr bis nach Waidhofen und Weyer, die das Erz des steirischen Erzbergs verarbeiteten. Bei einer der mindestens 250 Werkstätten gaben sie ihre Waffen in Auftrag, und eine ganze Region hatte Brot und Arbeit dadurch, ja wurde wohlhabend. Vom Kaiser durch Abgabenfreiheit, Marktrechte, Gerichtsbarkeiten (als Maßgabe der Selbstregulierung) privilegiert, sodaß die Bauern zu günstigen Preisen Lebensmittel liefern konnten und wollten.
Etwas, das sich für die Region schicksalshaft auswirkte, denn das niederösterreichische Voralpenland-Ybbstal, von der Enns bis nach Ybbs a. d. Donau, ist bis heute eine der Vieh- und Kornkammern Österreichs. Der VdZ stammt väterlicherseits von dort und seine tüchtigen Vorfahren haben über Generationen Vieh gezüchtet, das ganze Rassen hob und bis heute maßstäblich ist.
Aber nur wenige Schmiede beherrschten die Technik, die, wie wir heute wissen, eine Technik hochkomplexer Stahlbearbeitung war. Man machte kein Hammerwerk (eine Schmiede) auf, weil es "ein Geschäft war" oder weil "Nachfrage herrschte". Man mußte es KÖNNEN, die Muse besitzen, begnadet sein, und das Geheimwissen besitzen, das ein Ablaufwissen war, ohne Gründe - eben: Magie. Wer alles das nicht hatte wurde bestenfalls Hufschmied oder Wagner ...
Aber der Kern der Schmiede beherrschte eine Verarbeitungskunst, die nur an wenigen Orten überlebte. Wie in Steyr, wo noch 1914 ein Gewehrlauf produziert werden konnte, der eine ganze Millionen-Armee mit einem in der Treffsicherheit überlegenen Gewehr ("Wörndl") ausstattete. Wie es nur noch einige wenige Gewehrmanufakturen in Kärnten beherrschten, das im Mittelalter eine sehr ähnliche Entwicklung durchlaufen und auch dort viel Wohlstand geschaffen hatte. Oder wie in Amstetten bei einem Schmied, den der VdZ persönlich kannte, der noch bis vor 20 Jahren, wo er verstarb, die traditionelle Rüstung für die Schweizer Garde des Vatikan herstellte.
Ein letzter Rest dieser Technik ist wenigstens ahnungsweise in der Kärntner "Glock" erfahrbar, der nach Meinung von Fachleuten besten Handfeuerwaffe der Welt. Mit einem wahren Patriarchen an der Spitze. Wie sonst.
Und in dem "lustigerweise" in dieser Eisenfurche liegenden Stahlwerk der VÖEST, wo in den 1960er Jahren als "LD (Linz-Donawitz)-Stahl" wieder "entdeckt" und zu Weltruhm als Massenprodukt entwickelt wurde. Diesmal aber war es keine Magie, sondern echtes Wissen um materiale Vorgänge. Magie ist eben "kenntnislose Ablauftechnik", als Degenerationsform von wahrer, wissender Religion.
Denn Eisen wird durch Kohle zu Stahl, das in aufwendigen Schmelzverfahren wieder und wieder übereinandergeschichtet wird. Das war notwendig, weil die Araber (Sarazenen) mit den Damaszener-Schwertern eben diese Technik (des Orients) zur Perfektion geführt hatten, weshalb sie waffentechnisch den Kreuzrittern überlegen gewesen wären. Diese Kohle stammte aus den Wäldern des Voralpenlandes, wo der Köhler sein Gewerbe betrieb, was ebenfalls viel Geduld und Sachkenntnis benötigte und ebenso legendenumwoben war.
*301117*