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Donnerstag, 18. Januar 2018

Vom Nutzen der Sinnlosigkeit

Es mag erstaunen, aber wenn es Afrika in den letzten Jahrzehnten an einem nicht gefehlt hat, dann war das ... Geld. 2,3 Billionen Dollar sind in den vergangenen Jahrzehnten nach Afrika geflossen, doch der Effekt war gleich null. Nein, das wäre falsch formuliert. Er war negativ. Denn die Entwicklungshilfe, wie sie der Westen seit langem leistet,  zerstört heimische afrikanische Strukturen und festigt oder schafft gar erst Strukturen, die sich nur damit befassen, wie sie dieses zuströmende Geld in ihre eigenen Taschen fließen lassen oder irgendwie verteilen. Geholfen hat man niemandem, auch wenn manche Statistiken belegen wollen, daß es zu Wachstumseffekten kam. Das darf angezweifelt werden, wie Augenzeugen, die lange Jahre vor Ort tätig waren um "zu helfen", übereinstimmend berichten.

Stattdessen hat man überall einheimische produktive weil den Bedingungen im Land angepaßte, stimmige Lösungen verhindert, in den allermeisten Fällen sogar örtliche Probleme verschärft. Etwa indem man auf Anraten des IWF in Guinea-Bissau vorgeblich exportorientierte Nußplantagen anlegte (um die Schulden an den IWF zurückzahlen zu können, Anm.), die dafür sorgten, daß die ansässige Landwirtschaft ausradiert wurde und nun alles, buchstäblich alles importiert werden muß, bei gleichzeitiger Arbeitslosigkeit (und Wanderung in die Städte) der früheren Landbewohner. Dafür gibt es in dem Land, das enorm fischreiche Gewässer hat, nicht einmal mehr ein einziges größeres Fischerboot. Importware ist billiger.

Das Fazit, das langjährig engagierte Entwicklungshelfer und Manager von Entwicklungshilfefonds und -projekten ziehen, ist ernüchternd bis erschütternd. Und die Probleme sind seit langem bekannt. Dennoch ändert sich nichts, dennoch fließen jährlich riesige Summen nach Afrika und treiben dort ihr Unwesen. Nur die Etiketten haben sich geändert, die Geld loseisen - heute heißt es "Kampf gegen den Klimawandel" oder "Behebung der Ursachen für Migration". Selbst wenn manche Projekte letztlich verwirklicht werden, so setzten sie oft auf einer Ebene an, die sich an westlichen Maßstäben ausrichtet, statt an der Bevölkerung Maß zu nehmen. Einen Staudamm oder ein Atomkraftwerk zu errichten hilft unter Umständen nur ausländischen Konzernen, nicht der Lokalwirtschaft auf der Stufe und Produktivität, auf der sie eben steht und von wo aus sie erst weiterschreiten könnte. Soferne das von den Menschen gewollt ist.

Alleine die Entwicklungsbank hat 2016 über sieben Milliarden Euro für Afrika bereitgestellt. Nur - für welche Projekte? Es gibt nicht einmal solche ausreichend. Das führt sogar zu einem absurden Konkurrenzdruck der geldgebenden Einrichtungen hier und vor Ort zum Druck, das Geld möglichst rasch auszugeben. Das begünstigt die Korruption zusätzlich. Die Länder können sich die Geldgeber sogar aussuchen.

Solche Berichte sind zahlreich und haben alle denselben Tenor. Etwa die von Tim Kanning und Johannes Pennekamp, die in einem Aufruf längst von der Sinnlosigkeit ihrer langjährigen (und ursprünglich - wie praktisch immer - hoch motiviert begonnenen) Arbeit am schwarzen Kontinent sprechen. Eine andere Autorin, Angela Könnitz, weist neben Beispielen, die das Scheitern der Entwicklungshilfe heutigen Zuschnitts belegen, zudem darauf hin, daß es höchst fraglich ist, ob der Wirtschaftsliberalismus, der als Patentrezept allen Staaten auferlegt wird, tatsächlich das geeignete Mittel ist. Vielmehr sollte man den Afrikanern ihre eigene Art zu sehen, zu denken und zu arbeiten belassen und - wenn schon - nur ganz gezielt fördern. Mit dem Weltmarkt zu konkurrieren ist heute in der Regel für afrikanische Produkte und Unternehmen ja gar nicht möglich.

Die Folgen eines grenzenlos offenen Marktes sind nämlich, daß Afrika von billigen Produkten etwa aus China überschwemmt wird, die gnadenlos jede heimische Produktion ersticken. Aber selbst afrikanische Großbetriebe, die riesige Gewinne machen, investieren auf den liberalisierten Weltmärkten, nicht im eigenen Land. Während ausländische Konzerne damit angeworben werden sollen, daß man die möglichen niedrigen Löhne anpreist, die sich an Weltmarktkonkurrenz bemessen - und das ist genau jenes Hindernis, das der Entwicklung von allgemeinem Wohlstand hartnäckig im Wege steht weil nur auf Ausbeutung des Menschen setzt.

Nein, Afrika fehlt nicht Geld. Dieses Argument dient nur westlichen Politikern, die sich damit eine Schleife an den Anzug heften wollen. Und afrikanischen Regierungen, die davon in mehrerer Hinsicht profitieren und keinen Druck haben, wirklich dem Gemeinwohl ihrer Länder zu dienen. Und nicht zuletzt Entwicklungshilfeorganisationen, die sich im Licht der "guten Tat" sonnen und nicht viel von einer Wirkungskontrolle halten, weil die zeigen könnte, daß sie entbehrlich sind. Gerade diejenigen Länder, die sich am besten entwickelt haben (wie Ruanda, Ghana, Mauritius oder Botswana), haben das ganz oder zumindest weitgehend aus eigener Kraft geschafft. Weil Dauerhilfe Abhängigkeiten schafft, die die eigene Entwicklung hemmen. Warum, fragt deshalb Volker Seitz (auch er ein Entwicklungshilfe-Aussteiger), reden wir den Afrikanern ständig ein, daß sie es nicht aus eigener Kraft schaffen können?

Afrika fehlt es auch nicht an zu wenig Liberalismus in der Wirtschaft, die es an die Weltmärkte anschließen, in denen sie sich in der Regel gar nicht behaupten können, sondern die sie dominieren - wirtschaftlich, vor allem aber kulturell. Vieles, was die Statistik als "Wohlstandsmarker" ausweist, ist nämlich in Wahrheit ein Unterspülen der kulturellen und vor allem sittlichen Substanz der Afrikaner selbst, die sie ganz rasch erblinden lassen. Ganz so, als wäre Entwurzelung mehr als ein Rezept des Herumtappens im Dunkeln, das "viel - aber wovon?" bewirkt und in Wahrheit anderen Herren nutzbar macht. Denn ohne die Basis der eigenen Kultur gibt es auch keine Wirtschaft, die dem Leben dient, und es nicht auffrißt. Ohne Sittlichkeit gibt es aber keine Kultur, sondern nur eine Technik des Konsumierens. Denn es gibt eine direkte Korrespondenz zwischen Sittlichkeit, Tugend und Wohlstand als Parameter des Gemeinwohls.

Afrika fehlt es deshalb an Mission, die sich an den einzelnen Menschen richtet und ihm so hilft, dem Sinn seines Lebens durch gehobene Sittlichkeit zu folgen. Weil sich jedes Volk dauerhaft nur aus sich selbst heraus helfen und aufrichten kann, und Wohlstand immer die Höhe der sittlichen Lage eines Volkes widerspiegelt. Wohlstand ist eine Frage der Kultur, damit der Religion, und nicht eine Frage des Geldes. Und nur das Christentum hat eine Haltung zur Arbeit quasi "programmatisch", die sie mit Sinn erfüllen und über bloße Lust-Unlust-Zufälligkeit hinausheben kann. Nur aus Sinn (logos) heraus kann also etwas aufgebaut werden. Mit der heutigen Auffassung von Entwicklungshilfe, die durch den Klimaschwachsinn noch zusätzliche Dynamik bekommt, wird Afrika jedoch systematisch armregiert.


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