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Dienstag, 26. Oktober 2021

Gedankensplitter (1356b)

Weiter in dieser Art. Bis sich die Themen ziemlich runden, und alles ineinander läuft. - Von einer Organisation von Mitarbeitern im Film (meist schon neudeutsch Crew genannt) habe ich dieser Tage ein Anschreiben erhalten, das manch in den letzten ein, zwei Jahren abgelaufenen etlichen ähnlichen Bestrebungen dem Faß den Boden ausschlug. Verpackt in eine "Umfrage" mit dirigierenden und manipulativen Fragen wie der, ob man "begrüßen würde, wenn es am Set zwar nur noch ein- bis zweimal in der Woche Fleisch beim Catering gebe, dafür aber nachhaltig und qualitativ hochwertig", finden sich gegen Schluß hin Paragraphen, in denen verlangt wird, daß künftig Filmförderungen etc. an diese Bedingung geknüpft werden sollen.

Ich habe ähnliche solcher "Umfragen" - mit denen beginnt es - schon erlebt, zu etlichen anderen Themen, wie "Gewalt am Set" (Set = die Situation an einem Drehort, mit allen Einrichtungen und beschäftigten Personen) oder "Variety = Vielfalt am Set" oder das natürlich unausbleibliche "Gendergerechtigkeitsthema". Sie haben alle mit süßer Stimme als Empfehlungen zu freiwilligem Berücksichtigen begonnen, um dann über "freiwillige Selbstverpflichtungen" zur "von der Branche selbst vorgenommenen Beschränkung" zu schreiten. Und in Gesetzen zu enden. 

Hinkünftig also, und davon kann man ausgehen, denn der psychische Druck ist in den letzten Jahren ohnehin deutlich spürbar gewachsen - es hat vor zehn, fünfzehn Jahren nur mit dem einen oder anderen zusätzlichen Angebot begonnen, "Tiroler Schupfnudeln" oder "Innviertler Grammelknödel mit Sauerkraut" statt "Saftigem Gyros in Curry-Reis und Joghurtsauce" oder "Wiener Schnitzel mit Petersilkartoffeln" in den Drehpausen zu genießen, um dann über Nudelgerichte in allen Variationen und Varianten dazu überzugehen, die Anrichteschalen mit Hühnerbeugel oder Schweinskotelett zahlenmäßig schlecht bestückt und so angeboten zu erhalten, daß man wie in einem Spießrutenlauf zwischen (im Vergleich zur Normalbevölkerung extrem überrepräsentierten) Veganaposteln und deren "vernünftigen, unheimlich und in allem liberalen" Brüdern, den Vegetariern (die natürlich schon zu Ostern oder Weihnachten noch ein Stück Braten genießen, so ist es ja nicht, das sei halt so Tradition, oder der geliebten Oma geschuldet, die das eben so gewöhnt sei, darauf müsse man auch Rücksicht nehmen).

Das mittlerweile obligate Rauchverbot am Set - wo vor zwanzig Jahren so gut wie keiner herumlief, der nicht dem Glimmstengel frönte - hat man ohnehin schon lange geschluckt. 

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Ob nicht auch der Umstand nicht auch damit zusammenhängt, daß sich der Produktionsdruck gut und gerne verdoppelt bis verdreifacht hat, unter dem man heute täglich und unter fünfzehn- und achtzehnstündiger Hochspannung Mengen an Material herstellt, die das Zwanzigfache früherer Tagesausbeute ausmacht? Während sich eine Arbeitsmethode eingeführt hat, in der die Sorgfalt der einzelnen Bilder rapide abnahm, weil man dann, im Schnitt, in der Nachbearbeitung, "schon aussuche, was passe", also der Schauspieler zum reinen Materiallieferanten wird. Wo eine in ruhiger, konzentrierter Atmosphäre gestaltete Leistung immer schwerer zu erreichen wird, weil zu alle dem die Zahl der Personen stieg, die mit Brachialgewalt von der Darstellung Dinge wollen, die sich schon vernunftmäßig jeder schöpferischen Gestaltung entziehen, nur noch "Einstellungen liefern", die dann zu einem Film zusammengefummelt werden. 

Was alles zwar jenen Akteuren entgegenkommt, die meinen, Schauspiel sei "methodisch erreichte Abruftechnik" subjektiver Befindlichkeiten, die zur gewünschten Darstellung irgendwie "passen", aber dem Künstler einerseits, dem Kenner anderseits (und Kunst kann nur kritisieren, der sie auch herstellen kann; jeder - eine systementscheidende, unbedingt notwendige Funktion! - Kritiker muß also auch ein verhinderter Künstler sein) fertige Werke immer unerträglicher weil starrer, mechanisch-toter und damit kunstbefreiter macht.  

Während sich die eigentliche Produzentenriege - vom Regisseur bis zum Besitzer der Filmfirma bis zum Auftraggeber - immer eindeutiger als jene begreift, die einzig das Kunstwerk "mache", und überhaupt das gesamte Set nur ihrer Kreativität zu dienen habe. 

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Da fügt sich somit der Versuch, das Verhalten sämtlicher Beschäftigter an so einem Set, vom Kabelträger bis zum Schauspieler bzw. Darsteller, bis zum Klogang zu normieren, und den Anforderungen der Weltrettung zu genügen, in ein und denselben technizistischen, materialistischen (Un-)Geist. In dem es vernünftig wird, bis ins Detail vorzuschreiben, was und wie man zu essen und wie zu atmen (Siehe Anmerkung**) habe.

Morgen?  Es gibt einen Ausweg. 


*241021*