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Freitag, 1. Oktober 2021

Die katholische Taqiyya - Lüge als Gebot der Nächstenliebe (1)

Es ist betrüblich zu sehen, daß es gerade auf Seiten "Wohlmeinender" scheinbar keinen Unsinn gibt, dem sie nicht auf den Leim gehen. Zu sehr hängen gerade diese Gruppen nämlich von "Triggerworten" ab, zu sehr kaprizieren sie sich auf Einzelaussagen, die sie (wie bei einem Examen) wie in einer Liste vorbereitet abhaken, wenn sie mit Menschen (meist: mit egal welchen Menschen) zu tun haben. Gloria.tv ist ein Beispiel dafür. Und ich besuche zuweilen diese Seiten schon aus dem Grunde, mich vom Ausmaß solcher Narreteien immer wieder überraschen, manchmal aber auch amüsieren zu lassen.

Manchmal aber finden sich Narreteien, die geeignet sind, gröberen Schaden anzurichten und denen gegenüber zu treten nötig wäre. Und nicht selten lassen sie Katholiken wie Deppen dastehen, weil mit dieser Identität "Katholisch-sein" eine Gleichsetzung von "Katholizität" mit Unsinn, nicht selten aber wirklicher Dummheit und Lebensfremdheit passiert, mit der jeder, der sich (irgendwie) als "katholisch" sieht nicht einverstanden sein kann. Denn die Katholizität bedeutet nachgerade das Gegenteil. Sie bedeutet höchstmöglichen Realismus, sie bedeutet sogar unübertreffliche Menschen- und Weltkenntnis. 

QR Taqiyya und Gloria.tv

Beispiele gibt es viele, eines will ich aber hier herausgreifen. Es kam im September, wo mit einem Video geschmückt die Fragwürdigkeit des Islam durch dessen "Erlaubnis der Taqiyya", einer gewissen Kunst der Lüge und Verstellung, die islam-theologisch gerechtfertigt ist, einmal mehr belegt werden sollte. Mit der unausgesprochenen Behauptung, im Katholischen sei Lüge IMMER untersagt oder gar: nie anzutreffen. 

Nichts ist weniger wahr. Diese "Kunst der Lüge" ist vielmehr in allen Kulturen und Religionen anzutreffen, und natürlich auch im Katholischen, ja dort vielleicht ganz besonders. Denn diese Form der Lüge, die "nicht wahr, aber auch keine Lüge ist", ist uns im Abendland dermaßen alltäglich, daß sie uns gar nicht mehr auffällt. Sodaß sie gar nicht explizit behandelt werden muß, wie im Islam, wo sie offenbar auf mehr Widerstände stößt als im Katholischen.

Selbst Aussagen Christi lassen sich so verstehen, ja manche muß man so verstehen. Wenn der Heiland sagt, wir sollen "klug wie die Schlangen" sein. Oder ist "Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist" (unter Halten einer Doppeldrachme) nicht eine sehr feine Form der Vermeidung einer vollen Wahrheit? Und wie ist vor allem diese Stelle zu verstehen, die sich sogar explizit als Aufforderung zu dieser "feinsinnigen Form der Lüge" verstehen läßt, wo Jesus dazu auffordert, "das Unkraut mit dem Weizen stehenzulassen". Weil es am Tag der Abrechnung (das muß man nicht unbedingt als Jüngsten Tag verstehen) zusammen mit dem Weizen geschnitten, aber aussortiert und ins Feuer geschmissen wird? Wie anders als mit feiner Lüge, einer "katholischen Taqiyya" sozusagen, soll und kann man mit Nichtgläubigen sonst umgehen? 

Werter Leser, denke er doch seinen Alltag genau durch. Wie oft verwendet man diese Form der Lüge, weil man etwa eine Beziehung nicht über ein notwendiges Maß strapazieren möchte. Im Gespräch mit einem Wildfremden an der Straßenbahnhaltestelle, im Gespräch mit der Verkäuferin in der Trafik, am Arbeitsplatz, im Gespräch mit Kunden ... Die Anlaßfälle sind gar nicht aufzuzählen, so viele sind es für uns. Und zwar täglich, stündlich, permanent. Betrachtet man das verbale Geschehen, das die Menschheit umspült wie das Wasser den Fisch, könnte man sogar zum Schluß kommen, daß es die Lüge ist, in der wir schwimmen, wenngleich wir nur von der aller Verbalität unterliegenden Wahrheit (Sein) genährt und geformt werden, ja (auch) die Lüge ihren Sinn durch den Bezug auf die Wahrheit (in die auch die Lüge eingebettet ist, als deren Materia, versteht man das Teilhafte richtig, das erst Sinn durchs Ganze - die Wahrheit - bekommt) bekommt.

In den allermeisten Fällen ist es sogar ein Gebot der Nächstenliebe, oder des Versuchs, jemanden tätig (Caritas) zu lieben. Wozu man ihn erst einmal kennenlernen muß, und dazu einfach (verbal wie nonverbal) plaudern läßt, und ab und zu "herauspickt" was man auch sagen wollte, um eine Gesprächsbasis nicht zu zerstören, ehe man noch deren Möglichkeiten einschätzen kann. 

Oder man denke an die vielen Fälle gerade Nahestehenden gegenüber, wo man durch ein kleines, feines, ja liebendes und sehr kluges "Nicht ganz die Wahrheit, aber auch nicht brutal gelogen" den Nahestehenden vielleicht schont. Denke man an die vielen Fälle von Bekannten und Freunden, mit denen das Band des Gemeinsamen begrenzt oder gar schmal ist, die man aber als Bekannte oder (quasi Halb-)Freunde erhalten möchte, und deshalb jedesmal, wo diese Grenzen überschritten würden, "ausweicht".

Wie gesagt, der Möglichkeiten gibt es so viele, daß man sie gar nicht erschöpfend aufzählen kann, wo man eine "katholische Taqiyya" anwendet. Und damit dem Gebot der Nächstenliebe folgt.

Noch ein deutliches Beispiel sei angeführt, das vor allem zeigen soll, in welchem Maß selbst offizielle Begegnungen mit fremden Religionsgemeinschaften von dieser "katholischen Taqiyya" charakterisiert sind, weil es sonst zu gar keiner Gesprächsbasis kommen könnte, die in allen Unterschieden "Gemeinsamkeiten" sehen läßt, obwohl es, streng genommen, solche Gemeinschaft gar nicht gibt. "Nostra Aetate", dieses vielzitierte (angebliche) Ökumene-Edikt des Zweiten Vatikanums ist dafür beispielgebend. Es ist beispielgebend, wie man mit anderen Religionsgemeinschaften spricht (und eine größere Unterschiedlichkeit könnte es kaum geben als zwischen offiziellen Religionsgemeinschaften ANDEREN Glaubens). OHNE das Trennende zu sehen, sondern so irgendwie ein Gemeinsames, Verbindendes zu finden, was eine friedliche (oder nennen wir es: nicht-aggressive) Koexistenz ermöglichen soll.

Morgen Teil 2) Man weiß, daß sie schuldig sind, immer noch. Sagt es aber anders. Damit es ein Nebeneinander geben kann.


*130921*