Die Frage nach dem WARUM. Die Tutsi sind bei den Europäern beliebt, weil sie wie sie sind: Wurzellos, leistungs- und geldorientiert. Protestantisch, nicht christlich. Protestantisch wie das Katholische an Immaculée. - Aber ich finde das nicht, was ich finden soll, und was auch angeblich Immaculée "weitergibt". Denn es geht nicht um das, was ein Katholik mit "Glaubensinhalten" bezeichnen könnte. Es geht lediglich um eine Art von "Gotteserfahrung", in der sich Gott in seiner unendlichen Vorsehung als zuständig für das Erlernen der Fremdsprache, für das Auftauchen von Kosmetik und Ohrringen (tatsächlich! aber gut, warum nicht?), für Liebesbeziehungen, Partnerwahl, Ehestiftungen, Karriere und Wohlstand in den USA zuständig zeigt.
Er tut das auf Rezept, gewissermaßen, und Immaculée teilt das auch mit dem Leser. Man muß sich nur das Erbetene, schreibt sie (und ich bin mir nicht nur diesmal nicht sicher, eine Schrift von Prentice Mulford et al. in Händen zu halten) VISUALISIEREN. Und findet in ihrem Buch umso mehr Platz für Stimmen, die einer universalistischen, ja esoterischen "Gotteserfahrung" das Wort sprechen, als sie expliziten Katholizismusbezug verschweigt. An einer einzigen Stelle (als sie es als Kriterium für die Gattenwahl nennt) kommt das Wort katholisch überhaupt vor.
So universalistisch wie überhaupt die Wertewelt der Ruandi ist. Die Karriereträume hat, die ihr Gott BEI DER UNO erfüllt, die Träume von Liebe und Familienglück hat, die ihr Gott IN NEW YORK und mit einem Amerikaner erfüllt, die von Bildung spricht, die ihr Gott erfüllt. Träume und Wünsche, die ihr ideales Selbst als das einer selbstbestimmten, modernen und emanzipierten Frau erkennbar machen, für die zwei Kinder gerade passen, die der Mann natürlich - weil sooo lieb, und sooo katholisch - umschmiegt und zerknutscht und verwöhnt. Die die Welt in Funktionen auflöst, sodaß ein Seinskonflikt wie der zwischen Hutu und Tutsi für sie eigentlich gar nicht existiert, und deshalb unverstehbar bleibt.
Verstehen Sie vielleicht schon besser, werter Leser dieser Zeilen, warum ich das Buch als "seltsam" bezeichne? Das mir ein Pater gab, der es ganz sicher als spirituelle Erweiterung für mich sah. Als Aufforderung, die ich schon so oft erlebt habe, wo mich Esoteriker, die alle möglichen medialen "Fähigkeiten" sowohl selber hatten, als "auch bei mir, ja in noch viel größerem Ausmaß" zu sehen meinten. Was mich regelmäßig beunruhigt, denn diese "Fähigkeiten" sind in den allermeisten Fällen Schäden, die in Persönlichkeitsmängeln gründen.
Wo praktisch immer etwas "gefühlt" wird, das angeblich nur sie fühlen (oder bestenfalls ein anderer lernen kann, wenn nicht soll; so wie sie), das angeblich den meisten (oft noch zugefügt: "Heute") verborgen bleibt. Was regelmäßig unwahr ist. Denn sehr wohl fühlt ein gesunder Mensch all das ebenso, nur kann er es in sein Vernunftgebäude eingliedern, wo es seine ihm zugedachte Rolle spielt, ohne das rationale Urteilszentrum zu überschwemmen, ja zu ersetzen.
Richtig, werte Herrschaften, solche "Fähigkeiten" hat nicht nur jeder Mensch, sondern sie sind allesamt keineswegs "Fähigkeiten", sondern Stufen der Schädigung der Persönlichkeitsstruktur und Verringerung deren Stärke, die also Verwesungsgeruch wahrnehmen und als "Offenbarungen aus der geheimnisvollen Welt des Geistigen" verkünden. Die diese Selbstzerstörung sogar als "spirituell" verkaufen (was man wörtlich verstehen darf), und diese Spiritualität unterschiedslos als "christlich" bezeichnen. Wie ein Überwurf, der täuschen soll. Auch wenn es Pater sind, die darauf hereingefallen sind (wenn nicht mehr) - es ist ein ganz schwerer Irrtum, und es ist eine ganz große Verführung.
Es ist eine Verführung, die ihrem irrationalen Wesen nach aus demselben Holz geschnitzt ist, wie die ANGEBLICH durch und durch rationale Aufklärung es war. Und ist aus derselben Wolle gesponnen wie die Reformationen es waren, die Erweckungsbewegungen der Wiedertäufer und sonstigen "spirituellen Bewegungen" der vergangenen Jahrhunderte und Jahrtausende sogar. Denn nichts daran ist oder war jemals neu. Alles ist genuin menschlich, und genuin menschlicher Schwäche zuzuschreiben, und insofern so alt wie die Menschheit - nach dem Sündenfall.
Wenn wir das alles bedenken und in seinem Fazit erkennen, dann kommen wir auch diesem Buch bereits beträchtlich näher. Denn dann wird uns - uns! - sogar verständlich, worum es in diesem Konflikt Hutu vs. Tutsi von Anfang an gegangen ist.
Der nicht "von heute auf morgen" und völlig ohne Begründung ausgebrochen ist, so wenig man diese Auswüchse wie 1993 gutheißen kann. Ein Konflikt, der heute freilich (siehe erst jüngst Afghanistan) nicht mehr verstanden weil gar nicht gesehen, bestenfalls wie eine psychische Erkrankung behandelt wird. Denn wer sich gegen unseren (!) Lebensstil wehrt, der muß doch krank sein? Wir haben doch die besten Werte der Geschichte! Wir HEUTIGEN WESTLICHEN sind doch die besten Menschen überhaupt, die je über den Erdboden gekreucht sind!?
Es ging aber einmal mehr um die Gegenwehr eines in seinen Lebensweisen und Traditionen verwurzelten Volkes (siehe Einschub²) gegen den Universalismus einer nicht verwurzelten Menschengruppe, die sich Tutsi nennt bzw. so genannt wird. Denn seit je haben sich die Tutsi für die europäischen Aufklärer entschieden. Und somit vor allem für die protestantischen Priester wie für die protestantisch geprägten Europäer. Die DURCH UND IN DER KOLONIALILSIERUNG FUNKTIONALISTISCH UND ENTWURZELT HANDELTEN UND DACHTEN.
In dem sie willkürlich einen Kontinent mit dem Mammutpflug umgruben und in Staaten und Volksgemeinschaften und Multikulturalismen preßte, die ein Desaster an ontologischen Konflikten auslösten. Die vorher, als alle diese afrikanischen Völker und Menschen und Sprachgemeinschaften das Verhältnis zueinander so regeln und bedienen konnten, wie es ihrem eigenen Wesen und Fühlen und Denken entsprach, dem Kontinent eine gewisse Ordnung gegeben hatten. Soferne das ohne Christus möglich ist, weil - siehe oben! - dann immer fluid, aktualistisch bleibt. Die bestenfalls einen Anker der Beständigkeit in einer starren und vergötzten Tradition haben, samt einer Sonderstellung von Mythen und Überlieferungen, die das Absolute des verehrten Wertesystems bestätigen müssen.
So teilten sie auch die Tutsi willkürlich. Der Hauptteil des Volkes mit einer eigenen Sprache lebte fortan in Tansanija und Uganda, ein beträchtlicher Teil (rund zwei Millionen) aber in dem Gebilde namens Ruanda. Was gut, scheinbar friktionsfrei vonstatten ging, weil die Tutsi in vielem und ganz offenbar ein entwurzeltes Volk waren, das "offen" für alle möglichen Einflüsse war. Auch wie gesagt für die europäischen, auch für die der Aufklärung. Die aber vor allem in ihrer Haltung nach Kriterien wählten, was nützlicher war, was sie rascher und besser in gesellschaftliche Autoritätsstellungen kommen ließ, rascher zu Einfluß und Geld und Wohlstand, rascher zu Autoritätsstellungen die auf dem Vermitteln europäischer "Bildungsvorstellungen" beruhten, wie Lehrer und Studenten und Professoren und Universitätsdirektoren. Rascher zu - für die Europäer - sehr gebrauchsfähigen Beamten und Verwaltern und Sheriffs einer "neuen Weltordnung" sozusagen, die auch das Land der (diesen Kriterien nach zivilisatorisch unterlegenen) Hutu umspannten.
Und damit gegen jedes natürliche Empfinden dieses Volkes, das sich ohnehin sehr bald den vom Charakter der Ethnie her sehr verschiedenen Tutsi gegenüber benachteiligt (Siehe Einschub***) sehen mußten. Entsprachen doch die Tutsi mit ihren schlanken Körpern, den langen Nasen, den fast germanischen Kopfformen sogar den Schönheitsidealen der Europäer. Die die breiten Hutu-Nasen und diese gedrungenen Körper (als inkarnierte Heimtücke) nie mochten. Waren die nicht so ... deutlich sichtbar afrikanisch? Darf ich eine Vermutung anstellen? Auch wenn ich keine Zahlen gefunden habe, aber ich habe den starken Verdacht, daß die Hutu mehrheitlich katholisch, die Tutsi evangelisch/protestantisch waren. Die Gründe für diesen Verdacht kennt der Leser vielleicht. Immaculée spricht wohl nicht ohne Grund ständig von "christlich".
Morgen Teil 3) Der Haß auf die Schöneren ist uns bekannt. Dafür kann ein Hutu schon morden. Denn die Tutsi sind bei den Europäern beliebt, weil sie wie sie sind: Wurzellos, leistungs- und geldorientiert. Und schöner als die Breitnasenaffen, die sowieso ihr Recht - auf alles - im Blut der Opfer ertränkt haben.