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Mittwoch, 13. Oktober 2021

Ein Wetterleuchten der wahren Zustände

Wenn man im derzeitigen Desasterstadel Österreichischer Politik einen Wink Gottes sehen möchte dann läge er - leicht, sehr leicht - in der Wahl eines Grafen zum Repräsentanten der Politik als Kanzler. Also als über Lehen eingesetzten Tätigkeitsarm des Königs. Aber der Vergleich bricht rasch. Graf ist kein König. Wo ist also der Lehensherr? Wo der Machthaber? Liegt er nicht in dem, was nun der ÖVP vorgeworfen wird, was aber tatsächlich keine Partei unterscheidet? Nirgendwo, und zu keinem Zeitpunkt in Systemen, die sich "Demokratie" nennen, gibt es eine andere Form von Macht als die der Okkupation. 

Es ist also Illusion, blanke Illusion, im Umstand, daß Alexander Graf Schallenberg, der neue Kanzler der Republik Österreich Mitglied eines Hauses ist, das seit dem 17. Jahrhundert in den (Reichs-)Grafenstand erhoben ist, eine reale Wende zum Besseren zu sehen. Mehr als Camouflage, der sogar ein gewisser Zynismus nicht abzusprechen ist, ist es nicht. Vielleicht hat man sogar bewußt mit einem Umstand gespielt, den man offiziell verleugnet. Immerhin haben wir es ja mit "Demokratie" zu tun.

Aber die Reaktion der Öffentlichkeit darauf ist interessant*. Sie verweist auf das Verborgene, auf die Schollen des Seins, auf denen die Zeit treibt. "Ein Graf!" Es sagt viel über wahre Sehnsüchte in unseren Demokratien aus, und in Zeiten des Chaos bricht immer der Untergrund auf, auf dem man sich weiß, der aber nicht mehr dargestellt, also real wurde. 

Wenn man auch nicht mehr weiß, was Adel bedeutet, wohin er in Wahrheit degeneriert ist (und seit dem 17. Jahrhundert kann man nur noch solchen Adel erwarten). Die ersten Aktionen des neuen Kanzlers (der seinen gestürzten Vorgänger verteidigen zu müssen meint, anstatt das zu sein, was er sein sollte: Alternative, also "anders" gestrickt) zeigen auch diese unselige Wandlung: Zuerst ist da die Treue zum Herrn, dem er sein Lehen verdankt. Nicht mehr das Patronat über seine engere Umgebung, die er zu einem Organismus zusammenfaßt. Und das war das Haus Schallenberg, das seit dem 12. Jahrhundert als Land- und Gutsherrschaft aufweisbar ist, ganz sicher in seinen Wurzeln. (Sehr erhellend dazu: "Witiko" von A. Stifter, gerade über diesen Landstrich!)

Was in den letzten Tagen in Österreich offenbar wurde ist widerlich, aber es ist keineswegs ein Sonderfall gewesen, der mit "mehr Moral", die zu haben nun andere vorgeben (und es mag sogar sein, daß sie sie persönlich haben, aber was tut es zur Sache? nichts; es ist nur Dekor) auch "sauber zu halten" sei. 

ALLEN geht es um Macht und um Mißbrauch des Staates für persönliche und parteipolitische Zwecke, wie nun einmal mehr so peinlich und indiskret ans Tageslicht gekommen war. Und noná, wie sollte es anders sein?! Demokratie ist ja nur eine vermeintliche Alternative in der Verteilung von Macht, an sich aber noch kein Ziel, kein Programm. Sie ist eine technische Hülse, ein Procedere, das jeden Rückgriff auf Legitimität durch Gott vermeiden helfen soll, indem sich der Mensch in die Position Gottes setzt, und in eigener Gnade ermächtigen zu können vorgibt.²

Vielleicht hat Sebastian Kurz dieses Spiel am besten von allen derzeitigen Mitwerbern um Macht zu umgehen verstanden, indem er und seine Helfershelfer, die man als "System" bezeichnet, diese Heuchelei der Demokratie an sich am wenigsten ernstzunehmen beliebten. Typisch respektlose Jugend, typisch skrupellose neue Generation, kann man da nur sagen. Ein deutliches Aufleuchten dessen, was uns noch alles blühen wird, wozu sich diese Systeme noch entwickeln werden - zu technischen Monstern nämlich, in denen Moral nur noch die Rolle des Streusels am Feiertagskuchen spielen wird. Denn diese Jungen HABEN keine Moral, wo sollte sie auch herkommen.** Wo sollte deshalb auch jenes Schamgefühl herkommen, das die vorige Generation gerade noch ausreichend hatte, und sich in den Boden verkroch, wenn ihre Machenschaften aufgedeckt wurden.

Was immer auch getan werden wird, was immer auch getan wurde - es ist nur in Beziehung mit einer ontologischen Struktur zu sehen und zu begreifen. Die unerfüllt, aber drängend im Untergrund jedes Volkes (als Fraktale einer "großen Familie") liegt und jenen "dräut", also "droht", die den Umstand, daß der Königsstuhl unbesetzt ist, für ihre Zwecke ausnützen wollen. 

Darum kann man auch gleich jene Gedanken verwerfen, die einem nach Kurz fast Grauen machen, betrachtet man welche Stunde die Oppositionsparteien nun gekommen zu sein erhofft haben. Und mit Ideen ans Tageslicht kamen, die angeblich die wirklichen Probleme des Landes adressierten und von Kurz verhindert worden seien. Man kann in diesem System, das wie ein verwirrendes Lügenspiel PER SE über unsere Länder gespannt ist, nicht wünschen, es gäbe mehr oder weniger konservative Politik, wo doch in solchem System Politik zu machen fast immer in weiterer Subversion des natürlichen Volksgefüges und der göttlichen Ordnung mündet weil münden muß. 

An dieser Aporie, daß mit falschen Mitteln kein richtiges Ziel erreichbar ist, daß in einer Demokratie unseres Zuschnitts kein Volk zu einer Kultur geführt werden kann, die es bereits hatte, von der es so lange zehrt, bis nichts mehr übrig ist - damit auch: Moral, die ohne feste, einigende Religion nie zu halten ist, verdunstet und der ontologischen Struktur des Menschseins, wie es sich als Naturrecht dann zeigt, Hohn spricht. Wer seinen Flieder mit Terpentin gießt, wird keinen farbigeren, sondern gar keinen Flieder ernten.***

Deshalb lohnt es nicht, in Details der österreichischen Politikkrise des Augenblicks einzudringen. Und wir tun es auch nicht. Sollen die Scheinblätter der Medienlandschaft der systemischen Langeweile die Geräuschkulisse spielen.


*'Übrigens ist es ein recht normaler Akt der obersten Landespaternalität in gesunden Monarchien, die Eliten zu bestimmen und damit zu autorisieren, die das Land zu führen und die Ordnung - den augenblicklichen Umständen angepaßter, also aktualisierter - aufrecht zu halten haben. Denn Ordnung kann sich nur an Personen ausrichten, die somit die absolute Ordnung darstellen, durch sich durchleuchten lassen müssen. Es ist also ziemlich blamabel, wenn dieser Alexander Graf von Schallenberg als erstes Statement verkündet, sich an ... Sebastian Kurz zu orientieren weil dem Unschuldigen gegenüber "loyal" zu sein. So zeigt der Mühlviertler gleich einmal, daß er nichts verstanden hat, und nur vom Speck der Vorfahren zehrt. 

Die, wie so viele Adelige, die heute als solche herumlaufen, das Glück hatten, 1918 zu erleben. Denn damit ist auch die Fluktuation des Adels als Elite, dieses "hinauf und hinab", die unbedingt notwendige laufende Erneuerung endgültig unterbrochen, der damals faktische Adel eingefroren worden. Mit "Graf" war außerdem eine Funktion für ein lokales Gefüge verbunden, für sich stand der Titel nie. Adel ist immer ein "für - jemanden jenes sein und leisten".

²Damit wir uns verstehen: Eine Monarchie funktioniert nur mit äußerst starken, integeren, ja unantastbaren Substrukturen im Einzelnen, vor Ort gewissermaßen, die mehr mit Demokratie - weil mit wirklicher Mitsprache der Väter und Interessenträger eines Landes, vor allem aber mit der kleinsten Einheit jedes Staates, der Familie - tun haben, als sich die Hunzelkasperl, die sich derzeit Karriere und Bedeutung sehen, "in die Politik zu gehen" (nicht einmal dafür gibt es eine absolut gesehen korrekte, saubere Motivation; jede Motivation das zu tun ist in sich bereits krank) auch nur vorstellen können. 

Oder glaubt wirklich auch nur irgendjemand, daß solche Menschen (in solchen Systemen, muß man ergänzen) ein richtiges Politik- und Welt- und Menschenverständnis haben können, die "Inspirationen" von Silicon Valley, Bill Gates und den Flugschriften eines Gustav Schönschrinkbein erhoffen? Demokratie, die sich erhalten und ernähren will, wird aber immer ziellos und deshalb rein machtorientiert sein. Während ein Monarch sich keinen Kopf um seine Macht machen muß. Wenn das eintritt, ist es ohnehin bereits zu spät und irreparabel. Aber es ist in Monarchien ein Zwischen-, kein Dauerzustand weil System. Macht wird erst in der Demokratie zum ERSTEN Ziel, ohne die alles weitere ohnehin Kinkerlitzchen sind.

Aber es gehört zum Spiel der Lüge und des Betrugs der Völker so zu tun, als seien Skandale um Machtmißbrauch und -usurpation in einer Demokratie das Systemfremde und damit Vermeidbare. Nein. So wie dem Kapitalismus systemimmanent ist, daß er das Geld des Staates braucht, darauf abzielt, um das Volksvermögen an sich reißen und aufzuzehren, so ist in der Demokratie unseres westizistischen Zuschnitts der Skandal des Machtmißbrauchs Systembedingung.  

Mit anderen Worten: Auch bei uns haben die Monarchien (bis zu dem Zeitpunkt des Absolutismus, wo sich bereits der Demokratismus zu melden begonnen hatte, also als Gegenreaktion, als "Reform der Handlungsfähigkeit" nach Jahrhunderten des Zerfalls, wo alles brach zu liegen begonnen, das Chaos auszubrechen begonnen hat, ähnlich dem, wie es Kurz in Österreich umgesetzt hat und es alle umzusetzen probieren) eine Volksdemokratie vorgezeigt, in der die konstruktive Bürgerschaft ihre Lebensbedingungen regeln konnte, in einer Freiheit und Unangetastetheit, die wir Heutigen uns nur in nostalgischen Stunden noch erträumen können. Kein Königtum hat ohne Beraterschaft funktioniert, keines hat sich je wirklich halten können, das das nicht tat, während diese Beraterschaft wiederum tief in die Strukturen des "regierten Volkes" gereicht hat.

Wir wiederholen also, was längst Simone Weil formuliert hat, und auch die hat nur einen Gedanken aufgegriffen, der seit Beginn dieser Komödienstadel "Demokratie" offenlag: Man muß Parteien verbieten! Anders ist eine Volksvertretung nicht möglich als durch die Wahl eines Vertreters, den seine Wählerschaft persönlich kennt, und der ihr in persönlicher Verantwortung gegenübersteht. Und alles vereint, was heute in zahllose Ebenen aufgeteilt und aufgelöst ist: Lokalität, Personalität, Moral und Mitbestimmung für den eigenen Lebensbereich. Und wo kein Staat sich anmaßt, in die natürliche Struktur einer Familie und deren engster Umgebung einzugreifen. Denn das war der Leitgedanke zur Einführung dessen, was sich so verlogen "Volksherrschaft" nennt, DEMO-KRATEION.

**Wir haben an dieser Stelle Sebastian Kurz seit je abgelehnt. Denn in einer Notverwaltung, wie sie "Demokratie" bestenfalls sein kann, kommt es besonders auf die persönlichen Befähigungen des Führenden an. Und die kann ein junger Mensch definitiv nicht haben, wie sich in Corona auch gezeigt hat: Ihm fehlt noch mehr in einem System, in dem Politik zur "Karrieremöglichkeit" wurde, wie ein Beruf (siehe Max Weber; der hat das alles doch vorhergesehen, man lese sein "Politik als Beruf") angesehen und damit Machtgewinn und Machterhalt zur einzigen Quelle des Persönlichkeitswachstums wird.  

Auch hier der Unterschied: In einer Monarchie ist es weit mehr die Struktur, die führt, als die Einzelperson. Sie verträgt auch schlechte Monarchen, wenn auch dort nicht auf Dauer. Aber es gibt auch in der Monarchie - man sehe die Geschichte unterster Länder an! - Korrektive für unhaltbare Zustände. Gerade im Königtum der deutschen Völker ist das Widerstandsrecht (s. O. Brunner et. al.) sehr ausgebaut und historisch präsent. Wehe dem König also, hat es hier immer geheißen, der sein Amt schlecht ausübt! Und was heißt "schlecht"? Der den natürlichen Entfaltungsreichtum der Familie bricht, einengt und zerstört.

***Es war deshalb bemerkenswert und hoch interessant, daß die Taliban in Afghanistan als ersten Schritt der Neuordnng, ja Etablierung des Staates die alte Verfassung als Königreich aufleben ließen und nach Jahrzehnten wieder inkraft setzten. Da hat jemand möglicherweise etwas sehr richtig verstanden! Für mich ist es der spannendste Staat der Gegenwart, und umso weniger verwundert es, wenn nun eine Störaktion nach der anderen - Bombenanschläge werden bereits vermeldet - diese Neuordnung von außen her verhindern soll. Man stelle sich vor, es würde hier ein Ausweg aus dem Irrsinn der Gegenwart vorgezeigt. Undenkbar die Konsequenzen für den Rest der Welt ...



*131021*