Auf ganz exakt dieselbe Weise wie der hier bereits vorgestellte Menyhért (Melchior) Palágyi kritisiert Alfred North Whitehead* in "Prozeß und Realität" den psychophysischen Parallelismus, der sich auf die Wahrnehmungslehren von Locke und Hume (aber bereits in Descartes angelegt) begründet und auf unheilvolle Weise bis zum heutigen Tag in Philosophie und Psychologie weiterwirkt. Selbst Kant hat sie auf einen Holzweg geführt.
Demgemäß baut dieser Sensualismus darauf auf, daß der sinnliche Eindruck direkt zu einer Wahrnehmung führt, als Teil eines physiologischen Geschehens in den Nervenbahnen. Es gibt keinen als solchen identifizierbaren geistigen Akt, geistige Akte sind physiologische Geschehen, die in direkter Verbindung zu Sinneswahrnehmung stehen. Daraus konstruiert sich im Menschen - so diese englische Schule - in einer Art Erinnerungs- aus Wiederholungsprozeß die Begrifflichkeit, die Abstraktion als sensualistisches Bild. Abstrakta sind dann jene Begriffe, die bei Wiederholung bzw. je nach Eindrucksstärke mit der als Gewohnheit empfundenen Einheit von Sinneseindruck und Reaktion erwachsen.
Daraus sieht man, wie aktuell diese Ansichten sind: Die aktuelle Gehirnforschung beruht im Wesentlichen genau darauf!
Daraus sieht man, wie aktuell diese Ansichten sind: Die aktuelle Gehirnforschung beruht im Wesentlichen genau darauf!
Nach Hume beruht unser Verhalten, das Kausalität voraussetzt, auf der Wiederholung miteinander verbundener vergegenwärtigender Erfahrungen. Daher sollte die lebhafte Vergegenwärtigung der vorausgegangenen Wahrnehmungsgegenstände das sensitive oder kognitive Verhalten nachdrücklich in die damit verbundene Konsequenz treiben. Die klare, deutliche und überwältigende Wahrnehmung des einen bildet den Grund für den subjektiven Übergang zum andren. Denn das Verhalten, das man so interpretieren kann, als unterläge es der Kausalität, ist nach dieser Theorie die subjektive Reaktion auf vergegenwärtigende Unmittelbarkeit. Nach Hume ist diese subjektive Reaktion das A und O der Kausalität. In Humes Theorie handelt es sich um eine Reaktion auf vergegenwärtigende Unmittelbarkeit und nichts anderes. Auch ist die in der Reaktion zum Vorschein kommende Situation nichts anderes als eine unmittelbare Vergegenwärtigung oder eine Erinnerung an eine solche.
Das, schreibt Whitehead, mag auf einen puren Reflex zutreffen, etwa nach der Aussage, daß "uns der Blitz zum Blinzeln brachte", und trifft in gewisser Hinsicht auf das Tier- und Pflanzenreich zu. Aber es geht dabei in jedem Fall die "ergänzende" und "geistige" Dimension der Wirklichkeit - auch das eine Beobachtungstatsache - verloren, spielt wie im Anorganischen keine Rolle mehr.
Er zeigt genau wie Palágyi, in welche Widersprüche sich diese Lehre als Wahrnehmungs- und Bewußtseinstheorie für den Menschen aufgrund der allen zugänglichen Empirie verstrickt, und unmöglich stimmen kann. Sie setzt Aspekte voraus, über die sie aber gar nichts wissen kann.
Er zeigt genau wie Palágyi, in welche Widersprüche sich diese Lehre als Wahrnehmungs- und Bewußtseinstheorie für den Menschen aufgrund der allen zugänglichen Empirie verstrickt, und unmöglich stimmen kann. Sie setzt Aspekte voraus, über die sie aber gar nichts wissen kann.
Aber das allgemeine Vorgehen des modernen philosophischen "Kritizismus" besteht darin, die Gegner strikt an der Eingangspforte der vergegenwärtigenden Unmittelbarkeit als der einzigen Informationsquelle festzuhalten, während die eigene Philosophie durch eine Hintertür entkommt, die vom gewöhnlichen Sprachgebrauch verschleiert wird. (/cit.)
Dieses Verhalten freilich ließe sich sehr häufig diagnostizieren. Wiederholung - Gewöhnung ... eine Kategorie? Hat Hume doch recht? ;-)
*Der Verfasser dieser Zeilen hat noch keinen Hinweis gefunden, daß beide voneinander überhaupt auch nur wußten. Insbesonders Palágyi - bei dem sich Einstein so schamlos, dabei aber mißverstehend bediente, daß Palágyi einen Plagiatsprozeß führen wollte - ist aufgrund seines Lebensschicksals, sieht man von einem ganz kleinen Kreis ab, nahezu unbekannt geblieben. Und das ist höchst bedauerlich. Es gibt aber Hinweise, daß er heute tatsächlich allmählich wieder auftaucht. Denn seine Wahrnehmungslehre, die auf der Selbstbewegung gründet, sie wird hier noch vorgestellt werden, taucht in aktuellen Publikationen (z. B. rund um den Themenkreis Theater und Rezeption stieß der Verfasser dieser Zeilen darauf, zu seiner großen Überraschung und in sehr fruchtbarem Ansatz) verschiedentlich wieder auf.
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