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Sonntag, 21. Juli 2013

Welt der Sklavenhalter

Die FAZ stellt in einem Beitrag interessante Überlegungen an. Denn auch der geneigte Leser ist wohl der Meinung, daß er nichts mit Sklaverei zu tun hat. Aber das könnte ein Irrtum sein, den die Globalisierung elegant verschleiert. 

Das amerikanische Projekt Slaveryfootprint ist den Warenströmen von 400 Produkten nachgegangen, von Textilien bis zur Unterhaltungselektronik. Und ist dabei auf bemerkenswerte Tatsachen gestoßen: nahezu in allen diesen Produkten steckt Sklavenarbeit. Sei es auf den Baumwollfeldern Usbekistans, den Kobaltminen im Kongo, auf Kaffeplantagen oder für Smartphone-Bestandteile arbeiten Menschen, die dies nicht freiwillig tun, und die dafür auch nicht bezahlt werden, deren Existenz umgekehrt davon abhängt, obwohl sie ausgebeutet werden. Die gekauft und verkauft werden. 27 Millionen Menschen leben weltweit so, schätzt das Projekt.*

Nicht gerechnet werden natürlich hier jene, und das ergäbe ein Vielfaches dieser Zahl, die unter würdelosesten Umständen und niedrigsten Löhnen arbeiten und existieren, dies aber "freiwillig" tun, wofür das Attribut "ungerecht" aber gar nicht immer zutreffend ist. Für Adidas Fußbälle nähende Frauen in Pakistan erhalten zwar tatsächlich nur wenige Cent pro Stunde Arbeit, aber das ist in lokalen Verhältnissen gesehen nicht einmal das Schlechteste, was ihnen passieren kann. Dieses Faktum spielt nur bei anders gelagerten Betrachtungsweisen eine Rolle. Etwa wenn man davon spricht, daß der hohe Grad an Ausstattung mit Technik und Maschinen in Europa eine "Verringerung der zu leistenden menschlichen Arbeit" gebracht hätte. 

Der Irrtum dieser Aussage läßt sich erst im globalen Maßstab erkennen, weil erst er der globalen Natur so vieler unserer Vorzeigeprodukte gerecht wird. Wirtschaftlichkeit gerade technischer Vorgänge ist heute nahezu immer auf der Grundlage enormer Kaufkraft- und Wohlstandsunterschiede weltweit aufgebaut. Sodaß durch billige Arbeit in China oder Vietman oder Bangladesh rentabel oder überhaupt erst möglich wird, was im europäischen Maßstab unmöglich wäre. Dort wird das an Mehrarbeit geleistet, das jeder technisierte, maschinisierte Prozeß auf anderen Stufen mit sich bringt.

Auf der Internetseite www.slaveryfootprint.org., die vom amerikanischen Außenministerium mitfinanziert wird, läßt sich ermitteln, wieviele SKLAVEN für den eigenen Wohlstand und Güterbesitz tätig sind. Die Redakteurin des Artikels in der FAZ kam, als sie ihre Dinge das Alltags durchging, auf 36.




*Bei aller Bewunderung für die Antike sollte nicht übersehen werden, daß diese Gesellschaften, auch Rom und Athen, auf der Arbeit von Sklaven aufgebaut war. Auch wenn diese nicht unter Spielberg'scher Sentimentalitätshysterie gesehen werden dürfen. Denn meist war ihre Lebensart der eines (niedrigrangigen) Familienmitglieds gleichzustellen, einerseits, anderseits gibt es auch heute menschliches Gebahren, das den Verlust des Handlungsfreiheit nach sich zieht. Und das ist nicht per se ungerecht. Schon wer sich in Schulden stürzt ist in seiner Entscheidungsfreiheit deutlich eingeschränkt. Etwas, das heute viel zu wenig gesehen wird. Denn eine ver- und überschuldete Gesellschaft verliert ihre Freiheit, und damit die Dynamik ihrer Entwicklung.




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