Man darf zwar nicht den Fehler machen, diese Vorgänge für eine Volkswirtschaft selbst zu halten, aber war die Graphik recht gut darstellt sind die für sich betrachtbaren Regelkreise, in die Finanzpolitik in den drei Faktoren Banken - Nationalbanken (Währungsstabilität) - Staat (Steuern) zusammengespannt sind.
Quelle: FAZ |
Mehrere Faktoren bestimmen diese Regelkreise, betrachtet man sie für sich: Steuern, Schulden, Geldmenge, Zinsniveau, Inflation/Deflation (Geldwert). Sie bestimmen das Vertrauen in eine Währung, die unter einem gewissen Blickwinkel als Verpflichtungen des Staates gesehen werden können.
Wesentlichster Faktor ist deshalb die Rückzahlkraft eines Staates, die den Wert der Staatssschuld bestimmt, und sich wesentlich aus der Einschätzung der zukünftigen Steuereinnahmen speist. In diesem Lavieren befindet sich ein Staat in zwei Teufelskreisen. Denn steigt der Wert seiner Schulden (Staatspapiere), erhöht sich die Geldmenge über Kredite der Banken. Damit aber wird Inflation wahrscheinlich, die diesen selben Wert wieder senkt. Die Wirtschaft geht zurück, die zukünftigen Steuereinnahmen sinken. Und umgekehrt.
Dazu kommt die Geldwertpolitik, die diese beiden Faktoren auszugleichen versuchen muß. Der Staat steckt deshalb in einer Zwickmühle. Betreibt er Inflationsbekämpfung durch Senkung der Staatsausnahmen, gefährdet er das Wirtchaftswachstum, und er gefährdet den Wert seiner Schulden. Wenn er Politik betreibt, die Wirtschaftswachstum durch Geldmengenwachstum hervorreizen soll, geht das Spiel mit umgekehrten Vorzeichen, und er kann sich nur durch Inflation entschulden, weil die Steuerbelastung dämpfende Wirkung hat. Damit sinkt der Wert seiner zukünftigen Steuereinnahmen.
Diese Regelkreise überlagern sich wechselseitig, und das kann zu einem Punkt führen, daß sich überhaupt keine Fiskal- und Währungs- und Zinspolitik noch berechenbar verhält. Nur so aber kann Vertrauen in eine Währung aufrecht bleiben.
Derzeit wird diese Sichtweise von Geld/Währung unter Ökonomen heftig diskutiert. Zumal die Realität tatsächlich zeigt, daß sich die diesen Systemen unterlegte Voraussetzung (Vertrauen in das Geld bzw. eine Währung) sprunghaft und auf den Staat selbst bezogen verhält. Man merkt aber lange Zeit gar nicht, ob das Vertrauen in das Geld sinkt oder stabil bleibt, es drückt sich aufgrund dieser Regelkreise nicht aus. Sodaß sich eine eventuelle allmählich vorgegangene Erosion des Vertrauens blitzartig und überraschend auswirkt. Wie es sich in Argentinien im Jahre 2000 abgespielt hat. Dann "springt die Inflation aus der Kiste."
Gleichzeitig steht die These im Raum, daß sich ein Staat mit so hohen Schulden, wie es derzeit der Fall ist, gar nicht anders denn über Inflation entschulden kann. Das heißt, daß er sich in einem Interessenskonflikt befindet. Denn Deflation erhöht den Wert seiner Schulden, er verliert damit (und mit den zu erwartenden Steuermindereinnahmen) Rückzahlpotenz, und steuert auf einen Staatsbankrott zu. Erhöht er stattdessen die Steuern, drückt er erneut die Wirtschaftsleistung - der nächste Teufelskreis setzt ein.
Damit kann ein Staat in die Lage kommen, daß gar nichts mehr regelbar wird, er nichts mehr tun kann, außer sich möglichst wenig zu bewegen.
Auf den Euro betrachtet, bleibt, wenn man mit ihm Währungspolitik machen will, aber damit gar keine andere Wahl, als die jeweilige Nationale Wirtschafts- und Geldpolitik gleichzuschalten, um überhaupt Regelmöglichkeit, Handlungsfähigkeit zu bewahren. Unabhängig von der Charakteristik der jeweiligen Volkswirtschaften. Damit aber gefährdet man die Grundlage des Euro, die Stabilität und damit Steuertragekraft einer Volkswirtschaft selbst. Denn es sind immer die Volkswirtschaften, die eine Währung, und damit auch den Euro tragen müssen. In dieser Zwickmühle befindet sich Europa ja derzeit.
Denn was all diese Überlegungen zugrundeliegt ist das absolute Ziel, einen staatlichen Apparat "so wie er ist" aufrechtzuhalten. Nur so kann der gegebene Wohlstand* überhaupt gesichert werden. Dieses System ist also aus sich heraus gezwungen, sich in allen Faktoren unverändert zu halten. Wie bei einem Turm, der aus Bausteinen aufgebaut ist, und aus dem nach und nach Klötze herausgezogen werden. In der Hoffnung, daß es nicht dieser eine Klotz ist, der den Turm zum Einsturz bringt. Denn dann ist nichts mehr berechenbar.
*Ein zum Dogma erhobener Begriff, der mit dem eigentlichen Staatsziel - Gemeinwohl - nur noch am Rande zu tun hat. Aber er wird von der These gestützt, daß die politischen Systeme durch "soziale Unruhen" gefährdet werden können - so, wie man die Vorgänge 1933ff deutet. Damit wird Stabilitätspolitik mit Friedenspolitik gleichgesetzt. Man verkennt dabei aber etwas Wesentliches: Ist das System erdrückend, und dazu tendiert diese Stabilitätspolitik, erhöht sich erst recht das Rebellionspotential. Denn nimmt man den Menschen die Freiheit, engt man ihr Tun zu sehr auf "Alternativlosigkeit" ein, bricht sich die menschliche Natur in einem Befreiungsschlag bahn. Die nicht "im Wohlstand" leben will, sondern in der Freiheit des Lebensvollzugs, auch wenn sie vor der daraus erwachsenden Eigenverantwortung Angst hat.
Staaten und Völker müssen sich deshalb in einer Art dialektischem Pendeln verhalten und verhalten können. Kein System, kein Zustand, kein politisches System kann dogmatisiert und verewigt werden. Wenn man dieses Ausschlagen des Pendels, dieses Hin- und Herwechseln nicht akzeptieren will, steuert man auf eine umso schwerwiegendere Katastrophe zu, weil dazu notwendig ist, sämtliche Vorgänge in einem Volk und seinem Wirtschaften als Ausdruck des Lebensvollzugs zu paralysieren. Nur wenn man dieses Pendeln akzeptiert, wozu es ein Abgehen vom verabsolutierten Staatsverständnis braucht, kann sich ein Volk in einem gewissen Rahmen der Stabilität halten. Kurz gesagt: Ein Volk, ein Staatsgefüge braucht die Möglichkeit, sich durch laufende Krisen (und Reformen) in seiner Mitte zu halten, die die Resultante des Pendelns ist. Und dabei ist das Staatssystem nebensächlich. Auch die Regierungsform muß sich ändern können, denn jede Zeit hat - schon gar im Wechselspiel der Interaktion eines Staates im Rahmen eines überstaatlichen Gefüges - ihre je anderen Aufgabenstellungen. Anders geht das gar nicht.
Wobei Stabilität - aber in dieser Form betrachtet - tatsächlich eines der vorrangigsten, wenn nicht DAS vorrangigste Ziel eines Staates ist. Nachdem wir aber dieses demokratische Gefüge verabsolutiert haben, steuern wir unweigerlich auf eine wirklich fundamentale Krise zu. Das Studium der Geschichte der Revolutionen zeigt dabei (es wurde an dieser Stelle bereits eingehend besprochen), daß es nicht die "Armen" sind, die solche Umstürze auslösen oder bewirken (es ist also nicht das "Wohlstandsgefälle", das "Unruhen" auslöst), sondern jene, die Wohlstand und Ansprüche HABEN - und diese Ansprüche ans Leben bedroht sehen.
Dabei stellt sich heraus, daß ein Staatsvolk, ein Volk, einen stabilisierenden Faktor als Mittelpunkt ihrer Kreise will und braucht. So, wie ihn der Fürst, der König, der Kaiser als Prinzip darstellt, und wie es in den europäischen Republiken der Präsident darzustellen versucht. Die Geschichte zeigt, daß sich ein Volk diesen Faktor, wenn er ausfällt - man betrachte zur Illustration die Geschichte der französischen Revolution - sogar SUCHT. Personal, denn ein Ideen- und Funktionssystem kann das niemals ersetzen. Menschliche Gemeinschaften brauchen Menschen als reale Anker dieser Gemeinschaftsgestalt, Idee kann das niemals ersetzen. Das ist keine "bedauerliche Konzession an Schwäche", sondern das ist Wesen des Menschlichen. Napoleon hat es als erster (damals) begriffen.
Und auch die Entwicklung der Demokratien Europas zeigt diese unausweichliche Tendenz zur Personalität. Ja, das läßt sich selbst aus der Entwicklung der EU herauslesen, die im selben Atemzug als sie um personales Prinzip ringt, ihre Verankerung im Absoluten (durch Dogmatisierung und Totalisierung ihrer selbst) zu betreiben versucht. Denn weil diesem Prinzip heute die absolute Fundierung fehlt, darf man gespannt sein, was sich ent-wickeln wird. Gefährlich im Sinne des Gemeinwohls der Völker, der Politik ist nicht, das zu betreiben, sondern es nicht zu sehen. Denn damit entwickelt sich Ungesehenes, Unverantwortetes, wird das Sichtbare zum bloßen Schein. Es ist sinnlos, gegen das Sein handeln zu wollen.
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