Opportunismus, so der deutsche Ökonom Thomas Straubhaar in der Welt, ist der Grundzug der Gegenwart. Er zeigt es am Beispiel der Castings-Shows wie "Germany's next Top-Model", die diese Haltung so vollkommen abbilden.
Sie tun nicht, was ihnen gefällt, sondern wollen anderen gefallen. Sie
sagen nicht, was sie denken, sondern was sie glauben, von Ihnen erwartet
wird. Sie folgen nicht ihren Überzeugungen, sondern jenen anderer.
Heidi Klum sucht nicht nach "wahrer Schönheit", auch geht es für die Kandidaten nicht darum, durch persönliche Eigenschaft zu überzeugen.
Vielmehr werden sie [die Juroren, Anm.] jene junge Frau zum nächsten Topmodel machen, von
der die Jury überzeugt ist, dass sie der Modebranche am besten gefallen
wird, die also dem Ideal der Agenturen, Designern, Creative und Art
Directoren möglichst weitgehend entspricht.
Nun könnte man einwerfen, daß Straubhaar ein ungünstiges Beispiel ausgewählt hat. Denn es gehört ohnehin zum Wesen der Frau, ihre Identität zu empfangen. Er beklagt also etwas, das noch nie anders war.
Daß aber diese Haltung nicht auf Frauen beschränkt bleibt, zeigt, in welchem Maß wir bereits verweiblicht - entmännlicht - sind.
Politiker machen nicht, was Ihnen richtig erscheint, sondern was
politisch als korrekt gilt. Regierungen folgen nicht ihren langfristigen
Wahlprogrammen, sondern kurzfristigen Umfragen über Popularitätswerte.
Wissenschaftlern geht es weniger um neue Einsichten, sondern um die
Publikationsfähigkeit. Medien verfolgen nicht Themen, die sie als
unverzichtbar erachten, sondern jene, die hohe Quoten erzielen.
Entsprechend sind die Kriterien für Wert und Selbstwert sämtlich Kriterien des Gefallens geworden. Ob das "like" im Internet, oder die Zugriffszahlen und Kommentare auf Youtube.
Zu definieren, was wir sind, wird zu einem Suchen und Ergreifen dessen, was wir für andere sein könnten.
Und das, werter Leser, ist auch nichts Neues. Denn der Mensch ist Mensch für andere. Zeichnen wir den Kreis in seinem ganzen Umfang nach: Um frei zu sein,
wird die Definition der Identität durch andere (das familiäre und
nächste Umfeld) ausgeschaltet. Zynisch nennt man Chancengleichheit, was bereits ein Differenzierungsprozeß ist, der umso prägender und einseitiger und zufälliger verläuft, als er auf gar keine Ganzheit in den Menschen mehr trifft. Die nur im Feld der Familie grundgelegt werden kann. Denn die Familie liebt einander nicht "weil man dieses oder jenes kann", sondern weil man IST, was immer man konkret ist.
Solcherart identitätslos, sucht der Mensch, der sich von außen
empfängt, der sich nur durch Selbstüberschreitung ins Unbestimmte von den anderen her definiert, eine Basis zur
Freiheit bilden kann, in der sein individueller, nur gefühlt möglicher Aspekt sich einen Weg in die Welt sucht, nunmehr dieses Gegebene durch Gefallsucht, durch
Opportunismus. Denn nur in einer Identität, um die er nun bettelt, kann er überhaupt zu einem Menschen werden.
Nun läßt sich Identität nur aus einem Gesamt erfasssen, in das jemand eingefügt ist, denn sie ist sui generis die Definition der Beziehungen innerhalb eines Ganzen. Der entscheidende Moment dabei ist also, daß der junge Mensch, das Kind, die Familie, das ernste Leben der Nachbarn, der Gretzels, was auch immer, nicht mehr als das integeres, identitätsgebendes wie ihn bestimmendes wie von ihm bestimmtes Ganzes erfährt.
Nun läßt sich Identität nur aus einem Gesamt erfasssen, in das jemand eingefügt ist, denn sie ist sui generis die Definition der Beziehungen innerhalb eines Ganzen. Der entscheidende Moment dabei ist also, daß der junge Mensch, das Kind, die Familie, das ernste Leben der Nachbarn, der Gretzels, was auch immer, nicht mehr als das integeres, identitätsgebendes wie ihn bestimmendes wie von ihm bestimmtes Ganzes erfährt.
Unsere Identitäten² werden damit zufälliger, enger, konventioneller, nicht freier und unabhängiger. Das erste mal, wo jemand mit solchen geschlossenen Einheiten konfrontiert wird, ist meist - die Schule, der Staat.
Differenzierungen werden groteskerweise nicht, wie von jenen behauptet, die etwa die festlegende Differenzierung in den Schultypen* kritisieren, später, sie werden lediglich anders gelegt. Die aus der Familie heraus erhaltene ständische Identität legt dabei auch ein spezifisches, engeres oder weiteres Begabungsbild als Anforderungsbild fest, bildet jene Basis, aus der heraus der Einzelne individiuelle Wege finden kann, von dem heraus er in die Welt tritt, sie sich nach und nach aneignet.
Nur von einer festen Basis, von einem Blickwinkel aus kann man ins Leben treten, und nur so erfährt man, wo der Anzug, der einem von Geburt an angezogen wurde, denn nur mit Anzug kann man Mensch sein, zu eng oder zu weit ist.
Differenzierungen werden groteskerweise nicht, wie von jenen behauptet, die etwa die festlegende Differenzierung in den Schultypen* kritisieren, später, sie werden lediglich anders gelegt. Die aus der Familie heraus erhaltene ständische Identität legt dabei auch ein spezifisches, engeres oder weiteres Begabungsbild als Anforderungsbild fest, bildet jene Basis, aus der heraus der Einzelne individiuelle Wege finden kann, von dem heraus er in die Welt tritt, sie sich nach und nach aneignet.
Nur von einer festen Basis, von einem Blickwinkel aus kann man ins Leben treten, und nur so erfährt man, wo der Anzug, der einem von Geburt an angezogen wurde, denn nur mit Anzug kann man Mensch sein, zu eng oder zu weit ist.
Das vorgebliche Offenhalten "aller" Wege durch Verweigerung ständischer (als die Familie bestimmende) Identität, die in Wahrheit die Weitergabe einer ganz anderen Identität, eines sehr bestimmten Blickwinkels bedeutet, wirkt noch dazu in jedem Fall altersinadäquat. Denn nur innerhalb des fließenden Übergangs in der Familie formen sich Identitäten "zeitgerecht" und individuell. Die Kinder kommen also bereits "verunsichert" in die öffentlichen Institutionen. Für viele endet schon deshalb die Schullaufbahn überhaupt nie mehr - womit wir es heute oft zu tun haben ist eigentlich eine lebenslange "Schulmentalität": man erhofft Noten, geht zum Lehrer sich zu beschweren, und im Grunde ist alles Spiel, während das Leben einfach nicht anfängt, man immer darauf wartet oder es hinausschiebt.
Junge, haltlose Menschen werden dort gezwungen, sich in wilder Gier nach Festlegung einen Ort zu finden. Der den Heranwachsenden fehlt, um sich in der amorphen Massenidentität noch Selbstsein zu sichern. Es ist Unrecht, die Verantwortung dafür einfach den "heute so desolaten Familienverhältnissen" zuzuschieben, wie man es bei Lehrern oft hört. Zwar sind sie nicht verantwortlich, aber auch die Eltern sind es oft nicht. Die Desorientierung der Familienverhältnisse stammt ZU ALLERERST aus der Auflösung der Ehe, der Zueinanderordnung von Mann und Frau. Von dort aus findet die Familie mit Kindern gar keine Ordnung mehr. Das ist ein Gesetzesproblem, keines individueller Moral! Wer die Eheauffassung der Orthodoxen betrachtet, findet in deren stärkerer Gewichtung des Aspekts der Ehestiftung DURCH DIE GEMEINSCHAFT, die Ecclesia, diese Aussage deutlich untermauert.
Haltlos, erfährt sich das Kind aber nun, in einer gesichtslosen Schule, die ebenfalls die Einordnung verweigert, auf "objektiven Nutzwert" reduziert, der einzigen Unterscheidung in einem Feld der gesichtslosen Gleichen.** In dem man es dem Kind - offiziell - selbst überläßt, sich eine Identität zu wählen.
Und genau das kann der junge Mensch nicht, genau das würde ja der Weg zum Erwachsenwerden bedeuten: Zu lernen, eine Identität, die Bestimmtheit von Beziehungen zu TRAGEN (als Setzen und Ertragen), die man in der Jugend noch nach und nach justieren, ausprobieren kann, um sie zu jener Spielart zu bringen, wie nur man selbst es kann - und soll.
Junge, haltlose Menschen werden dort gezwungen, sich in wilder Gier nach Festlegung einen Ort zu finden. Der den Heranwachsenden fehlt, um sich in der amorphen Massenidentität noch Selbstsein zu sichern. Es ist Unrecht, die Verantwortung dafür einfach den "heute so desolaten Familienverhältnissen" zuzuschieben, wie man es bei Lehrern oft hört. Zwar sind sie nicht verantwortlich, aber auch die Eltern sind es oft nicht. Die Desorientierung der Familienverhältnisse stammt ZU ALLERERST aus der Auflösung der Ehe, der Zueinanderordnung von Mann und Frau. Von dort aus findet die Familie mit Kindern gar keine Ordnung mehr. Das ist ein Gesetzesproblem, keines individueller Moral! Wer die Eheauffassung der Orthodoxen betrachtet, findet in deren stärkerer Gewichtung des Aspekts der Ehestiftung DURCH DIE GEMEINSCHAFT, die Ecclesia, diese Aussage deutlich untermauert.
Haltlos, erfährt sich das Kind aber nun, in einer gesichtslosen Schule, die ebenfalls die Einordnung verweigert, auf "objektiven Nutzwert" reduziert, der einzigen Unterscheidung in einem Feld der gesichtslosen Gleichen.** In dem man es dem Kind - offiziell - selbst überläßt, sich eine Identität zu wählen.
Und genau das kann der junge Mensch nicht, genau das würde ja der Weg zum Erwachsenwerden bedeuten: Zu lernen, eine Identität, die Bestimmtheit von Beziehungen zu TRAGEN (als Setzen und Ertragen), die man in der Jugend noch nach und nach justieren, ausprobieren kann, um sie zu jener Spielart zu bringen, wie nur man selbst es kann - und soll.
Weder unser familiäres, vertraut nachbarliches Umfeld legt sohin einen Grundstein einer Ganzheit, die einen Grundethos formt, aus dem heraus das Leben Individualität und Sonderrolle ergreift, noch die Schule, sondern spätere willkürliche öffentliche Mechanismen - Identitätsbildung wird dabei vom Persönlichen hin auf Funktionen verlegt, was unmöglich ist. Aber der Wahn, Gestalten aufzulösen, und nur noch über Funktionen zu definieren, bewirkt daß NICHTS mehr Identitäten stiftet, daß es kaum noch Gruppen, Zugehörigkeiten gibt, die solches leisten.
So hält sich die Selbstverortung in Schwebe, und provoziert Auswege, die zu Notgriffen werden. Um doch jene Basis zu finden, auf er man erst selbst sein, ein Selbst entwickeln kann: als Ethos, aus dem sich ein Gefüge von Beziehungen formt, wie umgekehrt jenes dieses prägt. Eine Auflösung von allem und jedem, sozusagen. (Die Bedeutung von Differenzierungsmitteln war kaum wo so ausgeprägt und wurde so perfekt bedient, wie in den Gesellschaften der "Gleichen" - im Kommunismus etwa.)
Der perfekte Boden für reine Massengesellschaften sind identitär nicht festgelegte, suchende Menschen, die in ihrer Selbstbestimmung völlig auf sich geworfen sind. Jacques Ellul zeigt so hervorragend in "Propaganda", was die Geschichte nur bestätigt.
So hält sich die Selbstverortung in Schwebe, und provoziert Auswege, die zu Notgriffen werden. Um doch jene Basis zu finden, auf er man erst selbst sein, ein Selbst entwickeln kann: als Ethos, aus dem sich ein Gefüge von Beziehungen formt, wie umgekehrt jenes dieses prägt. Eine Auflösung von allem und jedem, sozusagen. (Die Bedeutung von Differenzierungsmitteln war kaum wo so ausgeprägt und wurde so perfekt bedient, wie in den Gesellschaften der "Gleichen" - im Kommunismus etwa.)
Der perfekte Boden für reine Massengesellschaften sind identitär nicht festgelegte, suchende Menschen, die in ihrer Selbstbestimmung völlig auf sich geworfen sind. Jacques Ellul zeigt so hervorragend in "Propaganda", was die Geschichte nur bestätigt.
Nunmehr soll die ins Leben entlassene, aber nie erzogene Jugend, sich eine Gesellschaft selbst erfinden. Am besten mit jeder Generation neu. Die nur eines nicht sein darf: So, wie sie bereits einmal war. Und dabei genau nach dem greifen muß, weil sie sonst nichts hat - außer die Abhängigkeit von pausenloser Aktualität. Wie es sich in social media und Facebook-Aktivität nämlich ausdrückt.
Der Mut zum Selbstsein, das ein Geheimnis ist und immer bleibt, formt sich natürlich nur im Mut zum Hinaussteigen ins Unbekannte zu einer (immer fragmentarischen) Identität seine Inhalte und Urteile, auf der Grundlage der je eigenen Affektivität und Neigung, nach und nach Kontur annimmt. Aber nur "etwas" kann sich verändern, nur "etwas" kann urteilen und wählen. "Nichts" kann auch keine Ordnung definieren, und damit auch keinen Platz, an den man gehört. Individualität ist nie "völlige Neuerfindung", sondern ein komplexes Spiel aus Gruppenelementen, Überliefertem, Adaptiertem und wirklichem Schöpferischem.
Der heutige Anspruch auf Chancengleichheit bringt, das zum Beleg, ja keineswegs "Chancengleichheit", sondern er führt nur zu neuen Identitätsformen. Jede Untersuchung zeigt jedes Jahr neu, wie deutlich Kinder nach wie vor in den Ausbildungswegen von der Identität ihrer Herkunft geprägt sind! Jede weitere Entdifferenzierung der Ausbildungswege ist also genau der verkehrte Weg - stattdessen müßten sich Ausbildungsstätten MEHR differenzieren, und zwar als Stätten der Identität! Dann nämlich wird man Erstaunliches feststellen: Daß die inhaltlichen, sachlichen Wege der Ausbildung sehr variabel werden. Heute will man es genau umgekehrt machen. Was schon bei der gestaltlosen, betont funktionalistischen Architektur der Schulen beginnt. Das Absinken des realen Ausbildungsniveaus, das seit Jahrzehnten zu beobachten ist, spricht dazu Bände.
Wo immer Schulen noch "Erfolg" aufweisen, sieht man bei näherer Betrachtung, daß sie genau das tun: Identität, Standpunkt haben. Ihr Erfolg liegt NICHT in besonders guter Methodik, wie man meist glaubt, die ist überhaupt zweitrangig. Dasselbe läßt sich von Lehrern sagen, die als Einzelne noch gute Erfolg erzielen. Es sind - das wagt der Verfasser aus vieler Erfahrung zu behaupten - ausnahmslos jene, die Identität anbieten. Der Rest kommt quasi von alleine, und vor allem: unterliegt tatsächlich auch der Freiheit der Schüler.
Schon daran, übrigens, zerschellt auch jede Diskussion und Maßnahme der Integration von Migranten, geht ins Leere: an Fragen der Identität. Noch so viele Sprachkurse und Schulversuche werden da nichts bewirken. Bestenfalls den jeweiligen Stammidentäten und Heimatländern funktional ausgebildete Kräfte zuführen, oder/und feindselige, ausnützerische Haltungen (Sozialstaatmißbrauch) ausprägen helfen. Menschen müssen etwas SEIN wollen, nicht etwas KÖNNEN. Deshalb, und nur deshalb haben wir heute so viele Parallelgesellschaften. Wohlstandsgefälle etc. sind dafür völlig ungeeignete Kategorien. Nur wer etwas IST, kann etwas, und er kann das erfüllen, WAS er in einem Beziehungsgefüge ist: es gibt dem was er tut erst seine Bedeutung, seinen Sinn.
Der Mensch will und soll aus seinem Wesen heraus etwas SEIN, und aus diesem Sein heraus ist sein KÖNNEN lediglich Selbstvollzug, sogar als ethische Pflicht, aber auch aus Willen. Worin ihm jede Ausbildung als Hilfe zur Geglücktheit dieses Selbstvollziehens ganz anders (schon und zuerst sogar im Gefühl!) begreiflich wird.
Der heutige Anspruch auf Chancengleichheit bringt, das zum Beleg, ja keineswegs "Chancengleichheit", sondern er führt nur zu neuen Identitätsformen. Jede Untersuchung zeigt jedes Jahr neu, wie deutlich Kinder nach wie vor in den Ausbildungswegen von der Identität ihrer Herkunft geprägt sind! Jede weitere Entdifferenzierung der Ausbildungswege ist also genau der verkehrte Weg - stattdessen müßten sich Ausbildungsstätten MEHR differenzieren, und zwar als Stätten der Identität! Dann nämlich wird man Erstaunliches feststellen: Daß die inhaltlichen, sachlichen Wege der Ausbildung sehr variabel werden. Heute will man es genau umgekehrt machen. Was schon bei der gestaltlosen, betont funktionalistischen Architektur der Schulen beginnt. Das Absinken des realen Ausbildungsniveaus, das seit Jahrzehnten zu beobachten ist, spricht dazu Bände.
Wo immer Schulen noch "Erfolg" aufweisen, sieht man bei näherer Betrachtung, daß sie genau das tun: Identität, Standpunkt haben. Ihr Erfolg liegt NICHT in besonders guter Methodik, wie man meist glaubt, die ist überhaupt zweitrangig. Dasselbe läßt sich von Lehrern sagen, die als Einzelne noch gute Erfolg erzielen. Es sind - das wagt der Verfasser aus vieler Erfahrung zu behaupten - ausnahmslos jene, die Identität anbieten. Der Rest kommt quasi von alleine, und vor allem: unterliegt tatsächlich auch der Freiheit der Schüler.
Schon daran, übrigens, zerschellt auch jede Diskussion und Maßnahme der Integration von Migranten, geht ins Leere: an Fragen der Identität. Noch so viele Sprachkurse und Schulversuche werden da nichts bewirken. Bestenfalls den jeweiligen Stammidentäten und Heimatländern funktional ausgebildete Kräfte zuführen, oder/und feindselige, ausnützerische Haltungen (Sozialstaatmißbrauch) ausprägen helfen. Menschen müssen etwas SEIN wollen, nicht etwas KÖNNEN. Deshalb, und nur deshalb haben wir heute so viele Parallelgesellschaften. Wohlstandsgefälle etc. sind dafür völlig ungeeignete Kategorien. Nur wer etwas IST, kann etwas, und er kann das erfüllen, WAS er in einem Beziehungsgefüge ist: es gibt dem was er tut erst seine Bedeutung, seinen Sinn.
Der Mensch will und soll aus seinem Wesen heraus etwas SEIN, und aus diesem Sein heraus ist sein KÖNNEN lediglich Selbstvollzug, sogar als ethische Pflicht, aber auch aus Willen. Worin ihm jede Ausbildung als Hilfe zur Geglücktheit dieses Selbstvollziehens ganz anders (schon und zuerst sogar im Gefühl!) begreiflich wird.
Menschen ohne Identitätsgestalt, ohne Standpunkt auszubilden ist das grotesk willkürliche, zufällige Hochzüchten einer Aktivität, der jede Einordnung und jeder Sinn im Rahmen einer Geglücktheit des Lebens als Selbstvollzug und Entfaltung fehlt. Es schafft seelenlose, vernunftlose Automaten, die in einen Berufsprozeß einzugliedern - Mißbrauch ist. Deren Urteilsfähigkeit als Akt für sich ergriffen ("Autonomie") sinnloser, aber verzweifelter Selbstzweck ist, denn nur im Urteil läßt sich Singularität, Konkretion schaffen. In dem Maß ausgewuchert, in dem Identitätslosigkeit sich ausgebreitet hat. Sodaß einem Lehrenden eine seltsam widersprüchliche Doppelgesichtigkeit entgegen tritt: Unbelehrbarkeit hier, festes Urteil dort. In den Unterrichtsklassen sitzen ihm Vorurteile in abgekapselten Autisten gegenüber, die sein Lehren zur Farce machen. Und Unterrichtsminister sind sich nicht zu blöd, das als Ziel und Fortschritt zu feiern ...
Der Verfasser dieser Zeilen hat vor einigen Jahren an einer fachlich in seinen heutigen Tätigkeitsbereich fallenden Schule unterrichtet. Er hat nach relativ kurzer Zeit nicht aufgehört, weil das Verhältnis zu den Studenten schlecht gewesen wäre, oder er nicht gerne unterrichtet hätte, oder das Unterrichten so schlecht bezahlt war. Alles das (außer im Fall der Bezahlung, aber die hätte er erduldet, wenngleich auch deren Höhe die Hauptaussage stützt) zum Gegenteil, und die Schüler haben sein Weggehen ausdrücklich bedauert. Soweit das aber überhaupt möglich war. Die Lösung liegt in dem Satz, den ihm die Studenten mehrmals gesagt hatten, vermeintlich als Kompliment: Sie hätten in ihm Halt, den ihnen die Schule nicht gebe.
Er ist genau deshalb weggegangen: weil er erkannt hat, daß Lehren bei der Identität der Schule ansetzt. Sie definiert die Beziehung, die die Studenten zu allen Lehrenden und Lerninhalten haben, die Art, wie sie dem Lehrenden begegnen. Er ging weg, weil die Identität der Schule (weil eine sinnvolle gefehlt hat) eine einzige Katastrophe war, die jede Lehrbemühung (denn man will ja ETWAS weitergeben, hat als Lehrender ein Ziel) unmöglich oder zum Resultat des zufälligen Ausplünderns seitens der Studenten gemacht hat. Aber dieser Faktor lag nicht in seiner Wirkmöglichkeit, er hat es sogar versucht.
Und weil das alles aber nicht sein darf, nicht unserem verqueren Wertecodex entspricht, wird diese Wahrheit durch schizoide Sprachlabyrinthe erstickt, und damit in Unterbewußte abgedrängt. Wird "Ethik" gelehrt, ohne seine Grundlage - den Ethos - zu befragen. Denn natürlich gibt es eine öffentliche Moral, einen allgemeinen Ethos, und natürlich wird er vermittelt - wie in der political correctness, die sich auf ein Wertgebäude bezieht, dessen utopistisch-politische Herkunft eindeutig zu identifizieren ist. Aus der Familie, dem heimatlichen Umfeld aber herausgerissen, wird er durch ganz andere, politische Faktoren, die ganz andere Wirkmechanismen bedingen, formbar. Der Einzelne sieht sich im Ethos nicht mehr dem greifbaren Familienethos gegenüber, sondern einem übermächtigen Staats- oder Parteienethos, dem gegenüber er fast zwangsläufig kapituliert. Die Wirkmechanismen, wie sich Ethos und Identität bilden, sind an sich nicht neu, sie liegen nun nur in anderen - technischen, funktionalisierten - und nicht mehr in den mehr oder weniger liebenden Händen der Familie. Und wirken DESHALB anders - neurotisierend. Eine Gesellschaft erhält so als weitere Folgeerscheinung ein entstelltes, sich selbst entfremdetes Gesicht.
Vorgeblich passiert dies unter der Vorgabe einer "objektivierten Welt". Tatsache ist aber, daß es eine solche objektivierte Welt nicht gibt. Dieses Kleid des Kaisers dient aber jenen, die gezielt ihre Wertvorstellungen durchsetzen wollen, und dafür genau diese Wurzellosigkeit benötigen, die sich bei Menschen aufgrund logischer, natürlicher Prozesse um die 20 Jahre herum abschließt.***
Umgekehrt werden die Menschen in erschreckendem Ausmaß immer mehr, die - gerade wegen der angeblich so freien Neigungswahl, die sie in den Schulen bereits erlebt haben - mit 25 Jahren Umschulungen in völliger Richtungsänderung vornehmen, die mit 30 immer noch von einer Schulung zur nächsten torkeln, und immer noch nicht wissen, wo sie hingehören. Denn ihre Ortslosigkeit hat sich längst zur Grundhaltung verfestigt. Nur schwach und allmählich bilden sich bestimmte Identitätsbilder heraus. Daß das Alter, in dem Menschen heute Familien gründen, Nachwuchs in die Welt setzen, wächst aus DIESEN Gründen, aus sonst keinen: Der Unfähigkeit, einen Platz zu finden, überhaupt zu leben zu beginnen.
Mit einer Folgeerscheinung: Bei Erhebungen stellt sich heraus, daß nahezu 90 % der jungen Menschen sich für frei von Ideologien halten. Nur oberflächlichstes Nachschürfen aber zeigt, daß wahrscheinlich wirklich noch nie in der Menschheitsgeschichte Ideologie eine so mächtige Rolle spielte, wie heute. Er liegt in jenem Ethos, den man angeblich zur freien Disposition stellt. Das wird als Freiheit verkauft. Mißbrauch also als Massenerscheinung, denn der Mißbrauchte hält sich selbst für den freiwilligen Urheber seines ihn schädigenden Tuns, weil er tatsächlich zustimmte.
²Ein wichtiger Punkt der Beleuchtung darf dabei nicht untergehen: nämlich der der mit der Identität als Standpunkt in der Welt verbundenen, ja daraus erquellenden WELTANSCHAUUNG, als jener Horizont, in den alles Erfahrene und Begegnende eingeordnet wird. Ja, diese Stellung als Beziehung IST die Existenz des Menschen, Menschsein HEISZT Stellungnahme! Deshalb ist humanes ALS freies Urteilen und Handeln überhaupt mit Identität und Weltanschauung untrennbar verbunden. Daraus läßt sich am klarsten jene Implikationen und existentielle Auswirkung erkennen, die mit dem Schlagwort "Chancengleichheit" als "Egalisieren weil Nihilieren aller Voraussetzungen" verbunden sind.
*Der Umbau unserer Schulen zum System der Neigungsgruppen begeht den verheerenden Denkfehler, daß sich Begabung nicht durch Konzentration auf eine (in vielen Fällen gerade in der Jugend alters- und entwicklungsspezifisch temporären, vorübergehenden) Neigung entwickelt, sondern in der Auseinandersetzung mit der ganzen Breite der Welt. Differenzierung zeigt sich individuell damit früher oder später. Erst mit der Reifeprüfung mußte ein Schritt zu einer wirklichen Differenzierung gesetzt werden. Und das Wort "Reife" bezeichnete eben, daß das Spiel der Neigungen zu einer gewissen zentrierten Harmonie gekommen sein sollte.
**Der enorme Zuspruch, den Tätowierungen oder Piercings finden, zeigt diese Suche nach Festlegung (und der aus ihr erhofften Identität) an.
***Der Kampf gegen die Väter, der ja ein Kampf gegen den Ort des Vaters ist, also auch in der Umdefinition des Vaterseins besteht, ist dabei ein wichtiger Aspekt. Denn die Familie erhält ihre Identität durch den Mann. Bricht man ihn in dieser Bedeutung heraus, wirft man die Familie der Öffentlichkeit, der Unbestimmtheit in die Arme. Denn Identität ist der Gegenpol, die Form, die dem Mütterlichen gegenüber-, ja in gewisser Weise entgegensteht. Der Vater in seinem Ethos ist es, der die Familie aus dem Amorphen herausholt. Erziehung muß deshalb eine Erziehung "zum Vater hin" sein. Den Vater zur zweiten Mutter verschwimmen zu lassen, ist wie eine Verhöhnung des natürlichen Bedürfens der Kinder, schizoid - weil in Wirklichkeit vorenthalten, was verbal zu geben behauptet wird.
***Der Kampf gegen die Väter, der ja ein Kampf gegen den Ort des Vaters ist, also auch in der Umdefinition des Vaterseins besteht, ist dabei ein wichtiger Aspekt. Denn die Familie erhält ihre Identität durch den Mann. Bricht man ihn in dieser Bedeutung heraus, wirft man die Familie der Öffentlichkeit, der Unbestimmtheit in die Arme. Denn Identität ist der Gegenpol, die Form, die dem Mütterlichen gegenüber-, ja in gewisser Weise entgegensteht. Der Vater in seinem Ethos ist es, der die Familie aus dem Amorphen herausholt. Erziehung muß deshalb eine Erziehung "zum Vater hin" sein. Den Vater zur zweiten Mutter verschwimmen zu lassen, ist wie eine Verhöhnung des natürlichen Bedürfens der Kinder, schizoid - weil in Wirklichkeit vorenthalten, was verbal zu geben behauptet wird.
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