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Donnerstag, 18. Juli 2013

Vom Handeln in der Politik (1)

Wie sich Politik jene Aufgaben, die zu lösen sie vorgibt, selber geschaffen hat, zeigt ein Beispiel, das in diesen Wochen den Medien zu entnehmen ist. Mit einer speziellen Logik: man löst ein Problem, und es tauchen neue Probleme, aber auf höherer Ebene wieder auf. Die nun tatsächlich nur noch von der Politik zu lösen sein werden.

Darin zeigt sich eine Wahrheit des Seins. Denn alles Sein schafft seiner Art nach. Und alles Tätigsein ist nur als Ausfaltung des Seins im Seienden zu verstehen. Alles Seiende, alle Dinge gewissermaßen, begegnen einander aber immer nur innerhalb ihrer Seinsebene, ihrer Hierarchiestufe, sie erkennten einander nicht einmal, würden diese Stufen durcheinanderpurzeln. Alles erkennt sich nur auf seiner Ebene.

Darin liegt die Erklärung für die Eigenart des Menschen, was immer ihm in der  Natur begegnet, mir menschlichen Gefühlen und Eigenarten zu belegen, das sogenannte "anthropomorphe" Streben (aus dem manche sogar meinen, die Religion sei anthropogen, also menschenverursacht, weil auch das Transzendentale nur mit menschlichem Maß begreiflich dargestellt werden kann). Genauso ist es mit Dingen des Tier- und Pflanzenreichs, wo etwa der Mensch den Blick eines Hundes oder das Krümmen eines Wurms mit menschlichen Gefühlen unterlegt. Ja, daraus erwächst auch die beliebte Vorstellung von einem beseelten Weltall. Alle diese Ähnlichkeiten sind jedoch nur Analogien, sie entziehen sich deshalb der einfachen begrifflichen Sprachebene. Vereinfacht: gewisse Bewegtheiten sind gleich, aber ihre Bedeutungsebene je anders. Etwa in dieser Art kann man sich den Aufbau des Universums vorstellen. Da würde wohl auch kein Astrophysiker im Cern bei Genf widersprechen.

Aber wir wollen darein vorerst nicht mehr weiter eindringen, es soll nur (unbeholfen) illustriert, in unsere Vorstellungswelt transformiert werden, was abstrakt gesagt wurde. Und hier auf die Politik angewandt wird. Auch hier wollen wir den abstrakten Vorgang ins Konkrete transformieren, um die Hauptaussage des ersten Absatzes begreiflich zu machen.*

Der Reihe nach, und im Konkreten: Hier geht es um "billiges Schweinefleisch". Das schon seit längerer Zeit von Deutschland aus nach Österreich kommt, und am besten Weg ist, den lokalen Fleischmarkt zu ruinieren. Und zwar bei den Produzenten. Die Probleme sind mittlerweile europaweit bekannt. Ursache sind deutsche Schlachthöfe, deren größte wöchentlich 100.000 Schweine schlachten. Und sie tun es mit einem durch die EU-Eigenart völlig legalen Trick: Sie verpachten ihre Schlachthallen an ... z. B. polnische oder tschechische Schlachtergemeinschaften. Diese, die natürlich zu weit niedrigeren Löhnen arbeiten, die für ihre Heimat aber dennoch überdurchschnittlich sind, oder überhaupt Arbeit bedeuten, weil es zuhause keine gibt, pachten diese Einrichtungen, und schlachten und zerlegen die Tiere zu Preisen, die dem deutschen wie österreichischen Markt weit überlegen - also günstiger - sind.**

Dieses Fleisch exportiert Deutschland, nach Österreich, nach Frankreich, nach Belgien. Und ruiniert die dortige Schlachterlandschaft nachhaltig. Denn die können nicht dagegen konkurrieren, es sei den, sie würden sich derselben Methoden bedienen. Vielleicht sollte man dazu ergänzend erwähnen, daß der deutsche Markt für Schweinefleisch durch die Massen-Überproduktion der Niederlande (die aufgrund der Lage des Landes am Meer - Futtermittel, Verklappen der Gülle, ein riesiges Problem der Massentierhaltung - weit günstiger Massentierhaltung durchführen können) gehörig unter Druck steht, die selbst wiederum den binnendeutschen Schweinemarkt schwer deformiert hat. Weil als Herkunftsland eines Produkts in der EU jenes gilt, das 50 % der Wertschöpfung an einem Produkt erbringt, gehen diese Zusammenhänge am Konsumenten fast spurlos vorüber. Die Schlachtung und das Zerteilen von Schweinefleisch macht etwa 60 % des Warenwertes aus, ist also ein entscheidender Preisfaktor.

Nunmehr starten besagte Länder eine Initiative bei der EU-Kommission. DIE soll etwas dagegen unternehmen. Denn bilateral, also quasi unter Nachbarn, wagt es keine (angesichts der gesammelten Aspekte deutscher Wirtschaftsgebarung) dieser Nationen, eine Lösung zu suchen. Man hofft auf eine EU-Regelung.

In Österreich werden wöchentlich 100.000 Schweine geschlachtet. Das leisten die größten Schlachthöfe Deutschlands, und deren gibt es mehrere, alleine. Der größte Schlachtbetrieb hierzulande bringt es auf ganze 20.000 Stück. Wobei es in ganz Österreich noch ganze 200 Schlachterbetriebe gibt. Treuherzig schreibt die Presse davon, daß auch die "Fleischhauer um die Ecke" dabei sind.

Die gibt es gar nicht mehr. Nicht mehr seit dem EU-Beitritt, den die heimische Politik mit der Brechstange durchgedrückt hat. Der Verfasser dieser Zeilen war im Rahmen seiner damaligen Tätigkeit als Referent für die Kirche Zeuge, mit welchem Aufwand besonders die Bauern umgarnt wurden. Ihnen wurden "neue Chancen" vorgestellt. Und die Bauern haben es geglaubt. Sie haben geglaubt, daß die nur in einem Nebensätzchen erwähnte notwendige "Umstrukturierung" für sie Vorteile hätte. 

Die nämlich hieß, daß in einer "Strukturbereinigung" Bauernhöfe unter 70 Hektar unrentabel wurden. Und sie waren anders zu bewirtschaften. Schluß mit der mühsamen Feldarbeit, dem arbeitsintensiven Stall. Man mußte industrieller werden. Wörtlich. Alles wörtlich. Zukünftig würden aber österreichische Bauern, die gelernt hätten, daß norditalienische Schinkenproduzenten lastwagenweise Schweinestelzen, deren Maßabweichungen nur innerhalb eines Zentimeters liegen dürften, benötigen würden. Neben dem Schlagwort vom "Feinkostladen Europas - Österreich", den man den Bauern vorhängte, wie dem Esel die Karotte. Das war nicht mehr Schlagwort wie jenes von den Werten, die man nach Brüssel tragen wollte. Aber das ist ein anderes Kapitel.

Wörtlich sprach man von einer "Schweine-Mais-Furche", die vom Innviertel die Donau entlang bis vor die Tore Wiens reichen würde. Also wurden mit billigen Krediten Stallumbauten und Investitionen in Maschinen finanziert, während die althergebrachte kleinbetriebliche Struktur - aufgrund der Topographie, die Gebirgigkeit, gab es in Österreich deutlich kleinere Höfe als etwa in Deutschland - auf ein Drittel Höfeanzahl reduziert werden würde. Zu klein, zu unrentabel, zu ... ja was auch immer, zu bäuerlich wahrscheinlich. Der Bauer der Zukunft fährt mit dem Supersteyr mit Vollstereo und elektronisierter Anbaumechanik über seine ebenen Felder.

Für den Rest wird - wörtlich, alles noch wörtlich - der Bauer zum Landschaftspfleger, und Brüssel würde ihn dafür bezahlen. All die vielen kleinen Wiesen und Wäldchen müßten ja für den Fremdenverkehr erhalten bleiben und adrett aussehen. Was für ein wichtiger Dienst an der Gesellschaft, meine Herren, man braucht Euch! Wörtlich.



Teil 2 morgen) Die Politik bricht Lebensweisen um, 
als würde sie Konfekt zum Tee wählen



*Es wird damit vielleicht so nebenher begreiflich, wie sehr die abstraktesten Vorgänge kein Zuckerstreusel in intellektuellen Zirkeln sind, sondern konkrete Überlegungen über die wirklichen Wirklichkeiten von Vorgängen, die sich in jeweiligen Ebenen je anders konkret äußern. Sodaß aus der Vielfalt der Welt letztlich ... EIN Vorgang ablesbar wäre, ginge man diese Wege zu Ende. Philosophie ist kein Zeitvertreib in den Salons bornierter Ästhetikfurzer und verstiegener Logizisten, sondern ganz reale Wirklichkeit. Sie ist das Bestreben, alles was im konkreten Alltag wie eine unendliche Vielfalt aussieht, was sich als "Vereinzeltes" ausgibt, zu verstehen.

**Ganz nebenbei liefert diese Geschichte auch einen Beitrag zur Migrationsproblematik - mit welcher Haltung nämlich Gastarbeiter ins Land kommen bzw. kamen. Würden nämlich die Polen und was auch immer hier leben, nicht einfach in abgewohnten Mietscontainern hausen, ihr schmuckes Häusle bauen und ihren BMW in die Garage stellen, würden diese Löhne ja nicht mehr reichen.




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