Teil 2) Der Mensch ist immer ganz
Denn begreift man Krebs als
Phänomen der Des- oder Nichtintegration von Zellen (bzw. Körperteilen)
in eine Ganzform - in Krebszellen fehlt ja genau dieser
Begrenzungsfaktor gesunder Zellen, der also die Form als
Wachstumssteuerung bestimmt - so zeigt sich also auch darin, daß der
Mensch über die Artgrenze hinaus (und: er ist sich selber Art, jeder
Mensch für sich) nicht integrieren kann. Er hat kein Art-Allgemeines, in
das hinein er sich "auflösen" kann. Er ist nur personal und ganz
möglich.
Das
passiert bei Tieren prinzipiell nicht, sie gehen immer in ihrer Art
auf, ihr Leben endet auch in der Art, ihr Lebenshöhepunkt ist ihr
Beitrag zum Bestehen der Art. Viele Tierarten sterben überhaupt nach der
Fortpflanzung, dies als Indiz für diese Aussage. Anders beim Menschen,
wo jedes Individuum Selbstzweck ist. Deshalb ist diese prinzipielle
Abstoßungsreaktion beim Menschen auch unter Menschen zu beobachten. Eine
Wahrheit, die in der Diskussion um Organtransplantationen
gefließentlich verschwiegen wird. Denn die "Lebensqualität" eines
Trägers eines implantierten Organs ist katastrophal. Neben der
"Gewinnung", die bei lebensnotwendigen Organen einer Tötung
des "Spenders" gleich kommt. Denn totes Gewebe kann prinzipiell nicht
übertragen werden. Und dazu muß es einem präsenten seelischen,
informierenden, aktivierenden und formierenden Impuls angehören.
Je
komplexer ein Lebewesen ist, desto weniger ist in seinen Teilen das
Ganze präsent, desto mehr ist es von einer Mitte aus bestimmt. Was der
Vergleich Pflanze - wo sich aus einem abgeschnittenen Ast eine neue
Pflanze entwickelt - und höherentwickeltes Tier bereits zeigt.
Eigentlich müßte man beim Menschen also davon ausgehen, daß er als
geist-seelisches Wesen als rein biologischer Zellvorgang gar nicht zu
begreifen, damit auch nicht "herzustellen" ist. Wäre da nicht die
Ungewißheit, wie die Bindung der Persona als Idee bzw. überhaupt einer
Idee an physische Prozesse - das Leib-Seele-Problem also - aussieht.
Prinzipiell
könnte man davon ausgehen, daß diese Vorgänge der Verschmelzung von
Zellen, bei denen es ja auch bei natürlicher Fortpflanzung prinzipiell
um die Vorgänge im Kern geht - wenngleich immer im Actu Gottes,
des Seins gründend, das im Zeugungsvorgang tatsächlich als Seiendes neu
entsteht - sich eng an diese Wesentlichkeit (im Eros, einer
grundsätzlichen Zueinanderbewegung von Form und Stoff) anschließen. Auch
eine in-vitrio-Befruchtung "funktioniert" ja, und hat einen Menschen
zum Ergebnis. Wenn diese Vorgänge (die etwas großsprecherisch als
"Klonen des Menschen" bezeichnet werden: jeder Zeugungsakt ist eine Art
von Klonvorgang) also einen wirklichen Embryo hervorbringen, als
Imitation der technischen Vorgänge beim Zeugungsakt, dann ist dieser
Prozeß Tötung bzw. Mord.
Neben dem immer horriblen
Vergehen, daß ein Mensch niemals Zweck sein darf. Er muß sich selbst
Zweck sein. Wer dieses Tor aufstößt - und es ist ja längst aufgestoßen -
öffnet Schleusen zu einer wahren Horrorzukunft. Die mit irrationalen
Ängsten vor "homunculi" - Menschengestalten, die wie Menschen aussehen,
aber keine Menschen sind - überhaupt nichts zu tun haben. Diese Ängste
sind wiederum nur möglich, wenn davon ausgegangen wird, daß es "kein
Ich" gibt: Keine Trägersubstanz, die einen Menschen begründet,
unabhängig von seiner Ausgestaltung in ein Selbst. Den Menschen so, als
reinen Prozeß zu sehen, ist übrigens (fast möchte man sagen:
klammheimlich) längst weitvertreiteter Ansatz in Philosophie und
Psychologie. Er ist der uralten, offenbar unausrottabaren, aber immer
verworfenen weil logisch irrenden Sichtweise der "sukzessiven Beseelung"
vergleichbar.*
Im übrigen muß man abwarten, wieweit
die Forschungsergebnisse nicht ohnehin gefälscht sind. Es wäre nicht das
erste mal, Prat führt einige Beispiele an. Und laut der Süddeutschen Zeitung
wurden ja auch diesmal bereits Vorwürfe von Seiten anderer Forscher
erhoben, und anderseits Fehler und vorschnelle, deshalb schlampige
(falsche Photos) und zu wenig geprüfte Veröffentlichung zugegeben.
*Wer aber
bestreitet - wie es der Skeptizismus tut - daß Logik Welt selbst
spiegelt, wer im logischen Umkehrschluß bestreitet, daß nicht real,
empirisch sein kann, was logisch widersprüchlich ist, auch wenn die
(menschliche, sprachliche) Logik nie selbst Welt sein kann, nie den
Anschluß ans Sein und die Wahrnehmung selbst ablegen darf, widerspricht
sich nicht nur selbst, sondern bestreitet überhaupt die Fähigkeit zur
Wahrheit und Welterkenntnis des Menschen. Zwar ist die Zutreffendheit
der Logik als Bezug zur Vernunftstruktur der Welt nicht selbst einfach
logisch beweisbar, aber alle empirischen Vorgänge lassen diesen Schluß
als richtige Prämisse und damit aus Vernunft zu. Hinter diesen
skeptizistischen Ansätzen steckt so gut wie immer ein Wille, das Wesen
der Welt überhaupt irrational zu sehen, weil damit der
Gewissenskonfrontation, der Schuld am besten aus dem Weg gegangen werden
kann. Der Verfasser dieser Zeilen ist so gut wie sicher, daß solche
Ansichten immer eine Absicht zu unvernünftigem Handeln verbergen sollen.
Eine irrationale Welt ist aber zwangsläufig eine irre Welt absurder
Ethik.
*050713*