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Mittwoch, 17. Februar 2016

Alle Wochen eine neue Sau durchs Dorf

Das Ozonloch über dem Nordpol bekomme in den nächsten Wochen so riesige Ausmaße wie überhaupt noch nie, seit es beobachtet wird. (Und wie immer bei solchen Meldungen steht das "möglicherweise" dabei, als offenbarte es nicht, was es offenbart: daß man auf einer Möglichkeit keine Meldung aufbauen dürfte.) Weil gut in PR geschult weiß man aber längst, daß es nichts nützt, nüchterne Eigenschaften zu vermelden, wenn sie nicht gleich einen "Anwendungsnutzen" aufwiesen - und der heißt: Achtung, das Risiko zu Hautkrebs steige! All die Millionen Isländer und Norweger und Karelier also, die wie jedes Jahr im Februar und März zum Sonnenbaden die Strände des Meeres bevölkern, sind nun also bedroht.

Die Riege der Gescheiten aus Ökologistan ignoriert in jedem Fall, daß sie in Verlegenheit kommen müßte, denn in den letzten Jahren hieß es, dieses Ozonloch (das es wohl immer gab, mal größer, mal kleiner) sei deutlich kleiner geworden, was dem seinerzeit verhängten Verbot von Fluorkohlenwasserstoffen in Spraydosen und Kühlmitteln zuzuschrieben sei. Zugleich Werbung dafür, daß der Mensch sehr wohl das Klima zu verändern in der Lage sei, wenn die Politik nur entsprechend reagiere, weshalb das Volk zu schweigen und zu folgen und zu zahlen habe, was für Rettungsmaßnahmen eben notwendig sei. 

Nun ist also angeblich zwar kaum oder gar kein FCKW mehr in der Atmosphäre gewesen, so wurde es zumindest erzählt, aber dennoch reagiert ein geheimnisvollerweise doch dort (in so ausreichendem Maße, um das größte Ozonloch der bekannten Geschichte zu erzeugen) befindliches mit dem (medial schon vor Monaten vorgestellten) Tiefdruckwirbel, der sich (vermutlich) in enger Wechselwirkung mit dem diesmal (ähnlich dem von 1988) sehr heftigen El-Nino gebildet hat (und seit Monaten Europa mit warmer Hochdruckluft versorgt, die aus dem Süden angesaugt wird.) He, Moment, da unternehmen wir erst Milliardenaufwand, um das böse FCKW zu hindern, in die Luft zu steigen, dann heißt es sogar, seht, es hat gewirkt, das Ozonloch wird immer kleiner, und nun ist noch immer genug FCKW in der Luft, um schlagartig das größte Ozonloch der Geschichte zu produzieren? Könnte es sein, daß dieser ganze FCKW-Alarm ein netter Hoax war?

Man braucht diese Naturerscheinung jetzt natürlich, die aus dem Wechselspiel von Sonne, Temperatur, Molekülzuständen und Sauerstoff-Verbindungen hervorgeht, um für ihr aktuelles Katastrophenprojekt zu werben. Nur um dieses Katastrophische geht es ja. Ein Archetyp, das die Phantasie zu Bildern formt, nach denen die Welt geordnet wird. So übersieht der Mensch in seiner Umfangenheit mit Wahn das, was die Natur wirklich zu sagen hat, und stellt dem El-Nino-bedingten Wetterkapriolen der letzten Zeit lächelnd ihr Menetekel vor: Ihr Menschen seid zu klein, um solche Dimensionen der Welt zu tangieren, Euer Tun ist sinnlos und eitel.

Man wird die Uhr danach stellen können, daß es nur eine Frage von Tagen sein wird bis die Medien mit Meldungen voll sind, die dieses Phänomen endgültig in den aktuellen Klima-Deutungshorizont eingliedern. Ein paar Tage muß man der Wissenschaft aber Zeit geben, um eine schöne Theorie darum zu flechten. Und da besteht Zeitdruck.* Man stelle sich vor es würde jemand auf die Idee kommen zu verbreiten, daß der Ozonloch-Wahn, der in den 1980ern für einige Jahre so viele befiel und Gesetzgeber zu ungeahnten Hervorbringungen antrieb, ein völlig sinnloses Treiben gewesen wäre, wie einige ja stets meinten! Zur Hauptsache weil die versammelte Gescheitheit einem der Mythen der jüngeren Geschichte aufsaß, der aus einer Abstraktion aus statistischer Wahrscheinlichkeit mechanistisch notwendig reale und exakt definierte chemische Reaktionen ableitete. (Während rationalistisch-objektivierte Wissenschaft aus genau dem Grund gar nie Vorhersagen treffen kann.)

Naja, man kann ja wirklich in Bedrängnis kommen, fassen wir einmal zusammen: Da war in den 1970ern die Angst vor einer neuen Eiszeit, dann Knappheit und Ende des Erdöls im Jahre 2.000, oder umgekehrt. Dann kam das Ozonloch, dann kam das Waldsterben als Ende der Wälder im Jahr 2000, dann die Klimaerwärmung, das Abschmelzen der Polkappen und ein Ende der Winter im Jahre 2010, und nun doch wieder das Ozonloch, mitten im Polarwinter über dem Eis der Arktis, das so groß ist wie zuletzt vor fünfzehn Jahren, kleinere Nebenkatastrophen wie Artensterben und Meeresversauerung und Plastikvermüllung und und und ... unberücksichtigt? Wer kennt sich da noch aus. Jetzt fehlt nur noch, daß nächstes Jahr der Dodo wieder auftaucht.

Aber geht es diesen jenen wirklich um die Sorge um Dinge außerhalb? Ein Blick aus dem Fenster sagt etwas ganz anderes. Geht es also vielleicht nur um die Lebensweise einiger? Sagen sie es nicht längst: Es gehe um eine Änderung der Lebensweise ... der anderen (die man komischerweise "aller" nennt)? Denen sie als Priester und Heroen vorstehen, die sie diktieren, um so eine Stellung zu erreichen, die sie in der Lebensart der anderen - mit konkreten Aufgaben, wie sie eben das Leben stellt, wenn man es lebt - gar nie erreicht hätten.

Analogien zu Glashausgewächsen tauchen auf. Die nämlich nicht deshalb kaum Geschmack entwickeln, weil ihnen irgendwelche Inhaltsstoffe fehlen, sondern weil der Pflanze der Anreiz einer ständig wechselnden Umgebung fehlt, um überhaupt ein distinktes Selbst aufzubauen. Sie bäckt vor sich hin, gefangen in der Langeweile eines automatischen, fast eigenschaftslosen Wachstums. Erst in der Gefährdung kommt aber etwas zu sich, weil sich nur über dem Nichts ein Etwas errichten muß. Ohne den Kälteschock des Winters, ohne Tod des Schlafes treiben Pflanzen gar nicht mehr aus.

Klimakatastrophen, Apokalypsen als solche Winde, in denen in sich selbst träge Menschenschichten hoffen, zu Eigengeschmack zu kommen, der ihnen sonst aber fehlt, weil sie in der Konstanz eines Aufwachsens in Versorgtheit und Wärme nicht einmal mehr an die Hölle glauben, gegen die anzukämpfen ein Selbstwerden würde. Wer sich nicht selbst bewegt, der läßt sich eben maschinell bewegen.




*Eine These wird hier freilich nicht erwähnt. Daß nämlich Zeitungen solche Meldungen einfach erfinden. Das tun sie nämlich, und im Boulevard gar nicht selten. Weil der Themenmix aus realen Vorkommnissen zu wenig hergibt, oder viel einfacher: weil der Umbruch merkt, daß auf Seite 5 noch zwei Spalten á 15 Zeilen Platz sei, und dazu auf ein Archiv von Meldungen "die man leicht variiert immer bringen kann" zurückgreift, worunter auffallend häufig "wissenschaftliche Erkenntnisse" zu finden sind. Der VdZ war 1982 recht intensiv mit PR und damit Medien befaßt. Was er da erlebte hat seinen Blick auf Medien nachhaltig geprägt.






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