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Donnerstag, 4. Februar 2016

Sie können es nicht lassen

Kaum ist etwas mehr Bereitschaft zur Realität in die Medien eingekehrt, kaum hat also eine breitangelegte Kampagne eingesetzt, die immer offensichtlichler verlorene Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen, greift der nächste Reflex. In Österreich nicht weniger, als in Deutschland. Denn nun wird aus einer harmlosen Aussage von Frauke Petry von der AfD ein Skandal herbeikonstruiert, der bei näherem Hinsehen lächerlich ist. 

Man lese einmal, was Petry in dem inkriminierten Interview - aus dem die Medien nun einen brutalen "Schießbefehl auf Flüchtlinge" machen - wirklich sagt.

In dem sie von den Reportern ganz gezielt und wieder und wieder auf den Punkt getrieben werden soll, das auszusprechen, was in den Gesetzen verankert ist, und worin sich bei Grenzwächtern aus Polizei und Militär das Tragen von Schußwaffen ergibt. Die den Auftrag haben zu schießen, wenn alle sonstigen Mittel, einen Grenzübertritt zu verhindern, nicht fruchten. Aber das wissen auch die Reporter, zweifellos, denn sie treiben eben Petry genau auf diesen Punkt, bis sie gar nichts anderes mehr sagen kann. 

Im Originaltext hört sich das so an:

Noch mal: Wie soll ein Grenzpolizist in diesem Fall [wenn alle übrigen Bemühungen, einen Zutrittsbegehrenden am illegalen Grenzübertritt zu hindern, nicht fruchten; Anm.] reagieren?
Petry: Er muss den illegalen Grenzübertritt verhindern, notfalls auch von der Schusswaffe Gebrauch machen. So steht es im Gesetz.
Es gibt in Deutschland ein Gesetz, das einen Schießbefehl an den Grenzen enthält?
Petry: Ich habe das Wort Schießbefehl nicht benutzt. Kein Polizist will auf einen Flüchtling schießen. Ich will das auch nicht. Aber zur Ultima Ratio gehört der Einsatz von Waffengewalt. Entscheidend ist, dass wir es so weit nicht kommen lassen und über Abkommen mit Österreich und Kontrollen an EU-Außengrenzen den Flüchtlingszustrom bremsen.

Um nun in einer regelrechten Kampagne über sie und die AfD, die seit Monaten in den Umfragen steigt und steigt, während die etablierten Parteien (v. a. Grüne und SPD) in nie gekannte Tiefen stürzen, herzufallen, und es auf den Satz zuzuspitzen: Frauke und die AfD verlangten, daß man auf Flüchtlinge schieße. Und das sogar bei einer ehemaligen DDR-Bürgerin, die ja wissen müsse, was "Schießbefehl" heiße. (Das Wort haben Petry dabei die Journalisten in den Mund gelegt.)

Das ist damit eine Lüge, auch wenn sie nominell zu stimmen scheint. Oder wozu, glauben Journalisten, tragen Grenzbeamte überhaupt Waffen? (Und warum sollten sie sogar welche tragen?) Zur Elchjagd? 

Das hätte, wäre sie einmal so gefragt bzw. getrieben worden, nicht einmal eine Frau Merkel anders sagen können, hätte sie nicht (neuerlich) die Gesetze Deutschlands eigenmächtig aushebeln wollen. Denn hätte sie gesagt "Nein, selbstverständlich schießen wir nicht auf Flüchtlinge oder Menschen" hätte sie jeden Grenzschutz (von dem nun ja längst auch sie spricht) zur Makulatur erklärt, und die nächste Einladung verschickt: Macht, liebe Flüchtlinge, was ihr wollt, wir tun dafür halt so, als würden wir es verhindern, werden es aber nur ein bißchen zu verhindern suchen. Eben darum spricht man das gar nicht an. Das Aussprechen selbst ist eine andere Tat, als die stillschweigende Abschreckung, von der jeder, der die Grenze eines Staates betritt, eben rechnet. 

Worauf sich also die Autorität der Exekutive - stillschweigend - stützt: Durch das Moment des möglichen Allerletzten. Aber  niemandem würde es einfallen zu sagen: "Regierung sagt: Die Polizei hat Schießbefehl für die eigene Bevölkerung." Obwohl sie das tatsächlich tun würde und tut. Gerade deshalb vertraut man ihr nämlich.

Die größten Lügen arbeiten eben mit nominell richtigen Daten. Sie stellen sie nur in einen anderen Interpretationshorizont. Der "Schießbefehl" der DDR war deshalb und dort (nach unserem Rechtsempfinden) Unrecht, weil er sich auf das Recht jedes Menschen ein Land zu verlassen bezieht. Dieses Recht zu gehen muß jeder Mensch haben. So sehen zumindest wir das. Ohne daß dem ein Recht gegenübersteht, daß jeder Mensch jedes Land einfach betreten darf. Auch das sehen wir so. Unsere Rechtsordnung drückt es so aus. 

Daß umgekehrt jeder, der illegal in die DDR einreisen wollte, mit der Konsequenz des Schußwaffengebrauchs der Grenzorgane zu rechnen hatte war deshalb auch für uns keineswegs Unrecht, sondern ist bis heute unausgesprochene und ausgesprochene Selbstverständlichkeit und Recht wie sogar Pflicht jedes Staates der Welt. Schußwechsel an Grenzübergängen aus diesem Grund gab es deshalb auch schon in Österreich und in Deutschland. Dazu hat der Staat eben das weitgehende (niemals aber totale!) Gewaltmonopol: Er muß die Souveränität seines Staatsgebietes sowie dessen Rechtsordnung schützen. Auch mit Waffengewalt.

Illegaler Übertritt von Staatsgrenzen ist nach wie vor ein Delikt, auch bei uns. Selbst im Schengenraum hat jeder Bürger im Ausland Ausweispflicht, denn daran kann man erst ermessen, ob er sich zu Unrecht im Land aufhält. Und ein Staat hat nicht nur die Pflicht, ein Delikt zu ahnden, sondern er muß es nötigenfalls auch verhindern, so schwierig im Einzelfall die Abwägung sein mag. Daß die Flüchtlinge (dem VdZ gehen die Gänsefüßchen aus) die Absicht haben und hatten, die Grenzen illegal zu überschreiten, wird aber wohl auch das schmierigste Käseblatt nicht bestreiten. Das zu verhindern war ja Inhalt der Diskussionen seit letztem Sommer. Das nícht zu tun Inhalt der schwersten und berechtigten Kritik.

Soll also aus einer Verdrehung der Tatsachen Glaubwürdigkeit entstehen? Oder pfeifen die Medien und die Politik ohnehin schon drauf, verloren ist verloren? Wenn etwa die österreichische Die Presse* laut mitbellt und erzählt, daß Frauke Petry "die AfD mit ihrem Schießbefehl auf Flüchtlinge ins Abseits geschossen" habe, weil sie hofft wieder ein klein wenig ins Schälchen der Manipulation "qua Behauptung" dazugelegt zu haben, um im Endeffekt Kapital für den Medienkampf gegen die FPÖ (als "österreichische AfD", auch in der Funktion als Gottseibeiuns der Parteien des Establishment) zu schlagen, indem man bösen Geruch über diesen bösen Realismus verbreitet. Und gleich auch die Foren schließen zu müsssen meint, weil die vor Empörung - über die Medien, nicht über Petry - wieder einmal überquellen? Denn nicht Frau Petry hat die AfD ins Abseits geschossen, sondern die Medien versuchen das. Wie immer man zu ihr oder ihrer Partei stehen mag.

Glauben die Medien (und die Politiker, die die AfD mittlerweile völlig ausgrenzen) wirklich, daß sie damit erreichen, daß man ihnen ihre Unparteilichkeit und ehrliche Absicht glaubt? Sie erreichen das genaue Gegenteil. Aber das Grundübel der Eliten ist eben, daß sie die Wahrnehmungsfähigkeit der Menschen, ihr Vermögen, den Ton der Musik, die Wirklichkeit hinter den Daten zu erkennen, unterschätzen. Das geht auf Dauer nicht. Aber das begreifen sie nicht. Und das zeigt zugleich, auf welchem Wirklichkeitsboden sie stehen.

Insofern kann man nur den Kopf schütteln. Dummheit und Bosheit sind eben zwei Seiten derselben Medaille.



*Unnötig zu erwähnen, daß der Kurier gleich noch intensiver ins selbe politische Quadrat springt? Beide Zeitungen (wie alle Medien Österreichs nicht aus eigenem Tun überlebensfähig, sondern direkt staatsabhängig durch hohe jährliche Subventionen und noch höhere öffentliche "Werbeeinschaltungen") gehören (der ÖVP-Domäne) Raiffeisen und der Kirche (sic!). Welch letztere besonders intersssatn ist, weil sie eine der größten Medienmächte in Österreich (hier ist sie im Printbereich sogar die stärkste) wie in Deutschland ist. Am Zeitungsmarkt ebenso wie in der Filmproduktion (Überraschung, gelle?! Produktionsfirmen im Eigentum der Kirche(n) stellen jährlich ca. 1/3 der gesamten TV-Produktionsvolumens!) Sodaß die Jammerei, die mediale Öffentlichkeit trüge Schuld an der sinkenden Bedeutung der Kirche nur Würgreize erzeugt. Der Kurier hat sich ja überhaupt und ganz offen deklariert die "Bessermachung von Österreich" auf die Fahnen geschrieben, und glaubt allen Ernstes (wie die Kirche), daß das erstens christliches Gebot sei (manipulativ zu "erziehen"), und zweitens, daß sich damit Glaubwürdigkeit erringen lasse, was im übrigen inkompetent, nicht christlich oder nicht ist. 




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