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Freitag, 26. Februar 2016

Aus einem Brief an X (1)

[...] was den Pessimismus regelrecht gefährlich macht ist, daß er als Grundstimmung jene Bilder formt, nach denen wir handeln, ob wir das bewußt machen oder nicht. Die Grundmatrix unseres Handelns wird von uns bestimmt. Sehen wir Dinge pessimistisch, so formen wir ihr Ende vor. Damit kann es passieren, daß wir Dingen ihr Gut absprechen, das sie immer noch hätten, und aus dem sie sich sogar wieder - in der Polarität Bild/Idee und Materia (Mann-Frau) -  zur Schönheit als Gestalt erheben könnten.
Die apokalyptischen Bilder, die uns seit Jahrzehnten mehr und mehr beherrschen, bringen deshalb auch ein schlechtes Ende mit sich. Ich meine, das im Blog immer wieder behandelt zu haben. Sie stammen auch nicht aus ehrlicher Sorge, sondern aus dem Willen zum Ende - aus Flucht vor der Lebensmühe, also aus der Acedia (als Grundhaltung) entstammend. Das drückt sich auch in der Zwangsläufigkeit aus, die uns zu vermitteln versucht wird. Schöpfungsimpotente Muttersöhnchen (um das in einem Pauschalbild irgenwie zu umreißen) agieren eben so.
[...] Der Humor (als Heiterkeit, nicht als Zynismus oder Spott; meist tritt er heute nämlich in dieser Bitterlichkeit auf) spielt eine wichtige Rolle, denn in ihm distanzieren wir uns, spielen mit den Dingen.
[... ] Auch ich hatte zur Wachau, noch mehr aber zum Nibelungengau, immer eine sehr enge Beziehung, und ich war früher sehr oft dort. Sie atmet für mich so etwas wie die Grundlagen von Österreich als Hochkulturland. An der Wachau also könnte sogar Österreich genesen. [...] Da muß halt jeder seine "Töne" finden, in denen er schwingt, um es so zu sagen.
[...] Mit "Normalität" meine ich die Notwendigkeit, kein "Sonderlingstum" zu züchten. Viele junge Menschen heute sind genau deshalb so verstört, ja krank, weil man sie überall bewußt zu Besonderheiten hochquetscht. Wer sich aber für etwas Besonderes hält, als übergeschobenes Selbstbild, ist erkenntnis- weil wirklichkeitsunfähig.
Die "Ausgesondertheit" ist hingegen etwas, das man gar nicht machen kann. Weil sie sich ihr Recht und ihr Gewicht von selber sucht und auch ontisch begründet und entstanden ist, nicht bewußt-willentlich (dann ist sie schon Krankheit, wenn sie zum direkten Ziel wird). Ich kenne auch niemanden, den ich als Ausgesonderten bezeichnen könnte, der nicht darunter im Grunde leidet und sich erst nach langem Sterbens- und Leidensweg zu dieser Form der Einsamkeit (mehr resigniert als gerne) Die als ein letztes Fazit eben dann zu ziehen ist. Ja, die meisten kämpfen lange damit, dieses Leiden zu akzeptieren, dem sie aber doch nicht auskommen. Zur Identität kann sie erst nach langen Jahren und Jahrzehnten werden, wenn überhaupt. A. P. v. Gütersloh hat dazu viel Richtiges geschrieben.
Aber diese wirkliche Ausgesondertheit ist ganz sicher sehr selten, und sie ist immer in Bezug auf die Normalität (ob die nun gesund oder krank ist) der übrigen Gesellschaft geworfen. Auch der Eremit ist "Eremit FÜR" die anderen. Kein Mensch lebt für sich. Deshalb kennt auch ihre Stellung in den Augen der Gesellschaft nur die beiden Pole "Ablehnung total" und "ikonenhafte Verehrung". Der Mensch ist immer Teil einer Grunddynamik (von eidetischen, bildhaften, definierenden Beziehungen), die sich niemand selbst ausgesucht hat, die ihm vorausgeht und in der der Grund seiner Existenz liegt. Er ist immer Fenster des Ewigen in eine gewisse Zeit hinein. 
Der Grund für den Geburtenrückgang ab den späten 1960ern liegt nicht "in der Pille", die war nur Ausdruck, sondern in der Verweigerung, Fenster zu sein. Diese Haltung nahm damals enorm an Fahrt auf, ja sie war sogar Kern der 68er-Revolte. Nicht zufällig war eines der Hauptthemata der 1970er Jahre, wie ich sie als Jugendlicher dann erlebt habe, "Selbstverwirklichung". Alle sprachen nur noch davon. Sie haben das nunmehr Verfehlte geahnt ... 


Morgen Teil 2) Europas Kultur wurde zu einer Laien-Kirche - 
Die heillose Entstehungs- und Wirklogik einer Laien-Kirche




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