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Dienstag, 9. Februar 2016

Die unbekannte Person

Dieses amüsante Filmchen hat der VdZ wegen eines einzigen Moments gewählt: Es ist die Reaktion der Frau ganz am Ende, die freilich erst wirkt, wenn man das Zuvor kennt. Denn diese Reaktion entzieht sich dem rationalen Verstehen, zumindest dem des VdZ, denn er fügt sich nicht wirklich einem Erklärungsschema, will man nicht in sehr simple Konventionen und Klischees absinken. Umso weniger, als alles Vorher so erwartbar scheint. (Die "offizielle" Zusammenführung der Stränge wirkt ja sogar lasch.)

Das reißt dieser Blick heraus. Es ist ihm nämlich etwas Geheimnisvolles zu eigen, und das macht ihn so faszinierend. Weil alles das über das Erkennen überhaupt etwas erzählt, und über das Personsein, das immer ein Geheimnis ist, das seine Erklärung nur aus sich bezieht, und nicht aus psychologischen Thesen oder Erfahrungswerten. Person ist immer original.

Es ist höchst selten, daß man als Schauspieler auf Regisseure oder Produzenten trifft, die dieses Originale einer Figur bestehen lassen oder gar verlangen. Meist wird direkt und unbarmherzig, ja gewaltsam eine sehr bestimmte Reaktion abverlangt, deren Getriebegestänge man jeden Moment quietschen hört, die dem Schauspiel genau das nimmt, was es eigentlich wäre - die Beschwörung eines Geistes, der im Leib des Akteurs zum Leben kommt, diesen von innen her ausfüllt und bewegt.  Die meisten Schauspieler werden auf diese Weise nachhaltig ruiniert.*

Aber genau dort werden dann die wirklichen Geschichten erzählt, weil sie sich tatsächlich ereignen, und dem Zuschauer das bleibt, das ihn überhaupt erst offen zusehen läßt, ohne ihn künstlich zu verwirren. Denn im wirklichen Schauspiel bleibt diese Figur immer in einem Punkt zusammengefaßt. Aber dieser Punkt wird durch alles Außen - Handlung, Äußeres, Andere, Mimik, Gestik etc. - nur eingekreist, er bleibt ohngefähr. Und erst aus der Verbindung solcher Originalpunkte entsteht dann der circumstare Standort der wirklichen Figurenmitte, die zum schwarzen Figurenloch wird, und so kann er seine dramaturgische Funktion überhaupt erst erfüllen.






*Ein illustrierendes Beispiel findet sich in Christoph Waltz. Der nach eigenen Aussagen vor seinem weltweiten Durchbruch, den ihm Quentin Tarantino verschaffte, das Wesen des Schauspiels bereits aufgegeben, verloren geglaubt hatte. Tarantino aber wollte ... genau das! Und Waltz wachte wieder zu seiner eigentlichen Berufung auf, wie eng oder wie weit immer man sie einschätzen möge.




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