Der französische Historiker Marc Bloch hat 1940 - die deutsche Wehrmacht hatte in nicht einmal sechs Wochen die französisch-britische Streitmacht regelrecht vom Tisch gewischt - mit Entsetzen festgestellt (und diesem Entsetzen ein eigenes Buch gewidmet), daß die Ursache für die desaströse Niederlage seines Heimatlandes in etwas lag, das völlig anders als noch 1914/18 die Szene bestimmt hatte: Die völlig andere Art der Kriegführung, die Deutschland entwickelt hatte, und die Unfähigkeit der französischen Offiziere, diesen "neuen Krieg" zu denken, waren die Ursachen für diese unfaßbare Niederlage, die rein auf dem Papier unmöglich gewesen hätte sein müssen.
Denn nominell, nach allen Kriterien der Kriegstechnik gesehen, wäre die Wehrmacht sogar deutlich unterlegen gewesen. Aber die deutschen Generäle hatten den Krieg neu gedacht, und hatten durch ihre Art des Agierens auf dem Feld das Nervenzentrum der feindlichen Armeen lahmgelegt. Damit war unbedeutend, wo wie viele Armeen, Panzer und Geschütze standen - sie waren den Andorderungen nicht gewachsen, nicht im nötigen Tempo koordinierbar (und zwar schon alleine von der Struktur der Befehlsketten her), wobei man den Feind nicht einmal ausreichend schnell lokalisieren konnte (ich mache es kurz.)
Dem spanischen Generalissimo Franco, Oberbefehlshaber der Armee des offiziellen Spanien im spanischen Bürgerkrieg 1936 bis 1939 hatte man im ganzen Land vorgeworfen, daß er viel zu zögerlich, viel zu wenig entschlossen, viel zu "verspielt" den Krieg führe. Wären nicht in einigen ganz wenigen Entscheidungschlachten die Republikaner 1939 buchstäblich und gründlich vernichtet worden, wäre sein politisches Schicksal ganz anders verlaufen, als es später der Fall war.
Ein Krieg, wir erinnern uns, der grosso modo vom Staat Spanien selbst gegen alle geführt wurde, die einen Zentralstaat Spanien ablehnten. Die mehr Föderalismus wollten, ein freies Katalanien und Baskenland forderten, somit ging es keineswegs nur gegen die Kommunisten.
Die hatten sich wie immer nur auf einen Zug draufgesetzt, der sie den eigenen Zielen näherbringen sollte, und durch die sowjetischen Militärlieferungen bald das politische Übergewicht in den Reihen der Aufständischen bekommen. Man rechnete also den Sieg der Groß-Spanier und Royalisten (Spanien war eine formell zentralistische Monarchie) nur bedingt Franco's Feldherrengenie zu, sondern eher dem Zufall. Darunter der Tatsache, daß sich die Feinde quasi aufgelöst hatten.
Daß das alles aber Teil einer Strategie hätte gewesen sein können, dieser Gedanke tauchte erst etliche Jahre später auf. Und da begann die internationale Militärdoktrin zu begreifen, daß sie sich in der Einschätzung der militärischen Leistungen Franco's gründlich getäuscht hatte. Franco führte nämlich einen Krieg, den seine Gegner NICHT DENKEN KONNTEN, weil er dessen Erwartungen so gar nicht entsprach. Und deshalb waren sie ihm zwar mittelfristig, aber dafür umso totaler unterlegen. Franco hatte wenig Interesse, nach dem Sieg eine große Anzahl geschlagener, aber im Herzen Kommunisten gebliebener, Untertanen im Lande zu haben. Also hatte er den Feind auch total vernichtet, nicht nur militärisch. Dazu aber brauchte es Geduld.
Machen wir nun einen Sprung ins Jahr 2022, ins Jahr des Ukrainekrieges. Wieder gibt es einen "General Franko", nur heißt dieser Rußland, und wieder gibt es einen völlig gleichwertigen, nein, rein technisch-mathematisch gesehen "überlegenen" Gegner, nämlich den der EU-NATO, für den die gesamte Ukraine steht.
Natürlich wissen wir nicht, was hinter den Stirnen der Russen vorgeht, aber allmählich können wir sehen, wo es hinführt. Und was wir sehen, ist dermaßen erschreckend, daß ich gestehe, es selber erst verarbeiten zu müssen. Denn auch wenn das nicht intendiert gewesen sein mag - was ich allmählich aber glaube - dann ist das Desaster des Westens noch WEIT GRÖSZER weil WEIT UMFANGREICHER als ich ohnehin bereits dachte.
Und alles, was wir beobachten können, läuft darauf hinaus, dieses Ziel (ob es nun Absicht und Plan war oder nicht) weit umfassender zu erkennen, als es uns und den hohen Köpfen, die unsere Geschicke als Völker lenken (wie wir und sie meinen oder vorgeben) ganz allmählich als Schatten der Ereignisse vor jener Wand zu sehen, auf die wir in langsamem, aber scheinbar unaufhaltsamer Bewegung zufahren. Und dieses Ziel ist eine TOTALVERNICHTUNG der gesamten westlichen Gesellschaften. Zumindest - der meisten. Zumindest - des Systems als umfassendes Ganzes. Europa wird in einigen Jahren nicht mehr dasselbe sein wie heute. Und ich erkläre gleich, warum:
Der Westen kann diesen Krieg nicht denken. Deshalb wird er ihn auch verlieren.
Was wir auf den Schlachtfeldern sehen, sieht nämlich verdächtig nach einer extrem umfassenden Strategie aus, in der eine zusammengefaßte Rußland-China-Allianz den gesamten Westen so wehrlos macht, daß wir in ein paar Jahren als Vasallen des Ostens, wenn nicht als dessen Sklaven enden. Und sogar noch froh sein werden darüber, weil diese Fremdstaaten, diese fremden Systeme die einzigen intakten Mächte sein werden, die unseren zerfallenen, auf immer kleinere Einheiten zurückgefallene Restgesellschaften noch halbwegs Rechtssicherheit und Ordnung garantieren können, damit wir uns nicht jeder seiner eigenen Haut - buchstäblich - wehren müssen, und ohne Karabiner neben dem Bett nicht zur Nachtruhe zu gehen wagen.
Treiben wir dieses Gedankenexperiment - denn das ist es, aber urteilen Sie selbst, werter Leser, wie überzeugend es ist - weiter, in dem wir einige Fakten auf den Tisch legen, die das Gesamtbild langsam aber sicher erkennen lassen. Deutschland hat die Schweiz um Munition für Haubitzen gebeten, die an die Ukraine geliefert hätten werden sollen, dort nun aber mangels Munition wertlos werden. Aber in den Lagern der deutschen Bundeswehr gibt es keine Munition. Daß die Schweiz aus Gründen der Neutralität das Ersuchen abgelehnt hat, ist da schon bedeutungslos. Für uns, nicht für die Schweiz. Immer wieder werden Meldungen laut, teils auch gelakter Natur (als unerwünschte Enthüllungsberichte), daß die deutsche Armee nur noch Munition für zwei (ZWEI) Tage hat.
Ähnliches hört man aus Frankreich, wo Macron von sieben (SIEBEN) Tagen Munitionsvorrat sprach. Ich möchte nicht wissen, wie es in den anderen Ländern der NATO bzw. Europas aussieht. Bei sämtlichem übrigen Kriegsmaterial sieht es nicht viel anders aus. Österreich ist an guten Tagen mit gerade einmal zwei Abwehrjägern verteidigungsbereit, von acht Uhr morgens bis (jetzt, im kommenden Winter) fünf Uhr Nachmittags. Denn die Flugzeuge sind nicht einmal nachtflugtauglich weil nur auf Sicht zu bedienen, vertragen außerdem kein Schlechtwetter, und haben keine Meldeanlagen für den Anflug von Luftabwehrraketen.
Die USA haben der Ukraine neue Raketensysteme versprochen. Lieferzeitpunkt? 2025. Vorher sind die Geschoße nicht herstellbar. Mittlerweile laufen Ausschreibungen, um 70.000 Granaten herstellen zu lassen, die ebenfalls am Dnjepr bzw. in russischen Stellungen landen sollen, denn DIE LAGER SIND LEER. Zum Vergleich: Das verschießt die russische Artillerie seit Februar in drei Tagen. Wenn Deutschland von nächsten Panzerlieferungen spricht (wie sie v. a. die Grünen fordern), dann muß es bereits über Bestände diskutieren, die selbst noch in den Kasernen stehen, und eigentlich der eigenen Verteidigung dienen sollten, wenn dieser Fall eintritt.
Das sind nur einige wenige Schlagworte, die im Laufe der letzten Wochen und Monate in den Medien nach und nach aufgetaucht sind, bzw. die man sich dann zusammenreimen mußte. Denn noch nie war die EIGENE Information, also das was unsre eigenen Medien berichten, dermaßen umfassend unbrauchbar, gelogen und falsch, weil sich alle als Kriegswaffe sehen wollen oder (auf Regierungs- und EU-Anweisung hin) müssen.
Der Krieg in der Ukraine dauert neun Monate. Aber der Westen hat sich FREIWILLIG in eine Lage begeben, in der er seiner völligen Erschöpfung entgegengetaumelt ist. Die Wirtschaft ist am Boden, die Worte Rezession und Depression sind in aller Munde. Die Energiesituation ist so prekär, daß - nur berichtet keiner davon - die EU selbst (!) auf heimlichen Wegen und gegen ihre offiziellen Sanktionen (also Kriegsmaßnahmen) Gas und Öl auf Umwegen VON RUSZLAND kauft, nur zu einem weit überhöhten, ja zum vielfachen Preis, verglichen mit 2021.
Alle Anzeichen deuten darauf hin, daß neuerlich zutrifft, was der britische Historiker Adam Tooze bereits für den 2. Weltkrieg und die Konfrontation Hitler-Deutschland und Sowjetunion in "Ökonomie der Zerstörung" feststellt: Hitler hat den Krieg in Rußland verloren, weil er (wie der gesamte übrige Westen) die ökonomische Leistungsfähigkeit seines riesigen Feindes Rußland völlig unterschätzt hat. Die Sowjetunion unter Stalin hat Deutschland dadurch geschlagen, daß es ein Wirtschaftspotential entfaltet hat, das das deutsche schließlich weit übertroffen hat.
Offenbar ruht die russische Nationalökonomie auf Säulen, die sich als weit stabiler herausstellen, werden sie gefordert, als sämtliche westliche Ökonomen zu denken vermögen. Seine Rohstoffe, sein Reichtum an Gaben ist nicht nur immens, sondern er stellt sich als stabiles Fundament einer Volkswirtschaft dar, das jedes produzierende oder dienstleistende Gegenmodell übertrifft
Rußland ist nicht nur militärisch nicht zu besiegen, weil das Land zu groß ist für egal welchen Invasoren (für den das Nachschubproblem unlösbar ist), sodaß sich immer Reserven schützen können, sondern es hat auch einen Rohstoff-Reichtum, der zwar nicht auf den ersten, wohl aber auf den zweiten Blick jedes konkurrierende ökonomische Gegenmodell übertrifft.
Es hat zudem seit 500 Jahren einen starken Staat, der die Vielfalt des Landes zusammenhalten kann. Und es hat ein tragendes Staatsvolk, das diesem Zentralstaat perfekt zugeformt ist. Schon 1941 hatten Hitler und seine Generäle nicht damit gerechnet, daß die UdSSR aus ihrer zweiten Linie heraus in der Lage sein würde, nach den gigantischen Verlusten des ersten Jahres noch einmal derartig starke Armeen - in Mensch und Material wie auch an Kampfgeist - aufzustellen.
2022 hat der gesamte Westen in einer ähnlichen Hybris wie Deutschland 1941 Rußland erneut unterschätzt. Er hat Rußland die Vernichtung angesagt, und muß nun mit der Tatsache umgehen, daß er selber vor der Vernichtung steht.
Morgen Teil 2) Der US-Westen hat mit den Mitteln des alten Krieges kämpfen zu sollen vermeint. Er hat die Logik dieses neuen Kriegs nicht mehr denken können
______________________________________
Erstellung 04. November 2022 - Ein Beitrag zur