Dieses Blog durchsuchen

Freitag, 29. November 2019

Die Heiligkeit des Geheimnisses aus Mann und Frau (2)

Teil 2)



Die Fruchtbarkeit ist eine paradiesische Gabe, darin liegt ihre Heiligkeit begründet. Sie geht nicht in einem biologischen, "natürlichen" Vorgang auf, dieser ist nur ihre Bedingung, nicht ihre Ursache. Sie ist auch weit mehr als die bloße Begegnung zweier Menschen. Sie rührt an das Göttliche selbst. Damit hebt sie sich unendlich aus primitiver Natur heraus. Das erklärt, warum die Ehe in allen Religionen und zu allen Zeiten etwas Heiliges war und ist, in den anderen Religionen sogar noch mehr als im heutigen Christentum, wo das oft schon ziemlich blaß geworden ist. Aber nicht nur in der intimsten Akthaftigkeit der geschlechtlichen Begegnung, sondern in diesem Bund des Zueinander ist Gott selbst gegenwärtig und dabei. In der Sakramentalität (weil bzw. wenn unter Getauften geschlossen) natürlich auf reale, sonst nie erreichte und erreichbare Weise, die in allen übrigen Religionen nur Ahnung und Abglanz ist. Wie sehr das auf den Menschen zutrifft, zeigt die Freude, die im innigsten Vollzug enthalten ist.***

Gott ist ein Spiel mit sich selbst, zitiert Gerl-Falkovitz Meister Eckhart. Und wie im Spiel ist das Zueinander von Mann und Frau in den Glanz des Unbekannten, des Geheimnisses getaucht. Dessen schöpferischer Moment in der Hingabe an die Regel aufbricht. Selbst beim simpelsten Halma-Spiel ist der Ausgang ungewiß, das macht die Faszination des (welthaften) Spiels aus. Und in diesem Spiel liebt Gott sich selbst, dynamisch in den drei Personen der Trinität, in die Gott (weil Jesus) das Ehepaar (das in der Ehe ja nur die ursprüngliche, paradiesische Wirklichkeit von Mann und Frau herstellt) hineinnimmt. So, wie Gott ein Werk durch sich selbst ist, im Tun des Zueinander von Vater und Sohn im Geist, ist auch das Paar ein Werk durch sich selbst, in der aufeinander gerichteten Polarität der Personen, und im Heiligen Geist, den sie einander (real atmend) zuhauchen. 

Man kann deshalb die Ehe gar nicht außerhalb der Sakramentalität begreifen. Dann bliebe sie bloßer weltimmanenter Versuch, die ganze Wirklichkeit von Mann und Frau zu imitieren. Der nicht sakramentalen Ehe bleibt deshalb ein Beigeschmack des Tragischen. Vielleicht begründet sich darin die in anderen Kulturen und Religionen meist viel exzessivere (weltliche) und symbolbeladenere Feier als im christlichen Raum. Weil die wirkliche Wirklichkeit fehlt, dieser Ehe also immer ein gewisser Mangel (an Übernatürlichkeit) eignet. Aber auch dort bleibt sie jene Liebe, die den "anderen" liebt, also nicht narzißtisch ist. Diese Spannung innerhalb der Trinität wird durch die geschlechtliche Spannung lediglich ausgedrückt, bzw. ist diese deren Analogie.**** 

Damit kommt man auch an den Punkt beklagen zu müssen, daß Alltag und Leben heute einer christlichen Erotik ermangeln. Gerl-Falkovitz weist sehr gut dabei auf die Bedeutung der "Angezogenheit" hin, in der sich diese Erotik eigentlich zeigen beziehungsweise darstellen sollte. In der sich diese innere Dynamik Gottes andeutend zum Ausdruck bringt und so auf Erden realisiert. 

Wenn Mann und Frau dasselbe tun, schließt Gerl-Falkovitz, dann klappt es nicht. Das zeigt sehr schön ein arabischer Hochzeitsritus, in dem zur Eheschließung das gemeinsame Beladen eines Kamels gehört. Dieses muß so beladen werden, daß es vierzig Tage (bis zur nächsten Oase) durchhält und das Paar trägt und nährt. Beide beladen es auf ihre Art, beide mit je anderen Schwerpunkten, aber es muß sich in Einem finden. Beide müssen also das Kamel mit zwei unterschiedlichen Qualitäten beladen. 

Die Differenz der Geschlechter ist ein Ausblick, ein Fenster und ein Durchgang auf die dynamische innere Qualität Gottes selbst. Die gilt es für den Menschen, in die Welt hereinzuholen. Gott ist zwar nicht Mann und Frau, aber in der Zweigeschlechtlichkeit und der darin enthaltenen Anziehung findet sich eine Analogie auf Wesen und Liebe der göttlichen Personen.







***Deshalb ist die Rede von der "Freude an der Sexualität" ein so gefährliches Schwert, das oft auch über katholische Ehen gehängt wird. Denn eine für sich stehende Sexualität ist immer ein Zurückwerfen der Partner auf sich selbst. Die Offenheit für das Ewige ist nur in der Offenheit bedingungsloser Hingabe enthalten. Salopp formuliert: Die Ehepartner sind einander nicht "Spielzeug zur Selbsterfreuung". Umgekehrt ist es weit weniger bedenklich - diese Begegnung zu verzwecken, und lediglich als "Akt der Kindeszeugung" zu sehen.

****Es ist gewiß nicht mehr leicht zu verstehen, wenn man dazu sagt, daß das, was wir als "physisches Geschlecht" definieren eine reduktive Sichtweise ist. Aus dem oben Gesagten geht nämlich auch hervor, daß diese Geschlechtlichkeit im Ort, also in der Ehe, vorausgeht, und der Einzelne in diesen Platz hinein geschaffen wird. Eine vorausgehende explizite "Geschlechtlichkeit" gibt es also gar nicht, ohne sie in Komplementarität zu denken. Erst aus der Ehelichkeit geht "Mann und Frau" hervor.