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Freitag, 15. November 2019

Warum da etwas nicht stimmt (2)

Teil 2)



Der noch einen weiteren und sehr fatalen Tatsachenkomplex völlig außer Acht läßt, ja gar nicht kennt. Nämlich den, daß volkswirtschaftlich gesehen - nicht nur auf einzelne Unternehmen - die Einschaltung weiterer Mechanismen (=Maschinen), und das geschieht bei allem, was auch Krall hier nennt: Digitalisierung etwa, auch ein Mehr an Energie und damit an Arbeit bringt. Denn JEDER Mechanismus, jede Maschine verbraucht mehr Energie (=Arbeit), als sie liefert! Maschinen können also nur Teilbereiche "verbessern", bringen aber in anderen Bereichen ein Mehr an Arbeit. Das man leisten wollen kann, gewiß, etwa weil eine Einzelarbeit zu mühsam war, Gesundheitsschäden verursachte, etc. etc., und man lieber die leichteren, quantitativ aber zahlreicheren Umwege (als Energieverbrennungsmomente) bevorzugt. Aber man muß es in einer gesamtwirtschaftlichen Betrachtungsweise berücksichtigen. 

Und da ist auch der Grundfehler bei der "Angst vor der Digitalisierung", die davon ausgeht, tatsächlich davon ausgeht, daß die Gesamtarbeit eines Volkes, die es dann zu leisten gilt, WENIGER wird. Stimmt nicht! Sie schichtet sich nur um! Sie schichtet sich sogar bestimmbar und konkret auf bestimmte andere, sogar neue Tätigkeitsbereiche um. Man denke an Programmierer, an Computerpfleger, oder an niedrigqualifizierte Arbeiter, die den Facharbeiter ersetzen, weil sie nur noch bestimmte Handgriffe an einer Maschine tun müssen ohne recht zu wissen, was sie überhaupt tun. (Was der Forderung nach mehr Migration, die ursprünglich - man vergißt zu leicht! - auch eine Forderung der liberalistischen Kapitalisten war. War? Nein, es oft sogar auch heute ganz offen ist. Digitalisierung (bleiben wir bei diesem Beispiel) bringt nicht WENIGER an Arbeit, sondern mehr, aber ganz bestimmte Arbeiten. Clevere, Rationalisten und Minderqualifizierte werden bevorzugt. Das wirkliche Fachwissen aber verschwindet damit noch rascher.

Diese Tatsache wird deshalb nicht gleich erkennbar und generell verschleiert, weil dieser Mehraufwand UMVERTEILT wird, von den Unternehmen weg, hin zu Konsumenten und öffentlichen Bereichen, also dem mütterlich-kümmernden Staat. Auch der Liberalismus erzeugt also (wie jeder Irrtum) genau das, was zu bekämpfen er vorgibt: Zentralstaat und Sozialismus. Sage der Leser das aber einem begeisterten Anhänger des Kapitalismus. Er wird auf eine vitale Mauer des Leugnens und der Irrationalität stoßen. Denn die Frage, wie wir wirklich leben WOLLEN und SOLLEN, kennt er nicht einmal, will er nicht zulassen. Sein Wollen und Sollen reicht. Und eigentlich hofft er ja, daß er selber zu den Siegern zählt. Den Begriff des Gemeinwohls, das mehr ist als liberalistische "Harmonie", die seltsamerweise nie eintritt, sondern immer Sieger und Verlierer kennt, kennt der Liberalist nicht. Denn er ist eben Evolutionist, und diese These macht den Mangel an Ethik und vor allem Liebe - zum Nächsten, zum Produkt, zur Schöpfung - so herrlich bequem, ja spricht ihn sogar heilig.

Natürlich irrt die EZB, weil sie Wirtschaft als Mechanismus sieht. Natürlich ist der Aufbau von Bürokratie, die Regulierungswut etc. etc. ein Krebsgeschwür, das allen Lebensprozessen den Saft aussagt und Schmarotzerdienste leistet. Natürlich dient alles nur der Politikerkaste, die (s.o.) nur eines kennt, das Gesetz der Macht und des Erhalts von Stellung und Ansehen (mit neuen Anerkennungs- und Meritenkriterien, die sie extra dafür aufgebaut hat). Natürlich ist es unerträglich geworden, das Handeln der Menschen bis ins Letzte zu regulieren und "gut" zu machen, also gleichförmig auf ein rein mathematisches Gesamtgeschehen auszurichten, per Zwang.

Aber Krall übersieht, daß dahinter auch ganz massive liberale (!), kapitalistische Interessen stecken. Daß diese Regulierung von globalen Konzernen gewünscht und angeregt wird, um die unliebsame kleine Konkurrenz aus dem Feld zu stechen. Die Regulierungswut welt- und wirklichkeitsfremder Beamter dient dem Kapitalismus, nicht dem kleinen Bürger. Nicht dem kleinen Unternehmer, der sein Unternehmen führt, wie er es immer tat, und seine Leute beschäftigt, die in einem gewissen Maß ihre Arbeit verrichten.

So könnte man also den geringen Anteil an Unternehmenspleiten gar nicht als "künstliche Streckung" durch EZB-Fehler sehen, sondern als Luft, die gesunden, sehr gesunden Mittelstandsunternehmen blieben, weil die Zinsen so niedrig waren. In einem Durchschnitt an Pleiten steckt also ein gehöriges Quantum an Zynismus. Wo alles Heil einer "innovativen Wirtschaft" in Technik und Digitalisierung gesehen wird. Ja, so stellt man es sich vor, aber ist es wirklich so? Ist es notwendig so? Ist es gut so?

Es ist das Bankenmodell selbst, das - meistens - krank ist. Weil es von Zinsen lebt. Wovon sonst sollte eine Bank leben? Eben. Sie muß vom Risiko auf Gewinn leben, wie der Unternehmer, dem sie Geld leiht, wie der Häuslebauer, der Zeit überspringen will (und quasi Miete spart), das sie mitträgt, indem sie Geld in jemanden oder etwas investiert, der etwas riskiert, so schaut es aus. Dann hat sie ein Existenzrecht. Macht der Unternehmer (etc.) Gewinn, an dessen Unternehmen sich die Bank beteiligt, als Makler, als Geldeigentümer (so haben ja Banken begonnen, mit dem Eigenkapital einiger Reicher, die meist aus dem Textilgeschäft heraus zu Geld kamen).

Das Unmoralische an Banken ist, daß sie das Risiko des Kreditnehmers nicht mitträgt, sondern dem realen Leben voller Wechselfälle eine mathematische Zwangslogik aufpreßt, die dort nichts zu suchen hat und deshalb immer "gewinnen" wird. Denn Mathematik wird nicht krank, erleidet keinen Unfall, läßt sich nicht scheiden, oder verschätzt sich auch sonst mal.

Sonst leben die meisten (nicht alle nämlich!) Banken tatsächlich von Unmoral. Von der Unmoral, die Schwäche und Bedürftigkeit eines anderen auszunützen, machen wir uns doch nichts vor. Und das ist durch die Globalisierung noch schlimmer geworden, ist zum Giganten angewachsen. Was wir mit dem riesigen Berg an Banken machen, die heute auf einem falschen Geschäftsmodell beruhen, ist deshalb eine ganz andere Frage. Die Krall wie alle Liberalen aber gar nicht stellt. Kredite ersetzen das Sparen, weil man Zeit verkürzen will. Das will vor allem einer: Die Politik. Die Emporkömmlinge unter den Politikern, also quasi alle Politiker.

Morgen Teil 3)