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Mittwoch, 6. November 2019

Warum Clinton die Wahl verlor (3)

Teil 3)



Wenn aber eine Gesellschaft aufhört, ihre Potentiale zu suchen und dann "auszunützen", wie das bei Harvard der Fall ist, wo man aus "moralischen Gründen" Ethnien und Studierendengruppen ausschließt und benachteiligt, nur weil sie nicht der gewünschten Gruppe zugehören, dann wird das ohne jeden Zweifel in einer Katastrophe enden. Denn dann fehlen zunehmend Leute, die schöpferisch und produktiv sind. Und es ist ohnehin immer nur eine kleine Minderheit, die egal in welchem Bereich die eigentliche produktive Arbeit leistet. Eine Gesellschaft, die auf diese Leute zu verzichten bereit ist, wird unweigerlich ärmer. 

Weil aber so ein Vorgehen ungerecht ist, wird sich noch etwas entwickeln: Die Universitäten selbst werden immer mehr Objekt von Zynismus. Auch sie verlieren also dabei ihre Ernsthaftigkeit, mit der sie gesehen werden. 

Dessen ungeachtet steht zwar die Rechte in der großen Gefahr, durch Konzentration auf diese Frage intellektuell und moralisch völlig abzustürzen. Aber dem steht eine Entwicklung der Linken gegenüber, die seit hundert Jahren durch ein völliges Versagen ihrer Intelligentsia in eine Richtung gewandert ist, in der sie absolut versagt, meint Peterson.

Und hier beginnt es neuerlich markant zu werden, denn was er dann als sein Denken vorstellt zeigt eben dieses selbe Versagen. Der Reihe nach: Peterson meint, es sei ein Merkmal von Linksorientierung von Intellektuellen, offener, kreativer, weniger hierarchisch-liniengebunden zu sein. Sie mögen, um es pauschal zu sagen, keine Grenzen. Nicht zwischen geistigen Gebieten, nicht (buchstäblich) um ihre Staaten. Grenzen behindern den freien Informationsfluß, so der Hintergrund, und Linksorientierte lieben (angeblich) den freien Informationsfluß.

Aber sie übersehen nicht nur, daß damit die Dinge verworren und unklar werden, sondern sie übersehen auch, daß diese Art mit Information umzugehen keineswegs - wie bei der Rechten, wo Auschwitz und Hitler das Böse darstellen, wohin sie driften kann - automatisch zum Guten führt: Sie weigern sich zu sehen, daß auch die Linke mit Stalin und Mao bewiesen hat, daß ihre Konzeption in nicht weniger humanitäre Katastrophen münden kann. 

Ein schwaches Argument, meint der VdZ, ein sehr schwaches sogar, das im Grunde auf einer wenig reflektierten Frage aufruht, was denn rechts oder links überhaupt sei. Und was rechts und konservativ miteinander zu tun haben. Und ob Hitler und der Nationalsozialismus überhaupt rechts waren. Wir haben wieder den liberalen Gestus (und Peterson ist ein Liberaler), der erst dort aufschreit, wo es offensichtlich (und guckediwutz, immer posthoc) "böse" wird. Die Rechte "ging zu weit", deshalb Auschwitz und Hitler. Das weiß jeder, sowohl Rechte wie Linke. 

Die Linke ist aber deshalb schlimmer, weil sie niemals akzeptiert und jede Diskussion darüber verweigert, daß sie auch im Gulag landen könnte. Niemals gibt es Linke, die das für möglich halten. Dabei ist evident, daß das so ausgehen kann und bereits so ausgegangen ist. Die Linke hat kein intellektuelles Moment, in dem sich beweisen ließe, daß sie automatisch zu weit führen würde, wie das bei der Rechten der Fall ist (mit ihrem ethnisch-rassistischen Merkmal). Es wird also leider noch schwächeres Gefasel, das Peterson von sich gibt. 

Denn natürlich kann er das nicht sehen, weil er (wie jeder Liberale) auf demselben Pferd des Materialismus sitzt wie die Linke, und auch er weiß es nicht. Das hilft es wenig, wenn er meint, daß Solschenizyn ein wenig versucht hat, das zu zeigen, indem er die Neigung des Menschen zeigt, persönliche Schwächen zur Entfaltung zu bringen, was im Sozialismus eben besonders gut gelingen könne. Das Überlaufen des linken Denkens in die Abscheulichkeiten des Kommunismus im 20. Jahrhundert (und man vergesse doch nicht das heutige China) ist reine Pathologie, nicht Merkmal des linken Denkens selbst. Da hat Peterson also sogar Solschenizyn nicht verstanden, sondern nur einiges von ihm verwertet.

Für Peterson ist also die Schwäche der heutigen Linken eine reine Frage des Maßes, der Geschwindigkeit der Lokomotive sohin, nicht die Richtung der Schienen, auf denen sie fährt. Was Peterson also zum Liberalen und nicht zum Linken macht? Na irgendein Gefühl, irgendein "das geht zu weit"-Gefühl. Mehr ist es nicht. Sollen Krankenschwestern nur Frauen sein? Nein, sagt er, warum soll es nicht auch ein Mann sein. Sollen Klempner nur Männer sein? Nein, warum nicht auch mal eine Frau? 

Alles kommt auf den Einzelnen und seine Wahl an, und die muß unbeschränkt möglich sein. Da nimmt es nicht mehr weiter wunder, wenn Peterson ein regelrechtes Lied auf die wunderbare kommunistische Idee der Brüderlichkeit aller Menschen - oh französische Revolution und Aufklärung, schaut herunter! - singt, die doch so wunderbar und universalistisch ist. Wenn man sie nur da und dort beschränkt, so ungefähr. Nur bei den Nazis, da war das Böse von Anfang an eingebaut. Und überhaupt ist es schlimm, das sieht doch jeder, wenn sich eine Gruppe für überlegen hält.*

Na geht es noch blöder, mit Verlaub? Es gibt dabei tatsächlich Leute, die Peterson für einen der führenden Intellektuellen der Welt halten. Dabei ist er selber Träger der Seuche, die er zu bekämpfen vorgibt.

Wir kommen damit immer wieder auf denselben Punkt, der als das eigentliche Scheitern der Wissenschaft des Westens bezeichnet werden muß, nicht nur das Scheitern von Peterson: Die intrinsische Reduktion des Denkens auf technische Vorgänge, der Verlust des Denkens in Gestalten. Denken muß aber SEIN, ist die lauthafte, worthafte Manifestation der Gestalt, kein Herunterdeklinieren von logisch-rationalen Operationen. Diese sind selbst nur Teil des Gesamtprozesses der Gestaltenbegegnung und -abwägung als eigentlicher Denkprozeß, der zwar nie antilogisch, aber vor- und überlogisch sein kann, nein, sein muß. 

Sinn und Maß gibt es nur in der Selbstüberschreitung auf eine wirkliche Wirklichkeit, die zum einen ein Mosaik der göttlichen Weisheit ist, ein gigantisches, unendliches Netz der Ordnung von Ideen, und zum anderen logis, also in sich lebendiges Wort, das sich in der Kommunikation eröffnet und erschließt. Das ist Denken, das ist Intelligenz, das ist Wahrheit und Weisheit. Der das Böse entgegensteht, sodaß dort, wo Böses Raum erhält, auch das Denken schwächer wird und verschwindet, zur bloß rational-mathematischen Operation wird.

Wir haben nach vierzig Minuten abgeschaltet. Der Anteil von Stroh in Petersons Denken wird immer größer und deutlicher sichtbar, die eventuell inspirierenden Anregungen und Samen schon sehr spärlich. Da kann auch Murray das Eisen nicht aus dem Feuer reißen, wenn er spitzfindig beobachtet, daß der Linken die Faschisten, gegen die sie kämpfen, ausgehe, weil es so wenige gibt. Daß sich offen als Kommunist zu bekennen zumindest in England schon regelrecht Mode geworden ist, welch Bekenntnis man aufs T-Shirt prägt.





*Mister Peterson, es geht noch schlimmer: Zu allen Zeiten und Orten haben sich Völker für überlegen über ihre Nachbarn gehalten. Warum? Weil Mensch eben aus der Gruppe ersteht, und deshalb das Menschliche zuerst einmal aus der Gruppe entsteht und lebt. Somit ist Menschsein immer und überall zuerst auf die eigene Gruppe bezogen, weil es so in der Realität auch IST. Und erst DARAUS, aus dem Gefühl der eigenen Überlegenheit sohin! erwächst allmählich auch das Begreifen des abstrakten Menschseins, das aber NUR durch das konkrete Menschsein "als" etwas oder jenes geschieht.




*160919*