Dieses Blog durchsuchen

Donnerstag, 21. November 2019

Zusätzliche Lebensbespaßung durch Klimarettung

Natürlich ist der Eindruck vollkommen subjektiv und zufällig, und muß rein gar nichts über allgemeine Tendenzen aussagen, die man daraus ziehen könnte. Dennoch sei es getan. Und zwar bei den in rasantem Tempo zunehmenden, durch Strom beziehungsweise Batterie/Akku betriebene Gefährte auf zwei Rädern. Seien sie mit oder ohne Halteständer, sei es durch Scooter, die jeden Fußgängerbereich als ihre Domäne zu schätzen wissen, oder durch motorverstärkte Fahrräder, die bergauf auch dem siechesten Pensionisten ein reines Naturerlebnis gewährleisten.

Sie alle fahren aber, und das ist mehr als zufällig, mit dem erhobenen Haupt des Weltretters und gehen davon aus, daß jeder ehrfurchtsvoll zur Seite springt, wenn sie durch Städte und Landschaften düsen. Und schmettern abends ihre fundamentale Gesellschaftskritik in die biersaure Landschaft, daß es diese Sch...-Regierung nicht schafft, ausreichend Ladestationen in die Landschaft zu knallen, samt zuführendem Kabel. Was den Tübinger Bürgermeister (ein Grüner! ein Grüner mit Restsinn für Realismus! man faßt es nicht) unlängst zur lapidaren Bemerkung veranlaßte, er werde einen Deibel tun und seine schöne Stadt völlig aufgraben lassen, um Ladestationen zu installieren. Doch das ist ein anderes Kapitel.

Dem VdZ ist ein völlig anderer Verdacht aufgestiegen. Ausgehend von der rasanten Vermehrung solcher Verwendungsmöglichkeiten von elektrischem Strom zum Behufe des Betriebs chinesischer Produkte will sich der Eindruck nicht verflüchtigen, daß alle diese Einrichtungen, die das Klima und die Welt retten, ZUSÄTZLICH zu bestehenden Fortbewegungsmitteln unter die Leute kommen. Das ist das eine. Und daß sie dort, wo sie ERSETZEN, nur der Tradition des Sinns der meisten technischen Neuheiten treu bleiben, und den Bequemlichkeitsfaktor erhöhen, und den Mühefaktor senken. Also zum Beispiel die gute alte Sitte des schweißtreibenden Tretens von Pedalen durch die herrlich amüsante Tätigkeit des Drehens an Geschwindigkeitsregulierungsgriffen verdrängen.

Was früher somit schlicht ein Fahrrad war, ist jetzt ein Fahrrad PLUS Motor. Was früher ein Tretroller war, ist jetzt ein Tretroller PLUS Motor. Was früher die Beine taten, tut jetzt ein elektrisch betriebenes Lustigbrett. In immer mehr Fällen wird sogar zu solchem Zusätzlichen animiert, etwa wenn man in Städten Elektrofahrzeuge an von der Stadtverwaltung bereitgestellten Ständen mieten kann.

Man hört aber sogar von Elektro-Autos (zumindest gibt es dazu eine Erhebung in den USA, die das behauptet, aber es klingt auch für uns plausibel) daß sie zumindest derzeit in erster Linie als Zweit- oder Drittfahrzeug angeschafft werden. Und in der Garage neben SUV und dem Golf für die Dame des Hauses stehen. Um etwa zum samstäglichen klimaschonenden Einkauf beim Supermarkt 500 Meter entfernt, zu dienen. Oder um durch die Innenstadt des Heimatortes nicht mehr zu gehen, sondern elegant in weltrettender Pose leise und wettergeschützt gleiten zu können, vor dem Bio-Laden zu halten, und die saugute hausgemachte Zitronenlimonade (wo wachsen denn die eigentlich?) mit Ingwerzuschuß konsumieren zu können.

So daß also, mit einem Wort, alle diese elektrischen Devices (um im Neudeutsch zu bleiben) nie und nimmer das vorgebliche Ziel (so absurd das ohnehin ist) der Verminderung des CO2-Ausstoßes dienen, was ja nur in einer Gesamtrechnung Sinn hat, sondern nachgerade zum Gegenteil diesen durch einfache Hinzufügung weiterer technischer und bequemlichkeitsfördernder Einrichtungen zu unserer Lebensweise im Additivverfahren erhöhen. Und zwar bevorzugt ab einer gewissen Einkommensschichte, denn wer mit dem Rotz kämpft und nach Preis zu kaufen gezwungen ist, zumindest dann und wann, kann nicht nach edler zusätzlicher Gesinnung in Weltdimension, sondern muß nach weniger edel beleumundeter Sinnhaftigkeit und Sparsamkeit in Regionaldimension handeln.

Von Familien mit Kindern, die aus sich selbst heraus so manche Reisetätigkeit zuwandernder Menschenströme unterbinden, zumindest unnötig machten, gar nicht zu reden. Denn wie sich unschwer zeigen läßt, ist dort der Kindersegen immer Ursache einer Einkommensumverteilung, die den Lebenswandel noch mehr an Sinn und Sparsamkeit drückt, ohne daß es von den Einzelnen zwangsläufig als Lebensverlust, sondern als Verlagerung der Freude auf andere Güter gewertet wird. Da bleibt dann für zusätzliche Devices (wieder ...) wirklich kein Geld, denn das Budget war und ist nach Kindergeburt noch mehr exakt für Notwendiges verplant, während Zusätzliches oder gar Unnotwendiges (damit ist nicht Luxus gemeint, Luxus ist nicht ein mehr, sondern ein besser) wegfällt.

Wahrscheinlich hat also ganz einfach wieder einmal niemand damit gerechnet, daß sich eines nie ändert: Daß die Menschen in immer denselben Schemata leben, während sie in immer denselben Schemata ganz anders reden. Daß also die gesamte Klimabewegtheit nichts anderes ist als solche Dinge immer waren: Zusätzliche Angebote der Lebensbespaßung.

Aber wie gesagt, ist alles nur subjektiv und möglich. Aber dem VdZ bereitet der Gedanke Sorge, daß wir nach und nach unsere gesamte Tätigkeit (die man früher Arbeit nannte) auf die Hervorbringung von Zusatzprodukten konzentriert, die der bestehenden Lebensführung und -bewältigung auf den Rücken geschnallt werden, während sich niemand mehr um das Naheliegendste kümmert. Frei nach dem Motto, daß das sowieso da sein muß, weil immer da war. Er hat tatsächlich die Sorge, daß genau das aber nicht mehr lange so sein wird.

Denn wer einmal an diesen Gedanken Blut geleckt hat, stellt fest, daß er sich in sehr viele Bereiche übertragen läßt. Man denke nur an die Gendersprache, die durch "-innen und inne" jede Rede, jeden Text bis ins Unerträgliche verlängert, oder an die Stromerzeugung, wo mangels technischer Machbarkeit dem bestehenden Kraftwerksnetz ein zweites aufgedoppelt wird. Bis man zum Punkt kommt, diese ZUSÄTZLICHKEIT rasch, hinter jedem Basch, äh, Busch zu sehen.

Dabei wollen wir schon aus prae-traumatischem Überlastungs-Selbstschutz gar nicht an die Zusätzlichkeit denken, die die Energiewende bedeutet, weil die dort Dimensionen annimmt, die jedes Vorstellungsvermögen sprengen.

Aber was soll's. Man gönnt sich ja sonst nichts. Unsere Länder wirken mittlerweile ohnehin wie eine Ansammlung von Hänsen im Glück, die die Pferde schlachten, um mit dem Erlös aus dem Fleisch einen unglaublich edlen und pferdegerechten Reitstall einzurichten.