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Donnerstag, 28. November 2019

Die Heiligkeit des Geheimnisses aus Mann und Frau (1)

Was Mann und Frau zu sich selbst macht ist das, was sie umfängt, also die Ehe, als Gründung einer neuen Welt, wo eine Beziehung welthaft, also gestalthaft wird, im geschlechtlichen Zueinander. Sodaß gilt, daß erst als Vater und als Mutter das Geschlecht zu sich selbst wird. Das ist ein immanentes Geschehen, kein direkt erreichbares Gut. In seinem wesentlichen Element, daß das andere Geschlecht eben "anders" ist. Wie? Das wirklicht sich erst in dieser Begegnung, und zwar in einem dann Gemeinsamen, das dann als "Haus" tatsächlich Welt (in ihren weiteren, umfassenden Formen, wie Gemeinde, Region, Land, Staat) ist, die wiederum vom Umfassenderen her begründet wird.

In diesem kleinen Punkt (der sanfter Hinweis auf eine bei ihr immer wieder durchscheinende Ungereimtheit in ihrem Denken - sie ist, als Frau, eben auch intuitiv, und damit tendenziell synthetisch) muß man dem sonst sehr inspirierenden Vortrag der em. Philosophiedozentin Hannah Gerl-Falkovitz widersprechen. Die im Jänner 2019 am Wiener Religionspädagogischen Institut in einem weitausholenden Einblick in die Überlieferung und Tradition vieler Völker dieses Mysterium anspricht. Das erst Fruchtbarkeit möglich macht. Als Hinzukommendes, als zuvor nicht gekannte, nunmehr aktivierte Potenz, die zugleich das Tor zum Ewigen, zum Jenseitigen, zum Transzendenten darstellt. Und zwar in dieser Auslieferung an das Nicht-Gekannte. 

Falkovitz spricht dabei die in den maßgeblichen Mythen überlieferte Eigenart der Geschlechter an. Wo der Mann sich durch Heldentat und Befreiungskampf die Frau verdienen muß, die prinzipiell die Passive ist, will sie sie selbst sein. Die, die wartet, die erwartet und sogar fordert. Um dann dem Helden gnädig ihre Hingabe zu schenken, die ihr weit mehr kostet als ihn: Denn sein Penetrieren ist ein definitives und endgültiges Verletzen (als Verändern) ihres Daseins weil ihrer Leiblichkeit. 

Erst in dieser Differenz, in diesem Hineingehen ins Unbekannte, wird der Mensch nicht nur zu sich selber, sondern erkennt er sich auch. Kein Blick in den Spiegel, kein Blick aufs gleiche Geschlecht kann das leisten. Die Identifikation mit beziehungsweise über das gleiche Geschlecht, wie es für Vater und Sohn typisch ist (und sein muß), bildet dabei nur die stumme Grundlage des Hinaustretens in den Kampf (ums Weib.) Die Frau ist dabei einfach die, die dem Mann "das Leben" bedeutet: Adam nennt seine Frau, die Gott ihm gemacht hat, "Leben" (Eva). 

Will er, der Mann, leben und Leben in die Welt tragen, muß er sich zu ihr durchkämpfen, sie erobern, und sich an die nunmehr als Lohn des Preisgeldes Hingebungsbereite hingeben. Die Frau ist dabei die, die als Leib "einfach da" ist. Darin liegt ihre Kostbarkeit, und darin liegt auch ihre Pflicht, diese Gabe, die sie "ist", durchaus zu verteidigen, also mit einem Preis zu versehen.*

So, in dieser Auslieferung ans Unbekannte, das durch Initiation gehen muß, als Schritt die eigene Basis als Ausgangspunkt zu festigen, zu "erhärten", ist auch der Raum für die Begegnung mit Gott eröffnet. Und zwar zu Gott in seiner mit der Erde, dem Menschen verbundenen Realität! Insofern ist Gott der "in der Mitte", nicht "der andere selbst". Der einem durchaus auch das ganze Leben, selbst in langer Ehe, fremd bleiben kann, wenn nicht sogar soll. Diese Fremdheit gilt es aber durchzuhalten. Was dem heute so oft anzutreffenden Wahne widerspricht, mit dem anderen "zu verschmelzen", "eins" zu werden. 

In diesem Sinne gibt es dieses "Einswerden" gar nicht, sie ist eine sogar gefährliche Illusion. Die Frau wird dem Manne nämlich immer fremd bleiben, und sie muß das sogar. Nicht, weil sie etwas verheimlicht, sondern weil sie anders "ist". Und zwar mehr, als umgekehrt, weil der Mann weit eher nach der Logik der Welt aufgebaut ist. Es ist somit pathologisch, dieses Unergründliche ausschöpfen zu wollen, etwa durch Techniken und Methoden, die "restlose Offenheit" bewirken sollen.** Die in jedem Fall eine Illusion ist, die auch dem, der angeblich "restlos offen" ist, eine innere Fessel anlegt, die er kaum mehr erkennen kann. Es muß also genügen auf diese Unergründlichkeit zu pochen!

Wenn Gerl-Falkovitz also von der Fremdheit als "Salz in der Suppe" spricht, so darf man das nicht als rein pragmatischen Tip verstehen, sondern es ist sogar das, was die Anziehung der Geschlechter in der Erotik (sic!) ausmacht. Die von einer andeutenden Verhüllung lebt, nicht von der anatomischen Reservelosigkeit.

Auch die Vertrautheit, diese wunderbare Frucht der Verbindung von Mann und Frau, gedeiht nur auf dem Boden dieses Respekts vor dem letzthinnigen Geheimnis, das mir im anderen gegenübersteht. Sie gedeiht, wenn der andere sich der Verläßlichkeit sicher sein kann, daß der andere den Moment der Ungeschütztheit, den ich ihm in der Partnerschaft biete, auch respektiert, ja schützt. (Im alten Bürgerlichen Gesetzbuch galt deshalb die Bloßstellung und Indiskretion als Grund für schuldhafte Entlassung bzw. Scheidung.) Das Miteinander von Mann und Frau ist als Ganzes ein Geheimnis, ein "Heim", in dem jeder der beiden wohnen kann.² Das mit der Zeit immer mehr wachsen kann, in dem sich mit der Zeit mehr und mehr Räume auftun können, beschreibt es Gerl-Falkovitz. 

Wo aber ein Geheimnis auftritt, das noch dazu das Geheimnis des Lebens einbegreift, spricht man in allen Kulturen und Traditionen von "Heiligem". Denn es geht um weit mehr als um menschliche Begegnung. Es geht um das Einschließen des Geheimnisses der Welt, in dem sich das Transzendente, das Göttliche der Erde schöpferisch zuneigt und das deshalb nicht machbar, das nur erflehbar ist.

Morgen Teil 2)


*Es ist also interessant, daß die "käufliche Liebe" im entsprechenden Gewerbe diese natürliche, in ihrer Natur natürlich "andere" Konstellation von Mann und Frau so täuschend lebensecht nachspielt.

**Der VdZ hat sich an dieser Stelle deshalb schon mehrmals sehr ablehnend gegen auch in katholischen Kreisen so beliebte Methoden wie "Marriage Encounter" gewandt. Die nur den Spielraum der Freiheit bei den Partnern einengen und determinieren, aber kein innigeres "Miteinander" als Ganzheit bringen.

²Das trifft auch für den Fall der "Pathologie" zu, die wie die Sünde als Abwendung von Gott (wenn auch in anderer Schuldkonstellation) eine Entfernung vom eigentlichen ontologischen Geschehen bedeutet. Lesbar im (nach heutigem Maßstab) psychologischen Sinn ist immer nur die abgrenzbare Pathologie! Nur sie beugt sich einem nachvollziehbaren Mechanismus. Dennoch (sic!) ist der wahre Andere, der wirkliche Mensch der er ist, dasselbe Geheimnis geblieben, das nur verschütteter, verborgener bleibt, auch im Affiziertwerden durch das allem unterliegende, wirklich wirkliche Geschehen, und durch die Pathologie verdrängt wird. Aber das ändert nichts am Geschehen weil am Ort, an dem jemand steht.



*101019*