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Donnerstag, 25. März 2010

Nun wissen wir es

Das Bombardement von Dresden, in der Nacht vom 25. auf 26. Februar 1945, hatte zwischen 18.000 und 25.000 Tote zur Folge gehabt. So verbreitet es der MDR - Mitteldeutsche Rundfunk.

In den Tagen vom 13. bis 15. Februar 1945 waren auf Dresden mehrere Angriffswellen geflogen worden. Dabei wurde ein Großteil der Stadt zerstört, vor allem die historische Altstadt lag in Schutt und Asche. Britische Bomber hatten 2.660 Tonnen Spreng- und Brandbomben abgeworfen. Amerikanische Flieger klinkten tagsüber weitere 711 Tonnen Bomben aus. Am 15. Februar folgte eine letzte Angriffswelle von amerikanischen Bombern. Sie warfen 463 Tonnen Sprengbomben ab.

Eine Gruppe von Historikern hatte sich seit 2004 durch den ungeheuren Berg von historischem Material gearbeitet, mit Betroffen, Hinterbliebenen, Überlebenden gesprochen, Photos gesichtet, Berichte aus Krankenhäusern und Friedhöfen ausgewertet, ... 800 Archive wurden durchforstet, 60.000 Einzelnachweise über Opfer wurden erbracht, Opferlisten abgeglichen.

Größere Opferzahlen sind auf mehrere Ursachen zurückzuführen - beginnend von der Propaganda des Dritten Reichs, das unmittelbar nach den Angriffen von 200.000 Toten sprach, bis zu bloßen Spekulationen in irgendjemandes Interesse, das bis zu einer Million Opfer gesehen haben wollte. Etwa drei Prozent der Toten waren Flüchtlinge - eines der häufigsten Argumente für eine so hohe Opferzahl war ja, daß Dresden von Flüchtlingen aus dem (ehemaligen) Deutschen Osten, aus Preußen und Schlesien, überfüllt gewesen sei. Selbst so makaber wirken könnende Überlegungen wurden angestellt, wie: ob die Temperaturen in den Dresdner Kellern so hoch gewesen seien (Dresden ist in einem unfaßbaren Feuersturm untergegangen) daß Tote zu Staub zerfallen seien. Nein. Zwar sei in den Kellern - die seit 1993, also bis heute, von Archäologen und händisch ausgegraben werden - die Atmosphäre absolut tödlich gewesen, aber die Temperaturen hätten etwa 800 Grad betragen. Der menschliche Körper aber zerfällt erst bei 1.200 Grad Celsius. (Hier der Audio-Beitrag)

Das Gremium untersuchte zunächst, welche Angaben in deutschen und ausländischen Archiven überliefert sind. Dann begannen die Historiker, die Zahl der Luftkriegstoten vollständig neu zu bestimmen. Die ermittelte Zahl prüften sie anschließend in verschiedenen Untersuchungen auf ihre Plausibilität. Der Expertenkommission zufolge kamen bei den Luftangriffen Menschen aus fast 20 Nationen ums Leben. Unter den Opfern seien auch Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene gewesen, erklärte die Kommission. Der Anteil von Flüchtlingen sei entgegen einiger Spekulationen jedoch gering gewesen. Dass Todesopfer nicht geborgen worden seien, habe sich nicht bestätigt.

Keine Angaben sind zu finden, wieviele zusätzliche Verletzte dieser bis dahin furchtbarste Vernichtungsangriff durch Bomben zurückließ. Wer sich noch eingehender informieren möchte, kann das über die Homepage der Stadt Dresden.

Die Schrecklichkeit der Ereignisse, eine der Spitzen dieser wahrhaft apokalyptischen Katastrophen, die über deutsche Städte in den letzte Kriegsjahren kam und die sich so fatal auf die gesamte Kultur, auf die Traditionen des Landes auswirkte, Auswuchs menschlichen Wahns wahrscheinlich wirklich nie (auch bei aller kulturell-technischen Relativität) gesehener Dimension und Totalität, wird ahnbar, wenn Sie auch das kurze Statement des deutschen Publizisten Jörg Friedrich anhören: es war ein Wille, sich zu vernichten. Allseits. Nicht nur in Dresden, wo in diesen Tagen und Nächten so hohe Temperaturen entstanden, daß sich sogar (siehe Bild) die Straßenbahnschienen aufbogen.

Keine Stimme aber, so Friedrich, die da Einhalt gebot: Nein, auch wenn uns Unrecht geschah, WIR tun nicht desgleichen. Stattdessen, selbst nach diesem Inferno, der Ruf nach noch mehr Totalität, danach, auch den Feind in diese Hölle mitzureißen, die alle vorherigen Bombardements der Deutschen nicht zu schaffen vermochte ... aber nur, weil dazu die militärische Kraft und Technik fehlte.

So wie beiden Seiten längst jedes Maß, jeder Wille zur Humanität fehlte. Das ausgelöst, das verwirklicht zu haben, ist wohl die wirkliche Katastrophe Europas gewesen, das wirkliche Ende des Abendlandes.



Den Bombenkrieg als Verbrechen zu sehen, auf beiden Seiten, das freilich ist keineswegs Revanchismus, oder rechtslastige Subjektivität - damit müssen auch die Briten und die Amerikaner leben. Und diese Ansicht wurde und wird auch von vielen Stimmen der ehemaligen Feinde vertreten. U. a. von Bruce Marshall, der schottische Schriftsteller, dessen literarische Welterfolge immer wieder auf dieses Unrecht hinweisen, und dahingehend empfohlen werden können, weil Marshall eine sehr ausgewogene humane Haltung zugeschrieben werden muß.

Es ist gut, daß hier nun Gewißheit geschaffen wurde.




*250310*