Zumindest der Gedanke ist interessant - ob er historisch in diesem Zusammenhang ganz exakt so gewesen ist, mag man bezweifeln, J. J. Bachofen verhält sich zuweilen eher frei Chroniktafeln gegenüber. Aber das spielt auch keine Rolle, wenn der Grundgedanke hält. Und an dem scheint manches Brauchbare, Erhellende.
Bachofen sieht das Fortschreiten zum Patriarchat (freilich schon in dieser zeitlichen Abfolge, generell als Menschheits- und damit anthropologisch verankertes Schicksal, mag man Suppenhaare finden) nicht nur als sittliche Höherentwicklung, sondern er meint zuvor zwei Stufen zu ersehen: die Gynaikokratie der Einehe, als unmittelbare Stufe VOR dem Patriarchat, und davor liegend - die Hetärokratie (Wortschöpfung von mir).
Jene Phase also, wo - "in Analogie zum Sumpfe, aus dem ungeformt das Leben sich erhebt" (Bachofen) - jede Frau, jedes Mädchen sehr promiskur mit ihren körperlichen Freuungen umging. Daß es solche Phasen gab, zumal in Italien, zumal in Kleinasien (unter anderem in Lykien), scheint ziemlich unwiderlegbar, auch andere (zum Beispiel B. Franz Altheim in seinen Studien zur Frühzeit Roms) beziehen sich darauf. Die Altrömer selbst - als Abspaltung der Etrusker - erhoben sich ja genau daraus (übrigens: auch aus den Sümpfen ...), und sie taten es im formal (nicht praktisch!) strengsten Patriarchat (als Prinzip der Gestalt), das historisch belegbar ist.
Bachofen aber, und darauf soll das hier hinaus, erzählt noch etwas anderes: er deutet die fast immer und fast überall in der Menschheitsgeschichte per Gesetz sehr streng gehandhabte Sitte der Mitgift als Vorbedingung der Überwindung der Hetärenphase, ja darin liegt ihre Begründung bis heute.
Denn erst die Mitgift erhob das Mädchen (die Frau) zur Unabhängigkeit vom Liebesdienst, der ja selbst als Tempeldienst dotiert war. Sogar das Erbrecht für Vermögen in der Gynaikokratie, die ja (bei den kleinasiatischen Türken übrigens bis heute) über die Frau läuft, könnte, so Bachofen, darin ihren Sinn finden: als Hebung der inneren Reinheit und Würde (Zitat: Bachofen) der Frau. Bachofen geht sogar soweit, die Mitgift als Beweis dieser gynaikokratisch-hetärischen Form zu werten.
Erst in dieser Stufe und Kulturtat auch, werden Kinder von apatores (Vaterlosen) oder polypatores (von vielen Vätern) oder gar spurii (Gesäten) - zu Kennern ihres Vaters, erst hier beginnt die Ehelichkeit der Geburt eine Rolle zu spielen.
In der Mitgift aber, und das dürfen wir festhalten, wird tatsächlich jeder hetärische Gedanke aus der Ehe verbannt.
Die Morgengabe, in Österreich erst 2008 als "totes Recht" (man beachte in diesem Zusammenhang die Aussage dieses Schritts!) abgeschafft, sollte ja genau demselben Zweck dienen: jeden Anflug von Prostitution aus der Ehe durch einen Beitrag zur wirtschaftlichen Unabhängigkeit der Frau zu verbannen). Sie dient somit der Würdigung der Frau, von der Hetäre zur Partnerin. Bleibt sie aus, wird die Frau in eine schlechtere Stellung dem Manne gegenüber im Rahmen der Erwerbsgemeinschaft Ehe entlassen.
*040310*