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Sonntag, 14. März 2010

Zeit - Das Hintereinander, nicht das Zugleich

"Wie kannst du nur, verführte Seele, deinem Fleische folgen? Kehre um, so wird es dir folgen.
Was du fleischlich wahrnimmst, ist Stückwerk. Das Ganze bleibt dir verborgen, an dessen Teilen, die du allein vor Augen hast, du dich gleichwohl erfreust. Aber auch wenn deines Fleisches Sinn imstande wäre, das Ganze zu erfassen, wenn er nicht selbst dir zur Strafe in einem Teil des Universums die ihm zukommende beschränkte Rolle spielen müßte, würdest du wollen daß das heute Gegenwärtige vorüberginge und du am All um so größere Freude habest. 

Auch die Worte, die man spricht, vernimmst du ja mit demselben Fleischessinn und willst nicht, daß die Silben stehen bleiben, sondern dahin eilen und anderem Platz machen, damit du das Ganze vernehmest. 
So ist's immer mit allen Teilen, daraus ein Ganzes besteht. Die Teile, aus denen es besteht, können nicht alle zugleich sein. Alle zusammen, wenn man sie in ihrer Gesamtheit wahrnehmen kann, erfreuen mehr als die einzelnen. 
Aber hoch über ihnen steht, der sie alle gemacht hat, er selbst, unser Gott, der nicht entweicht, weil nichts an seine Stelle treten kann. 

Denn er schuf nicht und ging davon, sondern aus ihm und in ihm ist alles."

Augustinus, "Confessiones", 4. Buch

Erst in der Poesie ist das Universum wieder ganz - in der Kunst. Weshalb der erste Dienst des Priesters der der künstlerischen Darstellung ist. Weshalb die Liturgie das größte aller Kunstwerke, heilig selbst ist. Die Gotteserfahrung und -erkenntnis geht von der Darstellung aus, sie ist der originäre Weg Gottes sich mitzuteilen. Religiosität beginnt im Kult.

"Der Schauspieler ist wie ein Brillant - immer derselbe, aber je nachdem, von wo das Licht einfällt, leuchtet er jeweils anders auf." Und man könnte zu Günther Maria Halme hinzufügen: es liegt nur noch am Schliff.



*140310*