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Montag, 15. März 2010

Weß Brot ich eß, deß Lied ich sing

Der Eigenbericht von pressetext.at über einen Media-Workshop macht erneut deutlich, was längst als Konsument an den Medien auffällt, als der man sich an den Verlust des Objektivitätsanspruchs von Nachrichten besser rasch gewöhnen sollte, um nicht noch deutlicher der Wunschinformation von Wirtschaft und Politik ausgeliefert zu sein. Es gibt Schätzungen, denen gemäß kaum noch dreißig Prozent der aktuellen Presseberichte und -artikel von herkömmlichen Journalisten (samt ethischem Anspruch) stammen. Agenturen und Werbefachleute ("Kommunikationsexperten") übernehmen damit aber nicht einfach nur Textproduktion. Sondern sie bestimmen in klaren Strategien die Inhalte der öffentlichen Diskussionen - und beherrschen damit den zentralen Punkt individueller Meinungsbildung: die Fragestellungen.

Zur Erinnerung: über die auflagengebundene Presseförderung wäre in Österreich eher wenig politischer Einfluß gegeben. Nachdem aber diese Presseförderung seit Jahren eher reduziert wird, werden die Medien zunehmend von den Werbegeldern der Parteien, jeweiligen öffentlichen Körperschaften, und öffentlichen Betrieben (also wieder: Parteien) lenkbar, weil existentiell abhängig.

Eine Entwicklung, die längst weit fortgeschritten ist, und die Relevanz der "öffentlichen Diskussion" via Medien was die wirklichen Themen des Lebens sind längst aufgelöst, die Mediendiskussion zu einer Parallelwelt gemacht hat. Stichwort: Die veröffentlichte Meinung ist immer weniger die öffentliche, sondern die von Politik, Interessensgruppen und Wirtschaft gesteuerte Meinung! Ob das nun eine Diskussion über "Andy Ivanschitz als Teamkapitän" ist, welche Kampagne dessen Manager mit einer Tageszeitung ausschnapst, oder die zufällige Häufung von Berichten über die Studien über "zunehmende Gewalt an Frauen in Österreich" mit anschließendem "Thema" im ORF, drei Wochen vor den Abgaben von Subventionsansuchen entsprechender "Frauenhilfseinrichtungen", deren Argumentation und also dann permanente Öffentlichkeitsarbeit sich zufällig mit der politischen Linie einer Partei deckt.

Die einen zahlen dann mit Geld, mit Werbung, die anderen mit "content", mit Inhalten, mit Geschichten und Themen, in denen sie Welt vorwerfen. Und die Zeitung ist von beidem abhängig, berichtet nicht mehr von Geschehenem, sondern läßt (virtuell initiiert) geschehen, wovon sich berichten läßt.

pressetext.at schreibt (Art. gekürzt; man beachte vor allem die originellen originalen Wortschöpfungen!, Anm.):

Unternehmen und Organisationen werden immer mehr zu Medienproduzenten in eigener Sache, klassische Medien sind immer mehr auf "gute Vorarbeit" der PR-Abteilungen angewiesen. Die digitale Revolution verstärkt den bereits erkennbaren Trend, dass Kommunikatoren in Unternehmen und Organisationen (und nicht mehr Journalisten in Medien) die Tagesagenda bestimmen. Die zunehmende Entkoppelung der Werbebudgets von klassischen Medien und die Abwanderung ganzer Kampagnen ins Internet vergrößern nur noch die Abhängigkeit klassischer Medien.

Printmedien in den USA und Europa haben allein in den vergangenen zwei Jahren fünfundzwanzig Prozent ihrer Umsätze (an die neuen Medien, Anm.) eingebüßt. Das hat zu Massenentlassungen von Journalisten und zur Einstellung vieler Titel geführt. Diese Ressourcen werden den Medien künftig sehr fehlen. Auch die Werbewirtschaft musste schwere Einbrüche hinnehmen. Fehlende Budgets zwingen Agenturen und Medien heute weltweit zu einer Neuorganisation, klassische Kampagnen sind ein "Auslaufmodell", erläutert Seywald.

Web- und Mobile-Media-Spezialisten werden die Werbespendings abschöpfen und "konvergente" Kampagnen die Kommunikation bestimmen. Für die nächste Generation sei der Medienkonsum via Handy & PC spannender als in TV und Printmedien.


Die zunehmende Ressourcenknappheit der klassischen Medien und das Fortschreiten der digitalen Revolution mit Social Media & Co hat auch Konsequenzen für die Unternehmenskommunikation. Das neue Selbstverständnis geht davon aus, dass künftig Unternehmen die Nachrichten bestimmen werden, nicht mehr die Medien, und dass der Inhalt den Medienkanal bestimmen wird, nicht mehr der Absender. Zwangsläufig müssen sich daher auch die Kommunikationsabteilungen der Unternehmen neu aufstellen, und noch aktiver als bisher ins Geschehen eingreifen




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