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Samstag, 21. März 2015

Differenzierungen der Meinungsfreiheit

Jede, egal welche Meinung bilden und äußern zu können ist ein absolutes Recht des Menschen, schreibt Simone Weil einmal, das sich aus der Notwendigkeit der Vernunft, Vernünftigkeit und Vernunftbildung ergibt. Dieser Raum muß von einem Staat sogar geschützt, ja er sollte direkt eingerichtet werden und öffentlich dafür bekannt sein, daß er ein reiner Experimentierraum, Untersuchungsraum von Ideen ist, also keinerlei Verbindlichkeit oder Endgültigkeit enthält. Als neurtraler Raum gewissermaßen, in dem es jedem möglich ist, seine Meinung zu äußern, ohne daß er Konsequenzen zu befürchten hat. Eventuell durch Anonymität. Und jedermann sollte die Möglichkeit haben, ihn in Anspruch zu nehmen. Der Staat kann nicht nur nicht ignorieren, was seine Bürger denken, sondern er muß es beachten (aber sicher nicht einfach ihm folgen.) Solange sich diese Äußerung auf einen Menschen alleine bezieht, muß sie völlig frei sein können, denn sie ist ein absolutes Bedürfnis des Verstands.

Keineswegs ist es dabei zulässig, Meinungs- und Vereinigungsfreiheit in eins zu setzen. Vereinigungsfreiheit ist außer im Fall natürlicher Zusammenschlüsse (Familie etc.) ein Notbehelf des praktischen Lebens, aber kein Elementarbedürfnis des Menschen.*

Davon aber ist jener Moment zu unterscheiden, in dem eine solche Meinung quasi frei veröffentlicht wird. Denn hier betritt die Meinung bereits ein neues Stadium, das des Handelns in und für die Öffentlichkeit. Es muß damit dem Gedanken des Gemeinwohls unterworfen, darf nicht einfach den Gesetzen von Angebot und Nachfrage etwa, der Cleverness, oder dem Machtstrebungen von Interessensgruppen und Parteien ausgeliefert werden. 

Als Beeinflussung der öffentlichen Meinung sind Veröffentlichungen Beeinflussungen der Lebensführung. Sie müssen deshalb denselben Beschränkungen unterliegen wie die Lebensführung selbst. Sie dürfen kein menschliches Wesen vor dem Gesetz benachteiligen, vor allem dürfen sie nie irgendwelche explizite oder implizite Ablehnung der ewigen Pflichten dem Menschen gegenüber enthalten, wie sie das Gesetz feierlich anerkennt, ja worauf Recht und Gesetz gründet.

Wer also - und damit sind Zeitungen und Presseprodukte gleichfalls gemeint - den Anspruch erhebt, die öffentliche Meinung zu beeinflussen, muß sich diesen Beschränkungen unterwerfen. Nur jene, die diese Funktion nicht wollen, können totale Freiheit beanspruchen.



*Die tief spirituelle Simone Weil, deren Einsichten nicht wenige als mystisch unterlegt betrachten, auch wenn sie freilich nie der Katholischen Kirche beigetreten ist - nicht mangels Zustimmung, sondern aus anderen Gründen - tritt, wie an dieser Stelle bereits auseinandergesetzt, für ein Verbot von Parteien ein. Weil diese immer den Staat weil seine Einheit und damit ein Volk zersetzen, die Menschen sich selbst entfremden, instrumentalisieren und entwurzeln, und damit dem Heil direkt entgegenwirken.




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