Teil 2) Kämpfen, ja, gewiß - aber vor allem: Selber richtig leben!
Glauben Sie auch, ähnliches würde einsetzen, wenn man die Tötung und den assistierten Suizid legalisiert?
Ja.
Ja.
Viele
Menschen bevorzugen die Feuerbestattung wegen der andererseits hohen
Kosten und aus Rücksicht auf ihre Angehörigen, die für diese Kosten
aufkommen müssen. Übertragen auf die Debatte um die Sterbehilfe: Wird
der Mensch sich für ein Weiterleben rechtfertigen müssen?
Dieses Argument spielt eine große Rolle und ist bereits heute Realität. Man muss dem Patienten zusichern können: Du bist nicht schuld, dass deine Angehörigen so viel zahlen müssen. Das kann man aber nur sagen, wenn es keinen anderen Ausweg für die Angehörigen gibt. Dass es strafbar wäre, würde einen solchen falschen Ausweg unmöglich machen, denn so kann der Sterbewillige das nicht verlangen. Man muss dabei den großen Unterscheid zwischen Selbsttötung und Beihilfe heranziehen, der darin besteht, dass Selbsttötung den Gesetzgeber nicht zu interessieren braucht. Es gibt Länder, in denen der versuchte Selbstmord strafbar ist. Das halte ich für falsch. Der Mensch kann aussteigen. Ob das sittlich gerechtfertigt ist, ist eine andere Frage. Als Christ würde man es als nicht erlaubt ansehen. Aber der weltliche Gesetzgeber kann sich darauf berufen, er habe über den Todeswilligen, der ja aus dem ganzen Gesellschaftssystem aussteigen will, keine Gerichtsvollmacht. In dem Augenblick allerdings, in dem zwei Personen betroffen sind, greift das Gesetz. Und es muss greifen. Was ein Mensch mit einem anderen tut, unterliegt der Gesetzgebung. Deshalb darf man nicht folgern, da der Selbstmord nicht verboten ist, muss auch die Beihilfe erlaubt sein. Außerdem macht man einen großen Fehler, wenn man sagt, die Selbsttötung sei erlaubt. Sie ist weder erlaubt noch nicht erlaubt. Da hat der Staat nichts zu befehlen, nichts zu verbieten. Wenn das Gesetz im Falle des assistierten Suizids nicht greifen würde, steigt der Druck, die Selbsttötung zu verlangen. Bis hin zu dem Umgekehrten, dass Menschen in Ländern, in denen der assistierte Suizid legal ist, ohne ihre Zustimmung getötet werden. Aus Angst kommen Menschen nach Deutschland, weil sie sich hier sicherer fühlen.
Dieses Argument spielt eine große Rolle und ist bereits heute Realität. Man muss dem Patienten zusichern können: Du bist nicht schuld, dass deine Angehörigen so viel zahlen müssen. Das kann man aber nur sagen, wenn es keinen anderen Ausweg für die Angehörigen gibt. Dass es strafbar wäre, würde einen solchen falschen Ausweg unmöglich machen, denn so kann der Sterbewillige das nicht verlangen. Man muss dabei den großen Unterscheid zwischen Selbsttötung und Beihilfe heranziehen, der darin besteht, dass Selbsttötung den Gesetzgeber nicht zu interessieren braucht. Es gibt Länder, in denen der versuchte Selbstmord strafbar ist. Das halte ich für falsch. Der Mensch kann aussteigen. Ob das sittlich gerechtfertigt ist, ist eine andere Frage. Als Christ würde man es als nicht erlaubt ansehen. Aber der weltliche Gesetzgeber kann sich darauf berufen, er habe über den Todeswilligen, der ja aus dem ganzen Gesellschaftssystem aussteigen will, keine Gerichtsvollmacht. In dem Augenblick allerdings, in dem zwei Personen betroffen sind, greift das Gesetz. Und es muss greifen. Was ein Mensch mit einem anderen tut, unterliegt der Gesetzgebung. Deshalb darf man nicht folgern, da der Selbstmord nicht verboten ist, muss auch die Beihilfe erlaubt sein. Außerdem macht man einen großen Fehler, wenn man sagt, die Selbsttötung sei erlaubt. Sie ist weder erlaubt noch nicht erlaubt. Da hat der Staat nichts zu befehlen, nichts zu verbieten. Wenn das Gesetz im Falle des assistierten Suizids nicht greifen würde, steigt der Druck, die Selbsttötung zu verlangen. Bis hin zu dem Umgekehrten, dass Menschen in Ländern, in denen der assistierte Suizid legal ist, ohne ihre Zustimmung getötet werden. Aus Angst kommen Menschen nach Deutschland, weil sie sich hier sicherer fühlen.
Sie haben bereits die Bedeutung des Arztes angesprochen. Würde sich das Ethos des Arztes verändern, wenn er zum Töten berechtigt oder verpflichtet wird?
Unbedingt. Es ist ein Ruin des ärztlichen Ethos. Das ärztliche Ethos ist bestimmt durch den Imperativ zu heilen, Leiden zu beseitigen oder zu mildern. Aber nicht dadurch, dass man den Leidenden abschafft. Da endet die Aufgabe des Arztes. Der Kranke muss das Gefühl haben, ich kann niemanden dazu bewegen, mich zu töten. Und das tröstet. Für die Autorität des Arztes ist es katastrophal im Augenblick, da der Patient das Gefühl hat: Jetzt ist er noch so nett, morgen bringt er mich um. Dann wird der Arzt ein Macher, der über Tod und Leben entscheidet. Das ist furchtbar. Dazu zählt ebenso, dass man niemanden aus seinem Leben befreien wollen kann, denn befreien setzt einen Zustand voraus, den der Befreiende anstrebt. Das Paradoxe ist, dass die einzige Handlung im Leben, die vollkommen autonom ist, der Selbstmord ist. Tot zu sein ist aber kein Zustand, den ich anstreben kann, denn damit beseitige ich mich als Freiheitssubjekt.
Der
Mensch braucht Vertrauen. Viele geben trotz anhaltender Schmerzen den
Wunsch auf, zu sterben, wenn sie Liebe, Zuwendung und Unterstützung von
anderen Menschen erfahren. Wie ist mit dieser Erfahrung angemessen
umzugehen? Gibt es auch einen wirklichen Wunsch, zu sterben, der nicht
durch Vertrauen und Liebe beseitigt werden kann?
Den
Wunsch, zu sterben, hat mancher, der schwer krank ist. Aber das ist
etwas völlig anderes, als der Wunsch getötet zu werden. Die Bitte
richtet man allenfalls an Gott: Ruf mich! Angenommen, ein mir
nahestehender Mensch würde mir die Bitte vortragen, ihm beim Sterben zu
helfen, ihn umzubringen, dann müsste ich antworten: Du kannst nicht
verlangen, dass ich von dir sage, es soll dich nicht mehr geben. Das
geht über das hinaus, was ein Mensch tun und sagen darf. Dieser Mensch
könnte alles verlangen, aber er kann nicht verlangen, dass ich möchte,
dass er verschwindet. Und wenn er fragen würde, ob ich ihn zu einer
Sterbehilfeorganisation in die Schweiz begleite, würde ich versuchen,
ihm das auszureden. Ich würde ihm nicht helfen, aber ich würde ihn
dennoch begleiten und bei ihm bleiben. Aber er muss wissen, ich halte
das, was er tut, für ganz grundlegend falsch. Er soll es sich bis zum
Schluss überlegen. Das ist Solidarität auch mit dem Sünder. Egal was er
tut, ich bleibe bei ihm. Aber man kann keine Barmherzigkeit üben, indem
man die Sünde begünstigt. Den Sünder lieben und die Sünde hassen,
schreibt der heilige Augustinus.
Sterben
und Tod sind Tabuthemen in unserer Gesellschaft. Warum schiebt der
Mensch Tod, Leid und Schmerz aus seinem Sichtfeld? Geschieht dies aus
Angst? Aus Unbequemlichkeit?
Es
ist unangenehm. Dahinter steckt die Vorstellung, es gäbe keine
Wahrheit, nur Lust und Unlust. Wenn es nicht so etwas wie eine Wahrheit
gibt über den Menschen, demgemäß diese Wahrheit ihren festen Punkt in
Gott hat, wird daraus geschlossen, alles sei erlaubt.
Ist es möglich, eine Kultur des Sterbens wieder in die Gesellschaft zu integrieren?
Nur
in Grenzen. Direkt gesellschaftspolitisch wirken kann man
verhältnismäßig wenig, aber man sollte es tun. Angesichts dessen, was
heute passiert, auch in der Genderdebatte, muss man kämpfen. Aber es
gibt viele Dinge, große Trends, die man schwer beeinflussen kann. Das
einzige, was man tun kann, ist es, zu versuchen, selber richtig zu
leben, und das in einem Kreis von Menschen, die auch versuchen, richtig
zu leben und eine große Anziehungskraft über andere ausüben können. Es
muss in einem Meer Inseln des richtigen Lebens geben.
Was könnten solche Inseln sein? Einzelne Menschen, die Kirche?
Vor allem die Kirche ist die große Insel. Aber solche Inseln sind überall, wo es Menschen gibt, die so leben, als wenn Gott existierte. Dann hat man getan, was man kann. Die Kirche muss nicht zu viel Zeit verschwenden, Überlegungen anzustellen, wie wir den modernen Menschen erreichen können. Gut, das ist eine Frage, die man natürlich auch stellen muss. Aber die entscheidende Frage ist vielmehr: Was müssen wir tun, um in unserer widergöttlichen Zeit nach Gottes Willen zu leben? Wie sieht ein solches Leben aus?
Vor allem die Kirche ist die große Insel. Aber solche Inseln sind überall, wo es Menschen gibt, die so leben, als wenn Gott existierte. Dann hat man getan, was man kann. Die Kirche muss nicht zu viel Zeit verschwenden, Überlegungen anzustellen, wie wir den modernen Menschen erreichen können. Gut, das ist eine Frage, die man natürlich auch stellen muss. Aber die entscheidende Frage ist vielmehr: Was müssen wir tun, um in unserer widergöttlichen Zeit nach Gottes Willen zu leben? Wie sieht ein solches Leben aus?
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