Teil 2) Wie sich die Mainstream-Physik die materielle Welt vorstellt
David
Tong, ein theoretischer Physiker aus Cambridge, erklärt es in diesem
Vortrag (das Video ist mit deutschen Untertiteln versehen, der Leser
kann ihm also leicht folgen, wenn es in drei Tagen gebracht wird) mit einem einfachen Bild: Man kann sich das
Universum als eine Art "Flüssigkeit" vorstellen. Diese Flüssigkeit
besteht aus "komischen und interessanten Kräuselungen und
Schaukelungen", die sich auch ändern. Diese Kräuselungen und
Schaukelungen sind es, die die Physik "Felder" nennt. Diese Felder sind
zwar unsichtbar, aber sie haben Eigenschaften, die als
elektromagnetische Eigenschaften definiert werden und beobachtbar
(meßbar) sind. Und sie teilen sich noch einmal in Teile, die sich
zueinander verhalten: In Up-Quarks und Down-Quarks.
Diese
Vorstellung geht zurück auf den Physiker Faraday, und es ist eine der
revolutionärsten Vorstellungen in der Geschichte der Wissenschaft. Die
sich von jedem nachvollziehen läßt. Man nehme zwei Magnete und bewege
sie aufeinander zu. Jeder kann feststellen, daß sich eine geheimnisvolle,
aber unsichtbare Kraft aufbaut, je näher die beiden Magnete einander
kommen. Faraday ging sogar so weit, daß er bereits 1846, ein halbes
Jahrhundert bevor dies von der Physik (Hertz etc.) bestätigt werden
konnte, die These aufstellte, daß nicht nur das gesamte Universum aus
solchen unsichtbaren Feldern besteht, sondern daß auch das Licht ein
solches elektromagnetisches Geschehen ist, nämlich als Welle darin. Und
deshalb ist das Licht für uns sichtbar.
Was
Faraday aber nicht wußte war, daß sich diese Idee als weit bedeutender
herausstellen würde, als er ahnte. Denn bereits in den 1920er Jahren
(mit Namen wie Heisenberg und Schrödinger) stellte sich heraus, daß die
Welt ganz anders konstituiert ist, als die einfachen Verstandesbilder
Newtons behaupteten, deren sich der "allgemeine Menschenverstand"
bediente. Die innersten Geschehen dessen, was wir als Materie
bezeichnen, sind wesentlich komplexer, geheimnisvoller und
widersprüchlicher, als Newton meinte.
Dies nennt man schließlich Quantenmechanik. Die einige Grundaussagen hat. Wie die, daß Energie nicht kontinuierlich ist. Sie ist immer in bestimmte "Pakete", "Klümpchen" gepackt. Quantum heißt ja "einzelnes Stückchen". Nun kombiniere man aber diese Tatsache mit der Idee Faradays, der davon ausging, daß diese Felder kontinuierlich das Universum schwingend und oszillierend durchziehen. Das meint man mit dem Begriff der Quantenfeldtheorie.
Wenn
man Lichtwellen betrachtet, stellt sich heraus, daß diese keineswegs
glatt und kontinuierlich verlaufen. Licht besteht selbst wieder aus
Partikeln, aus kleinen Teilchen, die man Photonen nennt. Diese
Eigenschaft des Lichts findet man aber sogar als Grundeigenschaft jedes
Partikels im gesamten Universum. Es gibt also in jedem Raum etwas, das
sich allgemein ausbreitet, und das man Elektronfeld nennt. Das man sich
tatsächlich wie eine Flüssigkeit vorstellen kann, die den gesamten Raum,
ja das gesamte Universum ausfüllt.
Die
Kräuselungen der Wellen dieses Elektronfeldes werden in kleine
Energiequanten gebündelt, die man als Teilchen (Elektron) bezeichnet. Alle Elektronen, die wir etwa in unserem Körper haben, unterliegen aber
ein und demselben zugrundeliegenden Feld. Insofern sind wir alle
miteinander verbunden, etwa wie Wellen auf ein und demselben Ozean.
Unsere Körper sind also vorstellbar als Kräuselungen auf ein und
demselben Ozean. Diese Teilchen bestehen selber wieder aus den Quarks (siehe oben). Das Universum besteht also nicht aus Teilen, sondern ist insgesamt
ein Feld, das sich in kleine Pakete aus Energie teilt, die Teilchen. Die
Welt besteht also nicht aus Teilchen, sondern aus Feldern.
Wie kann man sich das vorstellen? Tong regt ein Beispiel an: Man stelle sich eine Schachtel vor, aus der man alles herausnimmt, was darinnen ist. Alle Atome, alle Teile. Zurück bleibt pures Vakuum. Dieses Vakuum ist aber ein permanentes Wabern von Energiezuständen (Minute 22' im Video zeigt eine Simulation davon), die sich zueinander verhalten, miteinander interagieren, agieren wie aufeinander reagieren. Die Felder bleiben also bestehen, auch wenn keine Teile mehr da sind. Und sie verhalten sich nach den Gesetzen der Quantenmechanik. Wie etwa dem Satz der Unbestimmtheitsrelation von Heisenberg, die besagt, daß es keinem Feld möglich bzw. gestattet ist, "still" zu bleiben. Selbst wenn also keine Teilchen mehr da sind, blubbert und bewegt sich das Vakuum auf komplizierte Weise. Man nennt das, was im "leeren Raum" geschieht, nach den derzeitigen Quantentheorien Vakuum-Quantenfluktuationen.
Das
klingt soweit noch einfach. Wendet man sich aber dem Wesen eines
Teilchens zu, die alle irgendetwas machen, wird es wesentlich
komplizierter. Deshalb ist die Mathematik, die das beschreiben soll,
auch die komplizierteste Mathematik fast der gesamten Wissenschaften.
Dennoch ist das Problem, wie diese Quantenfluktuationen entstehen,
eines der ungelösten Probleme der Mathematik. Diese Quantenfluktuationen
sind also nach wie vor unverstanden.
Nach
dem derzeitigen Verständnis der Quantenfeldtheorien gibt es Aspekte
dieser Quantenfelder, die man sehr gut versteht. Etwas, wenn die
Fluktuationen sehr ruhig und gezähmt sind, nicht wild und kräftig. So
kann man die Drehung (Spin) eines Elektrons (das sich permanent um eine
Achse bewegt) sehr genau bestimmen, und diese Zahl (g) experimentell
überprüfen (weil durch Einfluß von Magnetfeldern verändert und wieder
"zurückschnappen" lassen.) Es gibt in der gesamten Physik nichts, wo
derartig exakt theoretische Berechnungen mit experimentellen Messungen
übereinstimmen.
Aber
die Schwierigkeit beginnt, wenn diese Fluktuationen im Vakuum stärker
und wilder werden.* In vielen Bereichen ist die Physik sogar vor die
Tatsache gestellt, daß sie einfach nicht mehr begreift, was passiert.
Zwar hat man die besten Theorien entwickelt, die die Physik jemals
hatte, aber viele davon sind nicht verstanden. So daß auch niemand weiß,
wie man sie experimentell anwenden könnte.
*Das
ist das Problem, das auf ein ganz anderes Problem hinweise. Wie der VdZ
immer gesagft hat, ist die Naturwissenschaft gegenwärtiger Art nur in
der Lage, sich mit "toten", inaktiven Dingen zu beschkäftigen. Das
Aktive, das Lebende, das im Vollzhug Stehende versteht sie nicht (mehr), das kann der
Rationalismus gar nicht mehr erfassen. Deshalb ist die Physik relativ
gesehen noch die sicherste, härteste, präziseste Naturwissenschaft
geblieben, ja sogar noch mehr geworden, je toter gewissermaßen alles ist, und je toter
sie (im Experiment, in der Meßanordnung) alles machen kann.
Nun ist aber das kleine Problem, daß die Dinge
nur sind, wenn und weil sie aktiv sind (actu), soweit sie also im
Selbstvollzug und damit in pausenloser Wechselwirkung stehen.
Das
heißt nicths anderees, als daß z. B. die anorganische Naturwissenschaft
zwar noch irgendetwas Relevantes finden kann, weil das Aktive des
Anorganischen einfacher, "toter" ist als das des Organischen, des
Lebendigen. Während die Naturwissenschaft heute fast vollständig wertlos
und irrelevant geworden ist, weil sie dort mit rationalistischen
Denkweisen (und die sind gleichermaßen "tote" Wahrheit, also
vergleichbar einem zerfallenen Knochenhaufen bei einem einst lebenden
Tier) gar nicht merh weiterkommt. Sie ist lediglich noch
Anwendungswissenschaft geworden.
Woraus
sind nun diese Quantenfelder gemacht? Es gibt nicht einmal so viele
Arten davon. Man reihe aber einmal auf, was man weiß: Es gibt das
Elektron und die Quarks, die Up-Quarks und Down-Quarks. Aber es ist nicht
wichtig, welche Teilchen es gibt, denn es kommt auf das Feld an, das
ihnen unterlegt ist. Nun gibt es aber noch ein Teilchen, das Neutrino.
Es ist überall im All und spielt zwar keine Rolle bei der Frage, woraus
wir bestehen, aber es spielt eine andere wichtige Rolle. Sie kommen aus
dem All, aber auch von der Erde selbst. Sie gehen durch alle Dinge glatt
durch, ohne mit ihnen wechselzuwirken.
So
dachte man zumindest. Bis man entdeckt hat, daß die Natur aus diesen
vier Teilchen noch jeweils zwei weitere Versionen "kopiert". Die sich
exakt so verhalten wie das Elektron, außer ... daß sie schwerer sind.
Warum das so ist, ist völlig unbekannt. Man kann nur zur Kenntnis nehmen,
daß es diese zwölf Felder gibt, die vier Kräfte haben: Anziehungskraft
(Gravitation), die elektromagnetische Kraft, sowie zwei Kräfte, die nur
innerhalb des Atomkerns wirken, die Starke Kernkraft (die die Quarks
innerhalb der Neutronen und Protonen zusammenhält), und die schwache
Kernkraft, die verantwortlich für den radioaktiven Zerfall ist, oder
auch dafür, daß die Sonne scheint.
Jeder
dieser Kräfte ist mit einem Feld verbunden. Das elektromagnetische Feld
ist mit den Feldern Gluon-Feld und W- und Z-Bosonenfeld verbunden. Das
Feld, das mit der Gravitation verbunden ist, stellte sich (seit
Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie) als Zeit und Raum an sich
heraus. Das ganze Universum besteht also aus diesen zwölf Feldern, von
denen vier Felder als Kräfte die "Materie" erzeugen, während die zwölf Felder
die Materie selbst sind. Die Welt, in der wir leben, ist also eine
Kombination aus diesen sechzehn Feldern, die miteinander auf verschiedene Art
und Weise wechselwirken.
Eines
der Materiefelder beginnt dabei zu schwingen und sich zu kräuseln, also
sagen wir: Ein Elektronenfeld beginnt auf und ab zu schwingen. Damit
stößt es auf andere Felder, sagen wir: Das elektromagnetische Feld,
welches dann ebenso schwingt und kräuselt. Es entsteht Licht, das
abgestrahlt wird. Irgendwann wird es mit anderen Feldern wechselwirken,
sagen wir mit dem Quark-Feld, das danach schwingt und sich kräuselt.
Alle diese Felder führen also eine Art harmonischen Tanz auf, der
zwischen allen Feldern entsteht, die alle ineinander greifen, schwingen,
sich bewegen. Dies ist das Bild das die heutige Physik von den
fundamentalen Vorgängen hat, das "Standardmodell". Von dem Tong
überzeugt ist, daß es die großartigste Theorie ist, die jemals der
Mensch erdacht hat.
Morgen Teil 3) Und doch ist die Welt immer ein wenig größer, vielfältiger
*110119*