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Freitag, 22. Februar 2019

Auf der Suche nach der Weltformel (2)

 Teil 2) Wie sich die Mainstream-Physik die materielle Welt vorstellt



David Tong, ein theoretischer Physiker aus Cambridge, erklärt es in diesem Vortrag (das Video ist mit deutschen Untertiteln versehen, der Leser kann ihm also leicht folgen, wenn es in drei Tagen gebracht wird) mit einem einfachen Bild: Man kann sich das Universum als eine Art "Flüssigkeit" vorstellen. Diese Flüssigkeit besteht aus "komischen und interessanten Kräuselungen und Schaukelungen", die sich auch ändern. Diese Kräuselungen und Schaukelungen sind es, die die Physik "Felder" nennt. Diese Felder sind zwar unsichtbar, aber sie haben Eigenschaften, die als elektromagnetische Eigenschaften definiert werden und beobachtbar (meßbar) sind. Und sie teilen sich noch einmal in Teile, die sich zueinander verhalten: In Up-Quarks und Down-Quarks.

Diese Vorstellung geht zurück auf den Physiker Faraday, und es ist eine der revolutionärsten Vorstellungen in der Geschichte der Wissenschaft. Die sich von jedem nachvollziehen läßt. Man nehme zwei Magnete und bewege sie aufeinander zu. Jeder kann feststellen, daß sich eine geheimnisvolle, aber unsichtbare Kraft aufbaut, je näher die beiden Magnete einander kommen. Faraday ging sogar so weit, daß er bereits 1846, ein halbes Jahrhundert bevor dies von der Physik (Hertz etc.) bestätigt werden konnte, die These aufstellte, daß nicht nur das gesamte Universum aus solchen unsichtbaren Feldern besteht, sondern daß auch das Licht ein solches elektromagnetisches Geschehen ist, nämlich als Welle darin. Und deshalb ist das Licht für uns sichtbar. 

Was Faraday aber nicht wußte war, daß sich diese Idee als weit bedeutender herausstellen würde, als er ahnte. Denn bereits in den 1920er Jahren (mit Namen wie Heisenberg und Schrödinger) stellte sich heraus, daß die Welt ganz anders konstituiert ist, als die einfachen Verstandesbilder Newtons behaupteten, deren sich der "allgemeine Menschenverstand" bediente. Die innersten Geschehen dessen, was wir als Materie bezeichnen, sind wesentlich komplexer, geheimnisvoller und widersprüchlicher, als Newton meinte.

Dies nennt man schließlich Quantenmechanik. Die einige Grundaussagen hat. Wie die, daß Energie nicht kontinuierlich ist. Sie ist immer in bestimmte "Pakete", "Klümpchen" gepackt. Quantum heißt ja "einzelnes Stückchen". Nun kombiniere man aber diese Tatsache mit der Idee Faradays, der davon ausging, daß diese Felder kontinuierlich das Universum schwingend und oszillierend durchziehen. Das meint man mit dem Begriff der Quantenfeldtheorie. 

Wenn man Lichtwellen betrachtet, stellt sich heraus, daß diese keineswegs glatt und kontinuierlich verlaufen. Licht besteht selbst wieder aus Partikeln, aus kleinen Teilchen, die man Photonen nennt. Diese Eigenschaft des Lichts findet man aber sogar als Grundeigenschaft jedes Partikels im gesamten Universum.  Es gibt also in jedem Raum etwas, das sich allgemein ausbreitet, und das man Elektronfeld nennt. Das man sich tatsächlich wie eine Flüssigkeit vorstellen kann, die den gesamten Raum, ja das gesamte Universum ausfüllt. 

Die Kräuselungen der Wellen dieses Elektronfeldes werden in kleine Energiequanten gebündelt, die man als Teilchen (Elektron) bezeichnet.  Alle Elektronen, die wir etwa in unserem Körper haben, unterliegen aber ein und demselben zugrundeliegenden Feld. Insofern sind wir alle miteinander verbunden, etwa wie Wellen auf ein und demselben Ozean. Unsere Körper sind also vorstellbar als Kräuselungen auf ein und demselben Ozean. Diese Teilchen bestehen selber wieder aus den Quarks (siehe oben). Das Universum besteht also nicht aus Teilen, sondern ist insgesamt ein Feld, das sich in kleine Pakete aus Energie teilt, die Teilchen. Die Welt besteht also nicht aus Teilchen, sondern aus Feldern.

Wie kann man sich das vorstellen? Tong regt ein Beispiel an: Man stelle sich eine Schachtel vor, aus der man alles herausnimmt, was darinnen ist. Alle Atome, alle Teile. Zurück bleibt pures Vakuum. Dieses Vakuum ist aber ein permanentes Wabern von Energiezuständen (Minute 22' im Video zeigt eine Simulation davon), die sich zueinander verhalten, miteinander interagieren, agieren wie aufeinander reagieren.  Die Felder bleiben also bestehen, auch wenn keine Teile mehr da sind. Und sie verhalten sich nach den Gesetzen der Quantenmechanik. Wie etwa dem Satz der Unbestimmtheitsrelation von Heisenberg, die besagt, daß es keinem Feld möglich bzw. gestattet ist, "still" zu bleiben. Selbst wenn also keine Teilchen mehr da sind, blubbert und bewegt sich das Vakuum auf komplizierte Weise. Man nennt das, was im "leeren Raum" geschieht, nach den derzeitigen Quantentheorien Vakuum-Quantenfluktuationen. 

Die meßbar sind. Es gibt in ihnen etwas, das man Casimir-Kraft bezeichnet. Die eine Kraft zwischen zwei Metallplatten ist, die zusammengedrückt werden. Es gibt dabei mehr von dieser Kraft außerhalb als innerhalb, sie ist real meßbar und man weiß, daß es sie gibt und man sie kennt, weil sie vorhersagbar ist. 

Das klingt soweit noch einfach. Wendet man sich aber dem Wesen eines Teilchens zu, die alle irgendetwas machen, wird es wesentlich komplizierter.  Deshalb ist die Mathematik, die das beschreiben soll, auch die komplizierteste Mathematik fast der gesamten Wissenschaften. Dennoch ist das Problem, wie diese Quantenfluktuationen entstehen, eines der ungelösten Probleme der Mathematik. Diese Quantenfluktuationen sind also nach wie vor unverstanden. 

Nach dem derzeitigen Verständnis der Quantenfeldtheorien gibt es Aspekte dieser Quantenfelder, die man sehr gut versteht. Etwas, wenn die Fluktuationen sehr ruhig und gezähmt sind, nicht wild und kräftig. So kann man die Drehung (Spin) eines Elektrons (das sich permanent um eine Achse bewegt) sehr genau bestimmen, und diese Zahl (g) experimentell überprüfen (weil durch Einfluß von Magnetfeldern verändert und wieder "zurückschnappen" lassen.) Es gibt in der gesamten Physik nichts, wo derartig exakt theoretische Berechnungen mit experimentellen Messungen übereinstimmen. 

Aber die Schwierigkeit beginnt, wenn diese Fluktuationen im Vakuum stärker und wilder werden.* In vielen Bereichen ist die Physik sogar vor die Tatsache gestellt, daß sie einfach nicht mehr begreift, was passiert. Zwar hat man die besten Theorien entwickelt, die die Physik jemals hatte, aber viele davon sind nicht verstanden. So daß auch niemand weiß, wie man sie experimentell anwenden könnte.

*Das ist das Problem, das auf ein ganz anderes Problem hinweise. Wie der VdZ immer gesagft hat, ist die Naturwissenschaft gegenwärtiger Art nur in der Lage, sich mit "toten", inaktiven Dingen zu beschkäftigen. Das Aktive, das Lebende, das im Vollzhug Stehende versteht sie nicht (mehr), das kann der Rationalismus gar nicht mehr erfassen. Deshalb ist die Physik relativ gesehen noch die sicherste, härteste, präziseste Naturwissenschaft geblieben, ja sogar noch mehr geworden, je toter gewissermaßen alles ist, und je toter sie (im Experiment, in der Meßanordnung) alles machen kann. 

Nun ist aber das kleine Problem, daß die Dinge nur sind, wenn und weil sie aktiv sind (actu), soweit sie also im Selbstvollzug und damit in pausenloser Wechselwirkung stehen. 

Das heißt nicths anderees, als daß z. B. die anorganische Naturwissenschaft zwar noch irgendetwas Relevantes finden kann, weil das Aktive des Anorganischen einfacher, "toter" ist als das des Organischen, des Lebendigen. Während die Naturwissenschaft heute fast vollständig wertlos und irrelevant geworden ist, weil sie dort mit rationalistischen Denkweisen (und die sind gleichermaßen "tote" Wahrheit, also vergleichbar einem zerfallenen Knochenhaufen bei einem einst lebenden Tier) gar nicht merh weiterkommt. Sie ist lediglich noch Anwendungswissenschaft geworden.

Woraus sind nun diese Quantenfelder gemacht? Es gibt nicht einmal so viele Arten davon. Man reihe aber einmal auf, was man weiß: Es gibt das Elektron und die Quarks, die Up-Quarks und Down-Quarks. Aber es ist nicht wichtig, welche Teilchen es gibt, denn es kommt auf das Feld an, das ihnen unterlegt ist. Nun gibt es aber noch ein Teilchen, das Neutrino. Es ist überall im All und spielt zwar keine Rolle bei der Frage, woraus wir bestehen, aber es spielt eine andere wichtige Rolle. Sie kommen aus dem All, aber auch von der Erde selbst. Sie gehen durch alle Dinge glatt durch, ohne mit ihnen wechselzuwirken. 

So dachte man zumindest. Bis man entdeckt hat, daß die Natur aus diesen vier Teilchen noch jeweils zwei weitere Versionen "kopiert". Die sich exakt so verhalten wie das Elektron, außer ... daß sie schwerer sind. Warum das so ist, ist völlig unbekannt. Man kann nur zur Kenntnis nehmen, daß es diese zwölf Felder gibt, die vier Kräfte haben: Anziehungskraft (Gravitation), die elektromagnetische Kraft, sowie zwei Kräfte, die nur innerhalb des Atomkerns wirken, die Starke Kernkraft (die die Quarks innerhalb der Neutronen und Protonen zusammenhält), und die schwache Kernkraft, die verantwortlich für den radioaktiven Zerfall ist, oder auch dafür, daß die Sonne scheint. 

Jeder dieser Kräfte ist mit einem Feld verbunden. Das elektromagnetische Feld ist mit den Feldern Gluon-Feld und W- und Z-Bosonenfeld verbunden. Das Feld, das mit der Gravitation verbunden ist, stellte sich (seit Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie) als Zeit und Raum an sich heraus.  Das ganze Universum besteht also aus diesen zwölf Feldern, von denen vier Felder als Kräfte die "Materie" erzeugen, während die zwölf Felder die Materie selbst sind. Die Welt, in der wir leben, ist also eine Kombination aus diesen sechzehn Feldern, die miteinander auf verschiedene Art und Weise wechselwirken. 

Eines der Materiefelder beginnt dabei zu schwingen und sich zu kräuseln, also sagen wir: Ein Elektronenfeld beginnt auf und ab zu schwingen. Damit stößt es auf andere Felder, sagen wir: Das elektromagnetische Feld, welches dann ebenso schwingt und kräuselt. Es entsteht Licht, das abgestrahlt wird. Irgendwann wird es mit anderen Feldern wechselwirken, sagen wir mit dem Quark-Feld, das danach schwingt und sich kräuselt. Alle diese Felder führen also eine Art harmonischen Tanz auf, der zwischen allen Feldern entsteht, die alle ineinander greifen, schwingen, sich bewegen. Dies ist das Bild das die heutige Physik von den fundamentalen Vorgängen hat, das "Standardmodell". Von dem Tong überzeugt ist, daß es die großartigste Theorie ist, die jemals der Mensch erdacht hat.  


Morgen Teil 3) Und doch ist die Welt immer ein wenig größer, vielfältiger





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