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Samstag, 23. Februar 2019

Der Samstag-Nachmittag-Film

Diesmal soll die Aufmerksamkeit des Lesers auf ein wahres Kleinod der deutschen Filmgeschichte gelenkt werden. Das dem Publikum weit weniger bekannt ist als Kennern der Filmgeschichte. Denn "Unter den Brücken" unter der Regie von Helmut Käutner wurde von Mai bis Oktober 1944 in Berlin und Umgebung gedreht, als es bereits schwierig war, die Bombenschäden in Berlin auszublenden, und wo sich die Rote Armee bereits der Oder näherte. Erst 1946 kam er deshalb in die Kinos, 1945 gab es ja kaum noch funktionsfähige Lichtspieltheater in Berlin.

Aber er zeigt einmal mehr, daß der deutsche Film auch mitten in all den Wirren und ideologischen Bedrückungen des Landes künstlerisch erstaunlich freie Hand hatte. Dafür sorgte Goebbels höchstpersönlich, der sämtliche Filmproduktionen des Deutschen Reiches zur Ufa zusammengezogen und die Filmproduktion zentralisiert hatte. Dennoch hatten Propagandafilme einen nur kleinen Anteil (etwa 15 Prozent) an der bemerkenswerten Produktivkraft des Films. Der deutsche Spielfilm blieb beliebt und qualitativ hochwertig, weil die Künstler große Freiheit genossen. Was 1944 sogar zur erstmaligen Überschreitung der Milliarde bei der Zahl der Kinobesucher im Reich geführt hatte.

"Unter den Brücken" ist ein überaus poetischer, künstlerisch wirklich gelungener Film, zu dem Helmut Käutner auch am Buch mitarbeitete, das sich an einen französischen Roman anlehnt. Der in der Geschichte zweier Männer, Kahnschiffer, Teilhaber an demselben Lastkahn, mit dem sie tief verbunden sind, die dieselbe Frau lieben, eine Privatheit des Lebens, eine Individualität und persönliche Originalität, dabei eine Breite des Lebensspektrums zeigt, die immer gültig bleibt. Und die das eigentliche Wesen der Poesie ausmacht. 

Mag rundum die Welt zusammenstürzen, die Welt der allermeisten Menschen ist davon eigentlich unberührt. Sie dreht sich um Liebe, seelische Konflikte, zwischenmenschliche Spannungen, und alltägliche Lebensbewältigung. Unglaublich fein das Spiel, unglaublich subtil in allen filmerischen Mitteln (man beachte alleine das Licht!) und tollen Einfällen sind die seelischen und zwischenmenschlichen Konflikte auf die Leinwand gebracht. Man kann in manchen Szenen die Figuren denken hören, ohne daß etwas gesprochen wird. Ganz ruhig und unspektakulär das Geschehen, und doch packend bis zum Schluß. Großartig die Proponenten, phantastisch gelungen die Figurenzeichnung, allen voran von Gustav Knuth, Carl Raddatz und Hannelore Schroth.

Besonders interessant übrigens die Behandlung des Erotischen, der Leser möge sich selbst seine Gedanken dazu machen. Sie wird nämlich in ihrer Bedeutung gerade im Zwischenmenschlichen durchaus realistisch gezeigt, und damit auch in ihrer Relevanz nicht geschmälert, aber auch in ihrer Notwendigkeit zur Ordnung deutlich. Entsprechend verändert sie ihre Rolle im Film.








*070119*