Dieses Blog durchsuchen

Samstag, 23. Februar 2019

Auf der Suche nach der Weltformel (3)

Teil 3) Und doch ist die Welt immer ein wenig größer, vielfältiger




Allerdings gibt es ein Problem. Denn es gibt da noch ein Feld, das der schottische Physiker Peter Higgs in den 1960er vorgeschlagen hat. Bis vor kurzem hat man es aber experimentell noch nicht nachweisen können. Was geschieht, indem man dieses Feld zum Kräuseln bringt, um den damit verbundenen Teil zu sehen. Das gelang erstmals aber doch im Jahre 2012.  

Dabei stellte man fest, daß das Higgs-Partikel nicht lange bestehen bleibt. Es überdauert nur ungefähr 10 hoch -22 Sekunden. Man konnte es zwar nicht sehen, aber man konnte aus einer gemessenen Wirkung darauf schließen. Es zu finden war aus zwei Gründen bedeutend: Erstens, weil es für das verantwortlich ist, was wir als "Masse" bezeichnen. Masse und elektrische Felder sind aber die Anzeige dafür, wie Felder mit anderen Feldern interagieren. Elektrische Felder zeigen die Wechselwirkung elektromagnetischer Felder, und die Eigenschaft der Masse ist eine Aussage darüber, wie das mit dem Higgs-Feld interagiert. Erst dadurch kann man verstehen, was Masse überhaupt bedeutet. Und das war wichtig, um zu sehen, daß das Standardmodell stimmt (weil es das Universum erklären kann, Anm.).

Im CERN wurde es 50 Jahre nach seiner theoretischen Aussage nachgewiesen, und es verhielt sich exakt so, wie es vorhergesagt wurde. Damit kann man mit der Formel, die sich aus dem Standardmodell ergibt (und die man zum Teil gar nicht versteht), das Ergebnis jedes einzelnen Experiments vorhersagen, das jemals in der Wissenschaft durchgeführt wurde. Sie besteht in ihren Teilen aus den oben vorgestellten Feldern und Kräften: Gravitation, Elektromagnetismus, Starke Kraft, Schwache Kraft, Materie und Higgs-Boson.

Man kann mit dem ersten Teil der Formel des Standardmodells "Theory of Everything" (Materie) vorhersagen, wie schnell ein Apfel unterwegs ist, der von einem Baum fällt. Oder daß die Umlaufbahn der Planeten um die Sonne ellipsenförmig ist. Oder was passiert, wenn zwei schwarze Löcher im Weltall kollidieren und ein neues schwarzes Loch bilden, das dann Gravitationsstrahlen durch das Universum abstrahlt? Oder wie das gesamte Universum sich ausdehnt?

Mit dem Teil Elektromagnetismus lassen sich sämtliche diesbezügliche Experimente der Geschichte vorhersagen, bis hin zu Laserexperimenten der Gegenwart. Dann kommen die schwache und die starke Kernkraft, dann folgt der Teil, den Dirac beigefügt hat und der die zwölf Teilchen der Materie beschreibt. Dann kommen die Higgs-Formeln, die die Wechselwirkung beschreiben. Diese "Theorie von allem" (Theory of everything) ist die heutige Grenze des physikalischen Wissens. Noch nie wurde ein Experiment durchgeführt, das mit dieser Formel nicht erklärbar wäre. 

Alles? Eben nicht, weil das gilt nur für die Erde. Es gibt aber im Weltall beobachtbare Phänomene, die sich damit nicht erklären lassen. Wo es viel mehr unsichtbare als sichtbare Teilchen gibt. Die als "dunkle Materie" bezeichnet werden, weil wir sie nicht sehen können und sie offensichtlich unsichtbar sind. Aber wir können auf sie rückschließen, weil wir (ihre) Effekte in der Wechselwirkung der Galaxien beobachten. Oder weil sie das Licht um Galaxien beugen.

Dann gibt es das, was man als "dunkle Energie" bezeichnet, die überall im All da sein muß. Es muß sich um ein Feld handeln, das wir aber nicht verstehen.  Es bewirkt, daß sich die Dinge im Weltall gegenseitig abstoßen können.  

Ferner wissen wir (wissen wir? Anm.) daß das Universum schon in den ersten Bruchteilen der ersten Sekunde seiner Entstehung im Urknall (vor 13,8 Milliarden Jahren, sagt Tong) eine rasche Ausdehnungsphase durchlaufen hat, die man "Inflation" nennt. Wir wissen (wieder: wir wissen?), daß es passiert ist, es wird allerdings nicht durch die Gleichung erklärt, und wir wissen nicht, wie das geschah. Wir wissen nur (...) daß das Universum die ersten 380.000 Jahre mit einem Feuerball gefüllt war.  Wir wissen das sogar sicher, weil wir diesen Feuerball bereits gesehen und photographiert haben: Es wird kosmische Mikrowellen-Hintergrundstrahlung genannt. 

Man kam auf sie, weil man ein "Flackern" darin entdeckte. Und das erklärt man so: Durch die extrem rasche Ausbreitung innerhalb der ersten Sekundenbruchteile des Urknalls wurde das Quantenfeld, das alles enthält, extrem rasch ausgebreitet und "fror dann ein". Dieses Feld nun ist es, das dieses Flackern erklärt: Es ist das Wabern und Kräuseln im Gesamtfeld des Vakuums, denn Teilchen gab es da noch nicht, innerhalb der ersten 10 hoch -30 Sekunden nach dem Urknall. Sie waren erst mikroskopisch klein, und wurden plötzlich über 20 Milliarden Lichtjahre Raum ausgebreitet. Zwar wissen wir nicht, welches Feld wir in der Hintergrundstrahlung sehen, aber wir wissen, daß es eines ist. Möglicherweise ist es das Higgs-Feld, möglicherweise aber etwas völlig Neues, noch Unbekanntes.

Die aktuellen Perspektiven der Physik, setzt Tong fort, liegen darin, innerhalb dieser Standardformel "für alles" noch tiefere Muster zu finden. Denn es ist auffallend, daß sich bestimmte Zahlen wiederholen. Das läßt auf noch tiefer liegendere Muster schließen. Zwischen den einzelnen Teilen der Formel lassen sich nämlich erstaunliche Strukturähnlichkeiten entdecken. Drei Kräfte scheinen einander sogar ähnlich, sodaß man sich die Frage stellen könnte, ob es sie überhaupt gibt, ob sie nicht eine einzige Kraft sind, und wir nur jeweils aus anderer Perspektive auf sie blicken, sie also für drei Kräfte nur halten. 

Oder man nehme die zwölf Materiefelder. Jedes von ihnen gehorcht genau derselben Gleichung (von Dirac)! Vielleicht gibt es sie also gar nicht, sondern sie sind nur ein und dasselbe Feld, dasselbe Teilchen, das nur aus je anderer Perspektive anders aussieht. 

Außerdem fällt auf, daß die Formeln für Materie und die für Kräfte gar nicht so verschieden voneinander sind. Es könnte also sein, daß Materie und Kräfte in einer engen Beziehung zueinander stehen. 

Und schließlich stellt sich die Frage, ob alle diese Felder nicht in einer einzigen Formel zusammengefaßt werden können. Das ist es, was ja die Superstringtheorie versucht.

Morgen Teil 4) Aber stimmt das alles überhaupt?





*110119*