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Sonntag, 10. Februar 2019

Legitimation muß als Kind erfahren werden

Es gibt freies, mutiges, schöpferisches Handeln nur, wenn es sich auf ein inneres Wissen um Legitimität berufen kann. Daraus erst ergibt sich die "Sendung" in die Welt. Diese Legitimität kann sich aber nur auf eine absolute Quelle berufen, alles darüber, also alles, das weiter "in die Welt hinein gerückt" ist, bezieht sich selbst wieder nur darauf, kann diese absolute Legitimität nie ersetzen. 

Woraus aber bezieht der Mensch seine Legitimität? Er bekommt sie in den allersten Jahren seiner Existenz (das heißt, daß auch Vorgeburtliches hineinspielt). Das Kind erlebt in seiner engen, tief abhängigen Union mit der Mutter, in der das Kind fast "eins mit ihr" ist, also noch nicht individualisiert ist. Was nur ein Selbstakt sein kann, also mit dem Heranwachsen, und mit der Bildung eines selbständigen Selbst in der Adoleszenz abschließt, wo der Mensch definitiv in die Welt hinaustritt und sich ihr gegenüber zu verhalten, also sein Selbst in ihr zu positionieren lernt. 

Wie erfährt das aber ein Kind? Es erfährt es im Erleben der Situation, in der es sich von Anfang an (also von Empfängnis an) befindet, in die es hineingeworfen ist.  Das heißt hier sogar ganz konkret - in der Situation der Mutter dem Vater gegenüber. 

Bildet diese Situation nicht das Grundverhältnis des Weltseins ab, erfährt das Kind von allem Anfang an eine Welt, die den wahren, ontologischen Verhältnissen, die es nur "fühlt", nicht entspricht.  Was ist diese Grundsituation der Welt? Es ist die personale Zueinanderordnung von zwei Personen, zwischen denen eine dritte waltet. Es ist die Stellung, die der Mann - den das Kind nur über das Wort erfährt (selbst körperlicher Kontakt würde das nicht ändern, im Gegenteil, sogar verwirren) - der Frau gegenüber hat, und umgekehrt. 

Hat die Frau nicht die Haltung des Empfangenden, das die Materie gegenüber der Idee, dem Wort hat, nimmt auch das Kind diese Haltung nicht an. In der Haltung der Mutter, in ihrer Ausrichtung, ist also auch die Quelle der Legitimität bereits vorgeprägt. Erfährt das Kind in der Mutter nicht den Vater als Quelle der Legitimität, wird es von Anfang an auf der Suche nach dieser Legitimität sein. Und es wird sie woanders suchen. Es wird sie dort suchen, wo es die Mutter selbst sucht - in der Allgemeinheit. In der Masse. Im Zeitgeist. Im Mitschwimmen mit dem Strom, dem einzigen, was die Mutter gegen den Anspruch des Vaters aufbringen kann.

Erst wenn man diese Unterscheidung erkennt, wird auch klar, warum die bloße physische Präsenz des Vaters allfällige Legitimität nicht automatisch liefert. Ist der Blick der Frau nicht auf den Mann gerichtet, der ihr Identität gibt (die im Namen anfängt, weil ja die Welt selbst im Namen anfängt), der die Welt des Wortes, der Idee, damit der Weltordnung bedeutet, wird er das auch nicht beim Kind sein. Das wird durch Väter, die meinen, auch Eigenschaften der Mutter zu zeigen und ausbilden zu müssen (mit allen möglichen Formen der mütterlichen Zuwendung etwa), sogar noch verschlimmert. 

Damit wird die Legitimitätssuche des Kindes überhaupt auf etwas gerichtet, das in jedem Fall "außerhalb" liegt. Denn der eigene Vater verschwimmt in seinem Erleben mit der Mutter. Er steht dem Kind nicht als die "absolute" Quelle des Seins gegenüber. Denn selbstverständlich ist das Elternpaar für das Kind zu Anfang die alleinige Quelle der Welt, ohne die alles ins Nichts fiele, also auch "Gott". Weiche Väter richten nahezu dieselben Verwüstungen in der inneren Struktur von Kindern an, wie verweigerte oder "nicht vorhandene" Väter. Ja, unter Umständen sind nicht vorhandene Väter "besser", wenn die Grundausrichtung der Mutter auf diesen Vater bleibt.

Es ist zwar schwierig, diese unbedingte Notwendigkeit in der Struktur der Eltern in konkretem Verhalten ein für allemal festzumachen, denn es hängt auch sehr von der Situation der Familie selbst innerhalb der Allgemeinheit ab, vom Stand, der beruflichen Situation etc. etc., aber es ist in groben Zügen doch festmachbar. In jedem Fall festmachbar an dieser Grundverweisung sowohl des Mannes auf die Frau (als Quelle des Gefühligen, um es so zu sagen), als auch der Frau auf den Mann (als Quelle der Ordnung).

Der Vater muß der Fordernde sein, weil die Welt fordernd ist. Sie ist fordernd, weil sie eine innere Ordnung (als Ort) hat, auf die hin sich der Mensch über alle eigenen Gefühle und Anwegungen und Rückzugsneigungen hinweg überschreiten muß. Er ist die Schule jener Sachlichkeit, in der allein die Welt auch dann gestaltet werden kann, denn Gestaltung kann nur innerhalb einer Ordnung (bzw. auf diese zu) geschehen. Selbst wenn die Mutter "gestaltet" ist, ist es ein Gestalten "im Sinne der Ordnung, die der Vater repräsentiert". In jedem Fall kann die Frau nur die Statthalterin eines Mannes sein. (In der Familie kann das nur "einer" sein, wie es eben in der Ehe zum Ausdruck kommt.)

Die Mutter muß dieses Fordernde bestätigen, aufnehmen, das Kind an seine Erfüllung allmählich heranführen. Das betrifft alle Lebensbereiche, so, wie sie sich eben allmählich ausweiten und schließlich bis hin zum Beruf und zu expliziten Standespflichten gehen. In der Zuwendung, im Zuspruch, im Lob (und im Tadel, der freilich oft mütterlich gemildert sein muß, denn die Härte des absoluten Willens, damit auch die Härte einer Strafe, liegt im "Vater"), muß sich für das Kind im Erleben die Struktur des Gesollten, der Ordnung der Welt also, erfahrbar machen, wie sie vom Vater repräsentiert wird und von ihm sogar ausgeht.

Erfährt das Kind diese Ordnung der familiären weil ehelichen Struktur nicht, wird auch seine Haltung der Welt gegenüber dieser nicht mehr gerecht werden. Diese Verantwortung liegt in erster Linie in der Mutter, weil sich in ihr auch der Vater abbildet, und weil das Kind von ihr als erstes (über die nahezu totale Identifikation in den allerersten Lebensjahren) geformt wird. 

Das äußert sich spätestens im Erwachsenenalter, und es äußert sich am erkennbarsten in der Weltanschauung. Ein Mensch, der diese Ordnung in der Familie nicht erfahren hat, wird immer zu Weltanschauungen neigen, die sich mit einem Versuch der Festigung der Legitimität befassen. Und wenn man Ideologien genauer ansieht wird man feststellen, daß sie in ihrer "rationalen Festigkeit" (Ideologien ist der dem welthaften Nutzen übergebene, also plattgedrückte, seiner eigentlichen Dimension entrissene Geist) lediglich Legitimationssysteme für menschliches Verhalten sind. Vor denen auch die Religion nicht verschont bleibt.

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Die Anregung, sich diesem Thema näher zu widmen, bezog der VdZ aus statistischen Zahlen. Denen gemäß im Westen schon über 50 Prozent der Kinder - in manchen Bevölkerungsschichten (wie bei den Schwarzen in den USA) sind es sogar bis zu 90 Prozent - "illegitim" sind. Also nicht in eine eheliche Struktur hineingeboren werden und dort aufwachsen. Die Folgen sind verheerend, und werden noch völlig unterschätzt. Solche Kinder sind immer in gewisser Handlungsunsicherheit (oder, um das aufzuheben, in Fanatismen) gefangen und beeinträchtigt. Und neigen zur Unterwürfigkeit gegenüber der Stärke, der Macht, der autorisierten Allgemeinheit. Denn kein Mensch kann auch nur einen Tag ohne Legitimität leben, auf die er ausgerichtet ist und die ihm das "Recht" gibt, ja die Pflicht auferlegt, sich in die Welt zu investieren und der Ordnung, die der Legitimationsquelle entspricht zu genügen. Denn Legitimität ist eine der ersten Bedingungen des Seinszustands überhaupt, und ohne ein solches Fundament - das Sein - kann niemand handeln. Aber dieser Drang zu handeln ist jedem Menschen wesentlich.

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Nachsatz: Wie brisant, wie "anfänglich" die Frage nach der Legitimität eines Handelns ist, läßt sich in wirklich allen Lebensbereichen erfahren. Uns ist gar nicht bewußt, wie viele Vorgänge in unserem Leben sich sogar ausschließlich um die Herstellung von Legitimität drehen. Und in Zeiten so vieler illegitimer Kinder (was auch damit zu tun hat, daß man den Gedanken zu eliminieren versucht, vor allem um damit die Position wie Situation der Eltern zu brechen) haben wir es mit unzähligen Vorgängen zu tun, die ausschließlich Versuche sind, Legitimität zu schaffen.  Man denke aber auch an die Politik, sei es an die Autorität eines göttlich legitimierten Monarchen, oder an die Demokratie und deren Wahlen, oder der Bedeutung von Wahlbeteiligungen.

Ebenfalls ist darin enthalten, daß Legitimität immer eine Aussage über eine Ordnung macht, die es umzusetzen gilt. Und damit ist die Folge klar, daß der Evolutionismus den Zufall und das legitime Recht des Stärkeren im Kapitalismus repräsentiert, der also auch die Welt beliebig umgestalten darf, während die Welt als Schöpfung zu sehen ihr eine Ordnung (=Natur) innewohnen sieht, die zu vollenden man verpflichtet ist.





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